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Zellstoffwerk Riesenwanne schützt bei Laugenleck

Wie wappnet sich das Zellstoffwerk Stendal gegen Störfälle. Darüber informierte das Unternehmen am Kommunalpolitiker aus Anrainergemeinden.

Von Volker Langner 10.12.2015, 00:01

Arneburg l „Wir sind kein Kurbetrieb“, sagte Heide Geber mit einem Schmunzeln. Dann schob die Leiterin für Arbeitssicherheit und Umweltschutz im Zellstoffwerk, die zudem als Störfallbeauftragte tätig ist, nach: „Natürlich setzen wir auf den Umweltschutz, versuchen, die Belastungen für die Umwelt so gering wie möglich zu halten.“ Dreißig Prozent der Investitionen würden in den Umweltschutz fließen, berichtete sie Kommunalpolitikern und Verwaltungsmitarbeitern aus Anrainergemeinden, die am Mittwoch zu Gast im Werk waren. Sie kamen vornehmlich aus der Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck, aber auch von der anderen Elbeseite, zum Beispiel aus Kamern und Schönfeld.

Im Blickpunkt stand die Sicherheit. „Wir unterneh- men alles, um sicher zu produzieren“, versicherte Adolf Koppensteiner, Geschäftsführer Technik. Er ebenso wie Heide Geber machten aber auch klar, dass es trotz achtsamer Arbeit und vielfältiger Kon- trollen zu Betriebsstörungen kommen kann, die Mensch und Umwelt gefährden. Schließlich kommen im Zellstoffwerk giftige, ätzende und entzündliche Stoffe zum Einsatz beziehungsweise entstehen bei chemischen Prozessen. Dazu gehören Essigsäure, Methanol, Schwefelwasserstoff, Kohlenmonoxid, Natrium- chlorat.

Geber informierte über Sicherheitsmaßnahmen im Werk. So verfüge die Werksfeuerwehr über eine spezifische Ausrüstung und Ausbildung und arbeite im Ernstfall eng mit der Rettungsleitstelle in Stendal zusammen. Ein solcher Ernstfall solle natürlich vermieden werden. Dazu tragen die Gasentsorgungssysteme bei, die im Produktionsprozess integriert sind, und Onlineüberwachung der Anlagen durch Behörden. Koppensteiner verwies zudem auf einen chemischen Kreislauf, der „zu 99 Prozent“ geschlossen sei.

Prozessingenieur Eberhard Dobschal machte das am Beispiel der Lauge deutlich, die zur Verarbeitung der Hackschnitzel verwendet wird. Diese wird später eingedampft und verbrannt. Aus der anfallenden Wärme wird schließlich Strom erzeugt. Vom Fachmann erfuhren die Kommunalpolitiker auch, dass die Abwasserbehandlungsanlage des Werkes rein rechnerisch einer Entsorgungsleistung für eine Stadt mit 600 000 Einwohnern entspricht.

Auch bei einer Werksführung machte Dobschal auf Sicherheitsanlagen aufmerksam. Er zeigte den Besuchern die beiden Gasentsorgungssysteme und ein riesig erscheinendes Notfallbecken. Falls ein Laugenbehälter leckt, wird die Lauge dort hineingeleitet. „Sie versickert nicht in der Erde, sie fließt nicht in die Elbe“, so Dobschal.

Wie zuvor schon Geschäftsführer Koppensteiner wies der Prozessingenieur mit einer Portion Stolz auf „unsere Wertschöpfungskette“ hin.

Das Zellstoffwerk im Industrie- und Gewerbepark „Altmark“ mit seinen rund 600 Mitarbeitern – inklusive den beiden Tochterfirmen ZS Holz und ZS Transport – produziert nämlich nicht nur 672 000 Tonnen Zellstoff jährlich, sondern quasi als Nebenprodukte auch Terpentin und Tallöl, das in der Farbenherstellung und in der Kosmetik zum Einsatz kommt. Zudem, so Koppensteiner, sei es das größte Biomassekraftwerk Deutschlands. 135 Megawatt Leistung werden erzeugt.

Vollgepackt mit neuen Eindrücken traten die Kommunalpolitiker die Heimreise an. „Das war schon interessant“, meinte Kamerns Bürgermeister Arno Brandt. Und Christian Leue, Ratsmitglied in Kamern, fügte an: „Es berührt uns ja schon unmittelbar, was hier im Zellstoffwerk passiert.“ Einig waren sich die Mannen aus Kamern und auch Schönfeld, dass die Geruchsbelästigung durch das Werk in den vergangenen Jahren spürbar abgenommen hat.