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Wahlskandal Hat Güssau selbst gewählt oder nicht?

Der Stendaler Landtagsabgeordnete Hardy Peter Güssau (CDU) beharrt darauf, dass er bei der Kommunalwahl 2014 seine Stimmen abgegeben hat.

Von Bernd-Volker Brahms 24.10.2018, 09:34

Stendal l Es ist eine mögliche Kuriosität am Rande der Stendaler Briefwahlmanipulation von 2014: Die Frage, ob der Landtagsabgeordnete, Ex-Landtagspräsident und Stendaler Tausendsassa Hardy Peter Güssau (CDU) nun bei der Kommunalwahl 2014 selbst gewählt oder ob er dies doch dem Wahlfälscher Holger Gebhardt überlassen hat. Der Vorgang ist mehr als eine Petitesse. Es geht dabei auch darum, zu erfahren, wie intensiv und ab welchem Zeitpunkt Güssau darüber Bescheid wusste, was Gebhardt in Sachen Briefwahlfälschungen trieb – oder ob er auch Monate nach der Wahl noch von einem sauberen Vorgehen ausgehen konnte, wie er selbst darlegte.

Im September 2018 beteuerte Hardy Peter Güssau im Untersuchungsausschuss des Landtages von Sachsen-Anhalt: „Ich habe gewählt und habe meinen Wahlschein unterschrie- ben und habe diesen Wahlschein Holger Gebhardt übergeben.“

Die Akten der Staatsanwaltschaft und die Aussagen von Holger Gebhardt vor dem Untersuchungsausschuss gehen in eine andere Richtung, als dass Güssau selbst gewählt hat. In den Unterlagen der Staatsanwaltschaft, die zu den Ermittlungen gegen Holger Gebhardt gehörten, sind sowohl die Vollmacht zur Abholung von Briefwahlunterlagen als auch der unterschriebene Wahlschein in Kopie enthalten – beide mit einer gefälschten Unterschrift. Dies hatte Güssau bei der Polizei und vor kurzem auch im Untersuchungsausschuss ausgesagt. „Ich habe einen Wahlschein unterschrieben, wo der gelandet ist, kann ich nicht sagen“, so Güssau. Er bestätigte diese Aussage aus dem Ausschuss am Dienstag noch einmal.

Gebhardt präsentierte indes am Freitag im Untersuchungsausschuss eine völlig andere Version. Er habe die Wahlbenachrichtigungskarten von Hardy Peter Güssau und auch dessen Vater Peter Güssau „blanko“ in der Ablage im Büro der CDU-Kreisgeschäftsstelle hinterlegt bekommen.

Er habe sowohl bei den Vollmachten als auch später bei beiden Wahlscheinen die Unterschrift gefälscht, gab Gebhardt an. „Wenn ich mit ,Im Auftrag‘ unterschrieben hätte, dann wäre es wohl rechtlich formal richtig gewesen“, sagte er im Ausschuss mit einem Grinsen.

Er habe Güssau junior noch einmal angerufen und darauf hingewiesen, dass die Unterschriften fehlen. Er habe zur Antwort bekommen, dass er sich darum kümmern solle. Es habe die Absprache gegeben, dass er die Kreuze für den Stadtrat bei sich machen solle und für den Kreistag bei Güssau. Für den Kreistag hatte Gebhardt ja nicht kandidiert.

Mit dem CDU-Kreischef Wolfgang Kühnel habe es die Absprache gegeben, dass Gebhardt bei den gefälschten Wahlscheinen die Stimmen für den Kreistag im Verhältnis 50:50 auf Güssau und auf Kühnel aufteilen solle, sagte Gebhardt im Untersuchungsausschuss aus.

Im Nachgang der Wahl habe es dazu aus seiner Sicht noch eine Kuriosität gegeben, berichtete Gebhardt. Kühnel habe die Verschiebungen bei den Briefwahlergebnissen von sich und Güssau akribisch verglichen und dann zu Gebhardt gesagt: „Du hast nicht genau 50:50 aufgeteilt.“

Im Ausschuss hatte Gebhardt darüber berichtet, dass er sein sehr freundschaftliches Verhältnis zu Güssau gehabt und dass dieser volles Vertrauen gehabt habe. Genau deshalb habe die Stimmabgabe so erfolgt, wie sie erfolgt sei.

Alle Informationen rund um die Wahlfälschung in Stendal und deren Aufarbeitung gibt es in einem Dossier.