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Urteil Betrügerin muss Aufsatz schreiben

Die dreifache Mutter erhält vom Amtsgericht in Stendal die Aufgabe einen Aufsatz zu schreiben.

Von Wolfgang Biermann 17.01.2018, 09:45

Stendal l Nach einem etwas holprigen Prozessauftakt noch im alten Jahr hat das Amtsgericht in der Vorwoche unerwartet schnell eine 39-Jährige aus dem Elb-Havel-Winkel wegen mehrfachen Betruges, Insolvenzverschleppung und Vorenthalten von Arbeitsentgelt zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Das Gericht setzte die Strafe zur Bewährung aus. Die Volksstimme hatte bereits zweimal über diesen Fall berichtet.

Im ersten Anlauf war der Prozess geplatzt, weil die Angeklagte unentschuldigt fehlte. Daraufhin hatte Richter Rainer Mählenhoff Haftbefehl erlassen und die Säumige zu nachtschlafender Zeit von der Polizei festsetzen lassen. Bis zum erneuten Prozessauftakt kam sie in die JVA Halle.

Am 19. Dezember gab es für die Mutter von drei Kindern im Anschluss an den ersten Prozesstag eine Art Weihnachtsgeschenk – sie durfte bis zur Prozessfortsetzung am 8. Januar nach Hause, zu Ehemann und Kindern. Als Bewährungsauflage gab es jetzt im Urteil eine für Erwachsene ungewöhnliche Maßgabe, wie sie oftmals im Jugendstrafrecht als erzieherische Maßnahme angewandt wird. Die Angeklagte muss nach richterlicher Weisung nämlich einen Aufsatz schreiben.

Dieser soll mindestens 15 Seiten lang sein. Der Aufsatz hat ihre zahlreichen Verfehlungen zum Thema – und warum sie diese nicht wiederholen wird. Dafür erlässt ihr das Gericht die ins Auge gefassten 300 Stunden gemeinnützige Arbeit. Statt dessen soll sie nun die Zeit nutzen, die noch ausstehenden Angelegenheiten im Zusammenhang mit ihrer Pleite gegangenen Firma zu ordnen.

Zu den einzelnen Taten. Zweimal hatte die Angeklagte Reisen per Internet gebucht – 2014 nach Ägypten und 2016 nach Mallorca – und diese auch mit ihrer Familie angetreten. Kaum wieder zu Hause hatte sie ihre Hausbank angewiesen, die Reiseentgelte – einmal rund 1600 Euro und einmal etwa 1700 Euro – vom Konto des Reiseveranstalters wieder zurückzubuchen. In weiteren Fällen ging es um einen in Tangermünde geleasten VW Tiguan und damit verbundene Kosten von 1900 Euro sowie um einen Pkw, den sie laut Anklage unbefugt benutzte. Und den man bei ihr beschlagnahmt hatte.

Zu guter Letzt hatte die 39-Jährige es laut einer im Prozess noch hinzu gekommenen Anklage verabsäumt, für ihre Pleite gegangene Buchführungsfirma rechtzeitig Insolvenz zu beantragen. Dabei ging es auch noch um Sozialversicherungsbeiträge, die den Kassen dadurch entgangen waren. Die Erklärungen, die die Angeklagte zu den Tatvorwürfen schon zum Prozessauftakt abgeliefert hatte, klangen dubios und wenig einsichtig, worauf ihr Richter Mählenhoff aufgab, ihr Leben endlich neu zu ordnen.