Coronavirus Viele Fragezeichen beim Testen
Schulen im Altkreis Staßfurt haben organisatorische Baustellen, einige starten erst nach Ostern

Staßfurt/Hecklingen/Egeln
In seiner Resignation bemühte Uwe Oswald ein sprachliches Bild. „Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“, sagt der Schulleiter der Ganztags-Sekundarschule „Am Tierpark“ in Staßfurt. „Ich schreibe gerade den dritten Elternbrief.“ Er atmet schwer durch. Er ist genervt.
Am vergangenen Freitag haben die Schulen im Land 300 000 Tests bekommen. Auch jene im Altkreis Staßfurt haben für jeden Schüler erst einmal einen Test erhalten. Nachschub ist geplant, damit Schüler in Zukunft zweimal die Woche getestet werden können. Allerdings: Die Tests kamen für die Schulen ohne Ankündigung über Nacht. Es gibt viel Redebedarf und große Organisationsprobleme.
Wie eben an der Tierpark-Schule in Staßfurt. „Wir hatten uns als Schule durchgerungen, dass wir den Eltern Tests zu Hause anbieten. Wir hatten alles organisiert, Einverständniserklärungen unterschreiben lassen, nun gab es vom Ministerium eine Anweisung, dass nur in der Schule getestet werden soll“, so Oswald.
Auf Volksstimme-Anfrage bestätigt das Ministerium für Bildung des Landes: „In der vergangenen Woche hat das Bildungsministerium mit einem Brief an die Schulleiter aller Schulformen über die Tests und ihre Durchführung informiert und auch darüber, dass die Tests durchgeführt werden sollen, wenn die Schülerinnen und Schüler in die Schule kommen.“ Und weiter: „Dies wurde am Mittwoch noch einmal vom Landesschulamt in einer E-Mail an die Schulen dargestellt.“
Wobei erstens: Das ist an einigen Schulen nicht so angekommen. Entweder haben Schulen diese Info überlesen oder das Ministerium missverständlich kommuniziert. Und zweitens: Ist die Mail vom Landesschulamt an einigen Schulen erst gestern angekommen. Nachdem Uwe Oswald von der Tierparkschule von dieser Ansage berichtet hatte, telefonierte die Staßfurter Volksstimme am Mittwoch bei Grundschulen herum. Dort kannte man die Ansage nicht. Gestern nun bestätigte auch die Goethe-Grundschule, dass es diese Ansage gibt. Planungen mussten gestern über den Haufen geworfen werden, alles stand wieder auf Anfang.
Operation am offenen Herzen?
Die Tests sind auch an der Grundschule Nord in Staßfurt angekommen. „Wir werden aber vor den Ferien nicht testen, weil das ins Leere führt. Wir fangen erst nach Ostern mit den Tests an“, sagt Schulleiter Ingo Kurze. Auch er ging bis Mittwoch noch davon aus, dass Selbsttests auch zu Hause möglich sind. Bei den Begleitschreiben für die Eltern gab es eine große Zustimmung für Tests. Aber: „Für 50 Prozent war ein Test in der Schule in Ordnung.“ Umgekehrt wollten fast 50 Prozent der Eltern die Tests also nur zu Hause durchführen.
Generell findet auch Ingo Kurze: Testen in der Schule könnte problematisch sein. „Was ist, wenn etwas passiert, sich Kinder verletzen? Die Schulleiter tragen die Verantwortung, das haben wir nicht verdient. Wir werden im Stich gelassen und operieren am offenen Herzen. Das ist sehr bedenklich. Ich staune, dass die Lehrer noch so ruhig sind.“ Gleichzeitig fragt sich Kurze, wann seine Lehrer endlich geimpft werden. Zwar sind diese in der Priorität aktuell vorgesehen, aber Termine mussten verschoben werden.
Das ausschließliche Testen in der Schule findet auch Uwe Oswald von der Tierpark-Schule in Staßfurt problematisch. „Ich rechne bei sehr wenigen Schülern mit einer Einverständniserklärung. Es ist sehr zeitaufwendig und nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Es würde schon mal eine ganze Stunde ausfallen.
In der Oskar Kämmer Sekundarschule „Leben lernen“ in Schneidlingen wurde am Montag mit dem Testen auf freiwilliger Basis begonnen. „Die Tests werden vom Land gestellt und durch den Landkreis zur Verteilung gebracht“, so Schulleiterin Elke Atzler. Da eine schulscharfe Zuweisung erfolge, finde in dieser Woche nur eine Testung statt, um nach Ostern die zweite Hälfte testen zu können, erklärt sie. „Die Kollegen wurden eingewiesen. Es gibt eine Verfahrensanweisung und eine Ergebnisdokumentation“, teilt die Direktorin mit.
Sehr gute Erklärung, wie der Test gemacht wird
In der Grundschule in Hecklingen wurde eine Abfrage gemacht, welches Elternteil möchte, dass sein Kind den Test selbst bei sich durchführt. Danach sei eine Info gekommen, dass an der Schule gar nicht getestet wird, teilt eine Mutter mit. Wer möchte, könne sich die Tests aber zweimal in der Woche mit nach Hause nehmen. Was nun als Info wieder veraltet ist.
Im Grundschulzentrum „Bördeblick“ in Groß Börnecke, in dem auch Kinder aus den Nachbarorten Schneidlingen und Cochstedt lernen, sollen Kinder und Eltern ebenfalls gemeinsam entscheiden. Wer sich bereiterklärt, erhält einen Test am Freitag und soll ihn mit seinem Kind am ersten Schultag nach den Ferien durchführen und dann mitbringen, beziehungsweise Bescheid geben, wobei dies laut Ansage vom Ministerium ja nun doch nicht möglich ist. „Das ist auch bei uns auf freiwilliger Basis“, teilt eine Mutter mit, die nicht genannt werden möchte (Name ist der Redaktion bekannt).
Sie hat den Eindruck, dass den Kindern das Prozedere in der Schule sehr gut erklärt wurde, auch der Umgang mit dem Test. Dies nehme manchen vielleicht auch die Angst davor, denkt sie. Ihr Kind habe ihr alles genau berichtet und wusste bestens Bescheid. Ihr sei mitgeteilt worden, dass für alle Kinder ausreichend Ressourcen, also Tests, da sind.
In der Verbandsgemeinde Egelner Mulde hatten die Schüler der Ganztagsschule an der Wasserburg in Egeln am Mittwoch erstmals die Möglichkeit, sich selbst zu testen. Das soll nach den Ferien künftig zweimal wöchentlich erfolgen. Davon haben den Worten des amtierenden Schulleiters, Philipp Spengler, zufolge nur 50 Prozent Gebrauch gemacht. Bei den anderen hatten die Eltern keine Einverständniserklärung gegeben. „Dabei ist das völlig ungefährlich. Die Tests sind keine gefährlichen Mittel“, sagte Spengler.
Der untere Nasenraum, in den die Stäbchen für kurze Zeit eingeführt werden müssen, werde dadurch nicht in Mitleidenschaft gezogen. Die Schnelltests seien durch das Sozialministerium geprüft und auch für jüngere Schüler freigegeben worden. Den Schüler wurden diese und die Vorgehensweise von den Lehrern vorgestellt, die sich zu 100 Prozent testen lassen hatten.
Gutes Mittel, um Infektionen zu erkennen
Spengler bezeichnete die Selbsttests als gutes Mittel, um Infektionen zu erkennen. Er und der Verbandsgemeinde-Bürgermeister Michael Stöhr (UWGE) appellierten an die Eltern, ihre Kinder testen zu lassen, damit der Präsenzunterricht so lange wie möglich am Laufen gehalten werden kann. Wie wichtig das ist, zeigt das Beispiel der Grundschule Egeln. Dort wurde am Mittwoch durch die Schnelltests ein Infektionsgeschehen festgestellt und durch nachfolgende PCR-Tests bestätigt.
Am Dr. Frank Gymnasium in Staßfurt wurde gestern die Lerngruppe A getestet, heute folgen Lerngruppe B und zwölfte Klassen. Nach Ostern wird erneut getestet. „Es gab vereinzelte Anfragen nach Tests zu Hause“, sagt Schulleiter Steffen Schmidt. „Ich sehe aber es als gemeinsame Verantwortung, erst einmal in der Schule zu testen. Vielleicht kann man dann später auch Tests mit nach Hause geben, wenn es gestattet ist.“ Schmidt würde auch verbindliche Tests begrüßen nach Vorbild in Sachsen. Auch Uwe Oswald von der Tierpark-Schule findet so eine Regelung gut.