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Wochenmarkt Marktplatz oder Sperlingsberg?

Die meisten Händler würden mit dem Stendaler Wochenmarkt lieber wieder auf den Sperlingsberg ziehen. Die Volksstimme hat sich umgehört.

Von Bernd-Volker Brahms 08.06.2017, 01:01

Stendal l Michael Siebert reibt den rechten Daumen und den Zeigefinger aneinander, als die Frage kommt, warum er lieber auf dem Sperlingsberg seine Eier und Gurken verkaufen möchte. „Es gab dort einfach mehr Laufkundschaft, es war mehr los“, sagt „Jurken-Micha“, wie er sich auf dem Markt nennt. Er spüre es in der Kasse. Und da sei nach dem Umzug zurück auf den Marktplatz eben weniger drin.

Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) hat bei verschiedenen Gelegenheiten betont, dass der Markt auf den Markt gehöre. „Das hat er in meiner Gegenwart nicht gesagt“, sagt Michael Siebert. Kundin Beate Witte, die gerade zwei Schachteln Eier kauft, findet auch den Sperlingsberg als Marktstandort besser. „Der Markt ist dort besser zu erreichen“, sagt sie. Es gebe eine Bushaltestelle und auch Parkmöglichkeiten.

Im März hat die Verwaltung eine Umfrage unter den Marktbetreibern gemacht. Bis auf zwei Händler beteiligten sich alle. 17 von ihnen befürworteten den Sperlingsberg, nur fünf wollten auf den Marktplatz zurück. Die umliegenden Kaufleute rings um den Sperlingsberg und um den Marktplatz befürworteten jeweils mehrheitlich den Wochenmarkt vor der eigenen Haustür, da dies offensichtlich zusätzliche Kundschaft auch in den eigenen Laden bringt.

Unter den Händlern gibt es gestern kein einheitliches Bild. So sagt, Ursula Teske vom Gartenbaubetrieb Blume, dass sie froh ist, nun auf dem Marktplatz zu sein. „Am Sperlingsberg haben wir immer in der Zugluft gestanden“, sagt sie. Auch beim Umsatz habe sich nicht allzu deutlich ein Unterschied abgezeichnet, sagt die Gemüseverkäuferin. Beate Betge, die Pferdespezialitäten unter die Leute bringt, nennt noch einen anderen Aspekt, warum es nicht so ratsam ist, auf den Sperlingsberg zurückzugehen. „Dort sollen die Straßen ringsum saniert werden, dann kommen die Leute da auch nicht mehr gut hin“, sagt sie. Allerdings erkenne sie auch, dass am Sperlingsberg der Publikumsverkehr größer war.

Bürobedarfhändler Klaus Ullrich, der just gestern das 20-jährige Bestehen des Geschäftes im neuen Haus am Markt feierte, sieht den zurückgekehrten Markt als eine willkommene Belebung. „Wir haben eine lange Durststrecke hinter uns“, sagt der Geschäftsmann. Mit der Sanierung von Kornmarkt und Marktplatz habe es starke Einbußen im Geschäft gegeben. Für den Wochenmarkt wünscht sich Ullrich noch mehr Initiative von der Verwaltung. „Man kann doch auch mal dort Künstler auftreten lassen, die müssen ja gar nicht einmal viel kosten“, sagt er. Auch Nachbar Christian Frankenberg vom „Olivenbaum“ findet es gut, dass die Markthändler zurück sind.

Immerhin gibt es auf dem Marktplatz etwas mehr Platz für Stände. So ist am gestrigen Tag erstmals Michael Sulgin dabei. Er bespritzt einen Spiegel mit Schaum und demonstriert einen Lappen. Sein Geschäft macht er hauptsächlich mit Autopflegemittel. „Sonst hieß es immer, es ist kein Platz da, jetzt konnte ich kurzfristig kommen, da jemand Urlaub macht.“ Auch Christian Engelbrecht vom Geflügelhof Engelbrecht aus Rogätz ist neu dabei. „Die Stadt hat uns angesprochen“, sagt er. Man wolle es jetzt mal versuchen.

Jaswind Singh, der auf dem Wochenmarkt Textilien verkauft, hat festgestellt, dass die Händler auf dem Sperlingsberg bis fast 15 Uhr stehen geblieben sind. Auf dem Marktplatz würden sie schon weit eher die Sachen zusammenpacken. Außerdem seien weitaus mehr Leute dort unterwegs gewesen.

„Gewaltig“ sei die Veränderung nach der Rückverlegung des Wochenmarktes auf den Stendaler Marktplatz, schätzt Kerstin Koch ein. Die Filialleiterin von Wolsdorff-Tobaco am Sperlingsberg berichtet: „Vor allem ältere Leute sind mit dem Bus zum Wochenmarkt hier am Springberg gekommen, haben eingekauft, bei uns dann noch eine Zeitschrift mitgenommen und sind dann mit dem Bus wieder gefahren. Jetzt kommen sie nicht mehr.“ Koch würde einen Rückzug begrüßen.

Im „Schmuckkästchen“ hat man den Wochenmarkt als Belebung empfunden – trotz eines kleinen Wermutstropfens: Nicht selten hätten Transportfahrzeuge von Händlern beim Beladen das „Schmuckkästchen“ für längere Zeit förmlich zugestellt. Einen Umsatzeinbruch verzeichnet der Laden nach dem Umzug des Marktes bislang nicht.

„Uns fehlen die Markthändler schon“, macht dagegen Kathleen Linke, Verkäuferin der Bäckerei Wetzel, deutlich. Sie hätten sich nämlich häufig einen Imbiss dort geholt. „Unsere Stammkunden kommen auch jetzt vom Marktplatz zu uns“, so Linke, die dennoch das Markttreiben gern wieder auf dem Sperlingsberg sehen würde. „Das ist doch eine Belebung.“

Einer der sehr gerne zurück zum Sperlingsberg möchte, ist Rudi Eisenga, der auf dem Markt Käse verkauft: „Das Problem ist, dass wir Markthändler uns nicht einig sind“, sagt er. Ansonsten könne man mehr Druck aufbauen. Stendal habe so eine schöne Innenstadt, dann solle man doch auch den Markt in der Fußgängerzone machen. Er hält nichts davon, aus nostalgischen Gründen am Marktplatz als Marktort festzuhalten.