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Coronavirus Notbetreuung in Wanzleben

Die Stadt Wanzleben-Börde lässt vorerst alle Kindertagesstätten für Notbetreuung offen. Alle Schulen sind geschlossen.

Von Mathias Müller 17.03.2020, 01:00

Wanzleben/Sülzetal/Obere Aller l „Die Situation wegen des Coronavirus ist insgesamt schon beängstigend. Es ist gut, dass es in der Kindertagesstätte die Notversorgung gibt“, sagte am Montagvormittag Sina Bema (38). Die Wanzleberin kam gerade aus der Kindertagesstätte „Sarrezwerge“, der größten Kindertagesstätte nebst Hort in der Einheitsgemeinde Stadt Wanzleben-Börde. Auf dem Arm hatte sie ihre Tochter Sophia (3), für die Sina Bema gerade die Notbetreuung bei den „Sarrezwergen“ auf einem Formular beantragte. Seit Montag sind in der Stadt Wanzleben alle Kitas und Schulen bis nach Ostern wegen der Coronapandemie geschlossen.

Die kleine Sophia wird von Mittwoch an die Notbetreuung in der Kita „Sarrezwerge“ in Anspruch nehmen dürfen. Ihre Eltern Sina und Christian Bema sind in den Bereichen tätig, die für das Aufrechterhalten des öffentlichen Lebens besonders wichtig sind. Sie arbeitet als medizinische Fußpflegerin, er als Auslieferungsfahrer für Lebensmittel. Christian Bema ist zudem stellvertretender Ortswehrleiter in Wanzleben. Die Berufe und die ehrenamtliche Tätigkeit fallen in die Kategorien, die vom Land Sachsen-Anhalt im Erlass zur Notbetreuung zu den „unentbehrlichen Schlüsselpersonen“ erklärt worden und denen die Betreuung in den Kitas von Mittwoch an zustehe. „Ohne diese Notversorgung könnten mein Mann und ich nicht arbeiten gehen“, machte Sina Bema deutlich.

„Am Dienstag werden noch einmal alle Kinder bei uns betreut, deren berufstätige Eltern keine andere Möglichkeit gefunden haben. Ab Mittwoch sind es dann nur noch die Kinder von Eltern mit bestimmten Berufen“, verdeutlichte am Montag Marion Liehr, Leiterin der städtischen Kindertagesstätte „Sarrezwerge“ in Wanzleben. Der Ansturm hatte sich am Montag in ihrer Einrichtung in Grenzen gehalten. 22 Mädchen und Jungen mussten betreut werden. An Tagen ohne Corona sind es 170 Kinder. Alle 20 Erzieherinnen und Erzieher waren anwesend. „Wir haben Dienstpflicht“, erklärte Marion Liehr. Ihre Kollegen, die sich gerade nicht der Betreuung der 22 Kinder widmeten, erledigten Nebentätigkeiten wie Aufräumen oder dem Ordnen von Unterlagen. „Wir werden die erste Woche schon überstehen und sehen dann wie sich die Lage entwickelt“, gab sich Marion Liehr gelassen. Erwähnte jedoch auch, dass sie mehr als 40 Jahre in diesem Beruf arbeite, aber eine solche Situation wie jetzt noch nicht erlebt habe. Sagte es und begrüßte den Fahrer, der wie gewohnt das Mittagessen lieferte.

„Aktuell werden 73 Kinder in den acht Kindertagesstätten der Stadt, einschließlich Horte, betreut“, sagte am Montag Kai Pluntke, Amtsleiter für Ordnung und Soziales in der Stadtverwaltung Wanzleben. Sonst sind es 1000 Kinder. Der Ablauf der Notbetreuung lief gestern wie im Tagesgeschäft sonst auch ab. „Die Eltern hatten natürlich viele Fragen, die wir auch versuchen, zeitnah zu beantworten“, bemerkte Pluntke. Die Auslegung der Schlüsselberufe als Voraussetzung für die Notbetreuung sei derzeit ein Thema, da der Runderlass nicht alle Fälle abschließend regeln würde. Beispielsweise nütze die Lebensmittelherstellung nichts, wenn diese nicht auch geliefert werden könne. Auch sei oftmals die Frage gekommen, welche Einrichtung die Notbetreuung sicherstellen würde. „Bei uns bleiben zunächst alle Kindertagesstätten und Horte für die Notbetreuung offen, wir wollen keine Konzentration von Kindern in nur einer Einrichtung oder einer Gruppe“, verdeutlichte Kai Pluntke die Strategie der Stadt Wanzleben-Börde, um die Ansteckungsgefahr mit Corona so gering wie möglich zu halten.

„Bei uns herrscht Corona-Ruhe. Kein Schüler ist erschienen“, sagte am Montag Steffen Armgart, Leiter der Ganztags- und Gemeinschaftsschule Wanzleben, die sich zurzeit im Ausweichquartier in der Grundschule des Zuckerdorfes Klein Wanzleben befindet. An üblichen Tagen wuseln etwa 400 Schüler der Klassen fünf bis zehn durch das Gebäude. Gestern herrschte in den Klassenräumen und auf den Fluren gähnende Leere. „Die Eltern haben sich trotz der Kürze der Zeit gut auf die außergewöhnliche Situation eingestellt“, schätzte der Schulleiter ein. Dienstpflicht herrschte indes für die Lehrer. Armgart informierte das fast 40 Personen umfassende pädagogische Personal über die weitere Vorgehensweise, die sich aus dem Erlass des Landes ergibt und wartete den ganzen Tag über auf neue Erkenntnisse aus dem Landesschulamt. Von Mittwoch an werden den Schülern aller Klassen über die Internetseite der Wanzleber Sekundarsschule in einem passwortgeschützten Bereich in allen Fächern Aufgaben übermittelt, die sie daheim zu erledigen haben. Selbst im Fach Sport, wobei es sich dabei um theoretische Fragen handele. Wenn die Kinder und Jugendlichen dann nach Ostern wieder ihre Schule besuchen dürften, würden die Lehrer das Erledigen der Aufgaben mit Klassenarbeiten und Tests überprüfen.

Für alle Kindertagesstätten aus dem Sülzetal übernimmt der Hort und die Kita in Altenweddingen die Betreuung der Kinder, bei denen die Eltern zur Gruppe der „unentbehrlichen Schlüsselpersonen“ gehören und keine andere Betreuung organisieren konnten. „Das ist bisher sehr gut gelaufen. Alle Eltern zeigten viel Verständnis für die Maßnahmen“, bedankte sich Jörg Methner (SPD), Bürgermeister der Gemeinde Sülzetal, für die Besonnenheit der Eltern. Alle Dienstpläne für die Notfallbetreuung in Altenweddingen seien erarbeitet, so der Bürgermeister.

Die Notbetreuung in der Verbandsgemeinde Obere Aller ist nach Auskunft von Bürgermeister Frank Frenkel „gut angelaufen“. Man habe sich übers Wochenende „in Anbetracht der Umstände vernünftig“ auf die für alle ungewohnte Situation einstellen können. „Nach meiner Einschätzung waren die Kitaleitungen gut vorbereitet, wir hatten einen regen und sachorientierten Austausch über die Vorgehensweise“, so Frenkel. Die Verbandsgemeinde habe allen Eltern helfen können. Das gelte auch für die Eltern, die ihr(e) Kind(er) in einer Kita freier Trägerschaft betreuen lassen. In den sechs Kitas der Verbandsgemeinde (Eilsleben, Ummendorf, Hötensleben, Völpke, Wefensleben und Marienborn) seien am Montag insgesamt 45 der rund 500 Kinder betreut worden.

Gemäß dem Erlass des Sozialministeriums bleiben auch in der Oberen Aller sämtliche Kitas als Notfallkitas offen. Der konkrete Bedarf pro Einrichtung werde bis Mittwoch ermittelt. Wie viele der Elternhäuser von der Notbetreuung Gebrauch machen werden, war am Montag noch unklar. „Wir werden aber jetzt in die Feinjustierung übergehen“, so Frank Frenkel, „das heißt, die Anträge erfassen und prüfen und dann die Betreuungs- und Dienstzeiten regeln.“

Die Essensversorgung in den Kitas sei aktuell noch gesichert. Die kommunalen Einrichtungen werden alle vom selben Anbieter beliefert. Frenkel weist vorsorglich daraufhin, dass sich „in den nächsten Tagen jedoch Einschränkungen bei der Essensversorgung der Kitas ergeben könnten.“

Einige wenige Anfragen von Eltern hätten sich bereits auf die Rückzahlung von Kita-Beiträgen bezogen. Auch das werde man demnächst prüfen müssen, so Frenkel, zumal er davon ausgehe, dass sich die Zahl solcher Forderungen noch erhöhe. „Die Priorität liegt aber erst mal ganz woanders“, betont der Bürgermeister.

An den vier Grundschulen – die drei öffentlichen in Hötensleben, Ummendorf und Harbke sowie die freie Grundschule in Eilsleben – besteht kaum Bedarf an Notbetreuung. Die meisten Eltern haben es wohl geregelt bekommen, war von den Schulleiterinnen unisono zu hören. In Ummendorf wurden am Montag noch zehn Kinder betreut, wobei sich laut Schulleiterin Liane Helmecke abzeichne, dass die meisten davon ab Wochenmitte ebenfalls zu Hause bleiben. Insgesamt sei sie „positiv überrascht, dass die Situation von den Eltern so besonnen und reibungslos“ aufgefangen werde.

Die Grundschule Hötensleben musste gestern lediglich ein Kind aufnehmen. Anträge auf Notbetreuung über die Übergangszeit hinaus lagen dort nicht vor. „Wir gehen also vorerst davon aus, dass ab Mittwoch keine Kinder mehr hier sind“, so Leiterin Heike Kirchner. In Harbke verhält es sich ähnlich. „Lediglich ein Kind war heute zu betreuen“, teilte Schulleiterin Annett Borchers mit, „es könnten im Laufe der Woche noch drei werden, aber das voraussichtlich nur über wenige Tage.“

Die freie Grundschule „Globus“ in Eilsleben besuchten am Montag zwei Kinder, in der Gemeinschaftsschule (Sekundarstufe) waren die Lehrkräfte dagegen völlig allein. Die Förderschule in Wefensleben machte der Volksstimme gegenüber noch keine Angaben zur Notbetreuung. Sie wolle erst beim Landkreis nachfragen, inwiefern sie Auskunft darüber geben dürfe, sagte Leiterin Beate Lehmann.

Die Versorgung mit Unterrichtsstoff stellen die Schulen auf unterschiedliche Weise sicher. Ummendorf kommuniziert und verschickt Aufgaben über eine App, Hötensleben stellt das Material über die Homepage der Schule sowie per E-Mail zur Verfügung; Harbke nutzt die Vernetzung (Whatsapp) der Eltern über den Elternrat beziehungsweise will Aufgaben auch in die Briefkästen verteilen. Eltern aus der Globusschule werden laut Auskunft des Sekretariats auf der Homepage fündig. Die Sekundarschüler werden von ihren Klassenlehrern mit Hausaufgaben aus den Fachschaften versorgt.