1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wanzleben
  6. >
  7. Die Geschichte der Osterweddinger Schule

Chronik Die Geschichte der Osterweddinger Schule

Eine Chronik über die Osterweddinger Schule hat Sieglinde Spillmann erstellt. Drei Jahre hat sie daran gearbeitet.

Von Sebastian Pötzsch 25.03.2017, 00:01

Osterweddingen l „Ich wollte zeigen, wie schön unsere Kindheit hier war“, erzählt Sieglinde Spillmann in einem Volksstimme-Gespräch. Deshalb hatte sie vor mehr als drei Jahren Osterweddinger Bürger dazu aufgerufen, sich mit Fotos und eigens erstellten Texten an der Erarbeitung der Chronik zu beteiligen. Am Ende hatte sie 30 Berichte und zahlreiches Bildmaterial aber auch Zeugnisse von ehemaligen Schülern aus dem Sülzetaler Ortsteil erhalten.

Der erste Teil der Chronik behandelt die Geschichte der Osterweddinger Bildungseinrichtung. So ist Sieglinde Spillmann während ihrer Recherchen auf ein Rechenbuch aus dem 16. Jahrhundert gestoßen. Das beweist, dass damals schon unter anderem „Substractio“ und „Multiplicatio“ an einer Schule in dem Bördedorf gelehrt worden war. „Dieses Werk wurde ja in Sütterlinschrift verfasst, die ich gar nicht lesen konnte. Das musste ich mir selbst beibringen“, erzählt die Herausgeberin über eine der Unwägbarkeiten, die sie zu überwinden hatte. Ein altes Löschblatt ihres Vaters sei ihr dabei recht hilfreich gewesen. Dieser hatte einst ein Alphabet auf dem Stück Papier hinterlassen, sowohl in moderner Schrift als auch in Sütterlin.

Doch nicht nur das Rechenbuch belegt Schulalltag über die Jahrhunderte in Osterweddingen. Schon im Jahr 1634 soll ein gewisser Jochem Schwan als Lehrer gearbeitet haben. Auch die Schule im 18. Jahrhundert, während des Ersten Weltkriegs, der Weimarer Republik und der Nazi-Zeit fanden Eingang in das Buch Spillmanns. „Die ersten acht Jahre des dritten Reiches liefen in Osterweddingen offenbar in geregelten Bahnen, man hat nichts gemerkt. So gab es zum Beispiel keine Juden, die hätten vertrieben werden können“, erzählt die Herausgeberin. Dennoch habe es ein reges Kulturleben im Ort gegeben, „aber nur so lange, bis rauskam, dass alles in Vorbereitung auf den nächsten Krieg passierte.“ Schriftliches über die Schulzeit sei nichts erhalten, „das wollte wohl keiner aufschreiben“, meint Sieglinde Spillmann. Deshalb sei sie im Rahmen ihrer Recherchen zur Chronik selbst bei Leuten gewesen, die die Nazi-Zeit überlebt hatten. „Doch die waren damals selbst noch Kinder, sodass deren Sicht etwas verklärt ist“, befindet die Osterweddingerin.

So besteht das Hauptwerk der Chronik in der Abhandlung der Nachkriegsjahre bis in die Zeit kurz nach der politischen Wende im Jahr 1989. Der geregelte Schulbetrieb sei am 2. Oktober 1945 wieder aufgenommen worden. „Ich habe mit Menschen gesprochen, die damals eingeschult wurden und sie darum gebeten, mir ihre Erinnerungen aufzuschreiben“, erzählt die Autorin. Dabei sei ihr aufgefallen, dass aufgrund der Entnazifizierung viele Lehrer die Schule verlassen mussten und die Zeit der sogenannten Neulehrer begann.

Laut einem Kriegsleistungsbuch besuchten im abgelaufenen Kriegsjahr 190 Mädchen und Jungen die örtliche Volksschule, die von nur vier Lehrern unterrichtet wurden. „Die waren zum Beispiel eigentlich Buchhalter, hatten also nicht Pädagogik studiert. Erst während eines Fernstudiums konnten sich die entsprechenden Zusatzkenntnisse angeeignet werden“, hat Sieglinde Spillmann recherchiert. Viel Unruhe gab es wenig später, als viele Lehrer in den Westteil Deutschlands geflohen waren. „Es gab Klassen, die hatten 50 Schüler“, erzählt die Osterweddingerin.

Interessant ist, wie oft die Bezeichnung der Osterweddinger Schule zu DDR-Zeiten geändert worden war. So trug sie den Namen „Deutsche Volksschule“, „Volksschule Osterweddingen“ (seit 1946), Schule, Zentralschule, Grundschule und Polytechnische Oberschule „Erich Weinert“. „Das geht aus Zeugnissen hervor, die mir die Leute für die Chronik zur Verfügung gestellt haben“, so Sieglinde Spillmann. Die jüngsten Berichte stammen übrigens von Osterweddingern, die im Jahr 1983 eingeschult worden waren.

„Ich bin froh darüber, meine Arbeit geschafft zu haben. Manchmal habe ich mich gefragt, warum ich mir das überhaupt antue“, erzählt die Herausgeberin über ihre Arbeit an der Chronik und fügt hinzu: „Doch die Zeitzeugen waren eine Unterstützung, ohne die ein Berichten von Vergangenem gar nicht möglich gewesen wäre.“ Da es ab dem Jahr 1951 keine zugänglichen schriftlichen Unterlagen gebe, könne die Chronik durchaus Lücken aufweisen. Diese könnten durch Anhänge geschlossen werden. „Denn in 100 Jahren ist nicht alles vorbei. Es wird immer Menschen geben, die wissen, die Basis der Zukunft ist die Vergangenheit“, resümiert Sieglinde Spillmann über die Arbeit zur Geschichte der Schule in Osterweddingen.

 

Sieglinde Spillmann wird im Rahmen des „Dämmerschoppens“ am Montag, 24. April, ab 18 Uhr im DRK-Pflegeheim „Rusches Hof“ ihre Chronik vorstellen. Teilnehmerlisten für Anmeldungen liegen im Hause sowie in der Begegnungsstätte.