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Zukunft Altmark In dieser Kita wird selbst gekocht

In Kossebau gelang dem Förderverein der Kita "Wichtelhausen" die Rettung der Einrichtung durch eine frische Küche.

Von Matthias Kuhn 12.10.2017, 17:00

Kossebau l Am nördlichen Rand der Altmark, zwischen Arendsee und Osterburg liegt das Dorf Kossebau. Hier ist ein „Leuchtturmprojekt“ zu finden, das vor gut fünf Jahren von der Robert-Bosch-Stiftung preisgekrönt worden ist: die Kindertagesstätte „Wichtelhausen“. Ausgezeichnet wurde die Kita für ihr Projekt „Frische Küche“, das bis heute ein „Alleinstellungs- merkmal“ der Einrichtung sei, erzählt Kornelia Krüger, Leiterin der Kita.

Von einem „Leuchtturmprojekt“ mag die Leiterin nicht sprechen. Denn das, was augenscheinlich bis heute einmalig in der Region erscheint, war über Jahrzehnte Bestandteil der kommunalen Kita: eine eigene Küche. Und diese sollte im Jahr 2012 dem kommunalen Rotstift zum Opfer fallen. Auf Grund von Hygieneauflagen hätte der Träger, die Verbandsgemeinde Seehausen, einige hundert Euro für neue Edelstahl-Küchenarbeits- tische investieren müssen, um die Küche weiter betreiben zu können.

Da erschien der Zeitgeist des Caterings, also das Beliefern der Einrichtung durch eine Großküche, als wegweisend. Keine Instandhaltungskosten, keine Personalkosten, keine … - auf dem Papier erschien dies als verlockende Option. Womit der Träger nicht gerechnet hatte, war der Kampfeswille von Eltern und Belegschaft. Denn die wollten unbedingt die Küche erhalten.

Die Frage war nur wie? Im ersten Schritt gründete sich noch im selben Jahr der Förderverein Kita Wichtelhausen. Dann begann das Rechnen. Wie viel Geld ist nötig, um die Küche auch zukünftig in der Kita betreiben zu können? Wer kann unterstützen? Es sei eine „aufregende“ Zeit gewesen, erinnert sich Krüger, die seit 1991 die Kita leitet.

Auch Glück spielte eine gewisse Rolle. Zum einen, weil kommunalpolitische Querelen in der Verbandsgemeinde Entscheidungsprozesse lähmten, zum anderen, weil die Robert-Bosch-Stiftung ein passendes Förderprogramm „Neuland gewinnen“ ausgelobt hatte und es der damaligen Fördervereinsvorsitzenden Anne-Kathrin Muschke gelang, das Stipendium zu gewinnen.

Im darauffolgenden Jahr sanierten Mitglieder des Fördervereins und Kita-Mitarbeiter die Küche der Einrichtung und konnten damit das ausgezeichnete Konzept der „Frischen Küche“ in die Tat umsetzen. „Bis heute arbeitet unsere Küche kostendeckend“, freut sich Krüger darüber, dass aus der Idee ein tragfähiges, nachhaltiges Projekt geworden ist.

Die Nachhaltigkeit sei auch dadurch garantiert, dass der Förderverein sich mit der Gemeinde als Träger darüber verständigt habe, eventuell auftretende Defizite der Kita-Küche auszugleichen, so Krüger. Im ersten abgeschlossenen Kitajahr von August bis Dezember 2013 musste der Förderverein so knapp 400 Euro an die Verbandsgemeinde bezahlen. 2014 gab es bereits einen Überschüss von 6000 Euro.

Hinter dem Konzept „Frische Küche“ steckt eine komplexe, aber simple Idee. „Eine gesunde Ernährung ist wichtig. Sie ist die Basis für das ganze Leben“, bringt es die gebürtige Kossebauerin auf den Punkt. Verarbeitet werden im Reich von Köchin Ilka Bethge in erster Linie Produkte aus der Region. Obst und Gemüse stammen aus den landwirtschaftlichen Betrieben rund um Kossebau oder aus den Gärten des Ortes. Die Backwaren kommen von einem Bäcker der Verbandsgemeinde, ebenso das Fleisch. „Es ist unser Anspruch Produkte aus der Region zu verarbeiten“, sagt Krüger. Dies sei auch eine Wertschätzung der Menschen, die hier leben. Auf Zusatzstoffe verzichtet die Küche gänzlich.

Und die Jüngsten erleben, wie aus Möhren, Sellerie und Lauch beispielsweise eine schmackhafte Suppe gekocht wird. Denn die Türen zu Bethges Küche im Keller der Kita stehen offen, so dass die Kinder auch mal in die Töpfe schauen können. Für die Köchin ist dieser Arbeitsplatz „ein Traum“. Sie selbst arbeitet seit 2001 in der Einrichtung. Dass sich die gebürtige Lückstedterin in „Wichtelhausen“ wohl fühlt, ist ihr sofort anzumerken. Und mit Blick auf die leer gegessenen Teller wohl auch zu schmecken.

Doch was nützt eine gesunde Küche in der Kita, wenn im Elternhaus Fertigprodukte auf den Teller kommen. Somit gehört zum Konzept „Frische Küche“ auch ein Workshop-Angebot für Eltern und Interessierte, in denen Grundlegendes zur gesunden Ernährung vermittelt wird, erzählt Krüger.

Rund zwei Jahre lang mussten Kita und Förderverein belegen, dass die Idee funktioniert. Erst nach Abschluss einer Prüfung durch die Stiftung gingen die investierten Güter in ihren Besitz über. Und Anfang dieses Jahres konnte ein weiterer Baustein der Grundidee in die Tat umgesetzt werden. Zwar ist das Essenangebot der Kita-Küche auch für andere offen, doch für viele ältere Gemeindebewohner kam ein Gang zur Kita nicht mehr in Frage. Dank Fördergeld konnte eine Küchenhilfe eingestellt werden, die nun die Mahlzeiten zu den Bestellern bringt.

„Eltern finden es genial, dass in der Kita gekocht wird“, freut sich Krüger über die positive Resonanz. 55 Plätze hat die Einrichtung, von denen derzeit 52 belegt sind. Und mit Blick in die nähere Zukunft bleibt Krüger optimistisch: „Wir haben auch eine Warteliste.“