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Wirtschaftskrimi Vergabekammer bestätigt Ausschluss

Der Landkreis Stendal wirft Cont-Trans Manipulation beim Angebot zur Müllentsorgung vor. Diese tischt eine unglaubliche Geschichte auf.

Von Bernd-Volker Brahms 03.06.2018, 12:00

Stendal l Es klingt alles wie in einem schlechten Krimi: Als der Landkreis Stendal 2017 die Aufträge für die Müllentsorgung neu vergeben wollte, da wurde hinter den Kulissen ganz offensichtlich mit harten Bandagen und unlauteren Methoden gekämpft. Immerhin geht es bei der Entsorgung von Restabfall, Altpapier, Biomüll sowie Sperrmüll um Millionen-Aufträge. Eine reguläre Vergabe, die zum 1.?Januar erfolgen sollte, hat bisher noch nicht stattfinden können, weil juristische Verfahren die Auftragsvergabe begleiten. Eine Rolle in der dubiosen Angelegenheit spielt ein Daten-Stick mit dem Angebot der Alba Group, der auf bisher nicht geklärte Weise im Briefkasten eines Dienstleisters der Firma Cont-Trans gelandet ist. Beide Firmen hatten sich um die lukrativen Aufträge bemüht.
Wie die Volksstimme im Januar berichtete, war die seinerzeit noch in Tangerhütte ansässige Firma Cont-Trans im September 2017 von der Vergabe ausgeschlossen worden, nachdem beim Landkreis Auffälligkeiten bei deren Angebotsunterlagen erkannt worden waren: Die Angebote der Alba Group und die der Cont-Trans ähnelten sich in auffälliger Weise, wobei Cont-Trans das etwas günstigere Angebot eingereicht hatte. Die Auffälligkeiten wurden noch gravierender, nachdem von der Geschäftsführerin der ALS Dienstleistungsgesellschaft, Madlen Gose, die Urkalkulationen geöffnet worden waren. Teilweise waren identische Rechtschreibfehler in den Angebotsunterlagen beider Firmen vorgekommen. Die Urkalkulation ist eine wesentlich detailliertere Aufstellung als das eigentliche Angebot und wird nur in Ausnahmefällen überhaupt aus dem versiegelten Umschlag herausgeholt.
Am 21. September waren ein Teil der Mitglieder des Kreistags über den Vorgang informiert worden. Im nichtöffentlichen Teil des Kreisausschusses erfolgte an diesem Tag einstimmig der Ausschluss von Cont-Trans von der Auftragsvergabe. Die Verantwortlichen der Firma setzen sich zur Wehr und riefen die Vergabekammer des Landesverwaltungsamtes an, um die Sache zu prüfen.
Am 27. April hat die Vergabekammer nun gegen Cont-Trans entschieden und den Ausschluss für rechtens erklärt und zudem dieser die Verfahrenskosten in Höhe von 7363,29 Euro aufgebrummt. Für die Kammer ist es "unzweifelhaft", dass das Angebot der Cont-Trans ohne Kenntnis des Angebotes der Alba Group "anders ausgestaltet" worden wäre. "Die Urkalkulationen der beiden konkurrierenden Beteiligten weisen weitgehend identische formale, funktionale und inhaltliche Strukturen auf", heißt es im Beschluss.
Bereits Anfang des Jahres hatte die Kammer angedeutet, dass sie gegen Cont-Trans entscheiden werde. Da hat sie nämlich auch schon den Ausschluss der Firma von der Zwischenvergabe gutgeheißen. Da eine reguläre Auftragsvergabe zum 1. Januar nicht erfolgen konnte, musste der Landkreis die Müllentsorgung mit vorübergehenden, zeitlich befristeten Vergaben organisieren.
Cont-Trans hat mittlerweile beim Oberlandesgericht in Naumburg Beschwerde eingelegt, wie ein Gerichtssprecher bestätigt. "Ich möchte das rechtswirksam entschieden haben", sagt Norman Mattke, der Chef der Prinum Holding GmbH ist, zu der Cont-Trans zu hundert Prozent gehört. Er sieht kein Verschulden bei der Cont-Trans.
Im Prüfverfahren der Vergabekammer hatten Firmenvertreter der Cont-Trans allerdings eine schier abenteuerliche Begründung abgegeben, wie es zu dem mit der Alba Group ähnlichen Angebot gekommen sein soll. So habe die Cont-Trans eine Firma in Aschersleben mit der Angebotsausarbeitung und der Urkalkualtion beauftragt. Während der Bearbeitung des Auftrags sei ein USB-Stick mit einer Urkalkulation im Briefkasten der besagten Firma gelandet. Der Mitarbeiter Herr W. habe angenommen, dass dies die Zuarbeiten von Cont-Trans zu der Angebotserstellung seien. In Wirklichkeit war es die Urkalkulation der Alba Group. Der USB-Stick ist mittlerweile verschwunden. Von Seiten der Cont-Trans wird argumentiert, dass ihnen von der Alba die Daten untergeschoben worden seien, um - wie jetzt geschehen - ein Ausschluss aus dem Verfahren zu provozieren. Der Version schenkte die Vergabekammer keinen Glauben.
Die Volksstimme hat bei der Alba Group nachgefragt, wie Daten von dort an die Cont-Trans gelangen konnten. "Uns ist nicht bekannt, wie ein Zugriff auf die Zahlen erfolgt sein könnte", sagt Simon Batt-Nauerz, der Geschäftsführer der Alba Niedersachsen-Anhalt GmbH. Man vertraue auf die Ermittlungen der zuständigen Behörden, dies herauszufinden. Das Unternehmen habe im November 2017 Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. Nach seiner Kenntnis laufe das Verfahren noch, sagte Batt-Nauerz. Nach Informationen der Volksstimme mussten alle führenden Alba-Mitarbeiter eine eidesstattliche Versicherung abgeben, dass sie keine Daten weitergegeben haben.
Vermutlich im August wird die Beschwerde von Cont-Trans beim Oberlandesgericht Naumburg abschließend entschieden. Es ist eine mündliche Verhandlung anberaumt. Ob Herr W. als zentraler Zeuge dabei sein wird ist fraglich, er hat seinen Wohnsitz mittlerweile in die Schweiz verlegt.