1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wanzleben
  6. >
  7. Schweinezüchter stellt sich Kritik

Geplante Erweiterung Schweinezüchter stellt sich Kritik

Zum Antrag auf eine Erweiterung der Schweinemast in Wanzleben hatte das Bündnis "Tierfabriken-Widerstand" zu einem Infoabend eingeladen.

Von Sabrina Trieger 21.10.2016, 01:01

Wanzleben l Der Antrag der in Wanzleben ansässigen Timmermans GmbH, ihre Schweinezuchtanlage von derzeit 550 Sauen und 1500 Ferkel auf 886 Sauen- und 2352 Ferkelaufzuchtplätze zu erweitern, brachte Dienstagabend auf der Burg Wanzleben Menschen mit ganz unterschiedlichen Betroffenheiten zusammen. Zu dem Informationsabend hatte hier das Bündnis „Tierfabriken-Widerstand“ aus Berlin eingeladen, um das Vorhaben öffentlich zu machen. „Der Tierbestand soll damit um ein Drittel erhöht werden“, erläuterte Bündnismitglied Friederike Schmitz. „Nicht nur die Kapazität der Zuchtanlage soll erhöht, sondern auch noch zwei Güllelager gebaut werden. Es ist zudem keine weitere Abgasreinigung durch Filter geplant. Die Gülle soll in der Biogasanlage verbrannt werden“, fügte die Tierschützerin, die sich kategorisch gegen Massentierhaltung aussprach, hinzu.

Die Unterlagen für das Genehmigungsverfahren liegen zur öffentlichen Einsicht noch bis zum 24. Oktober im Wanzleber Rathaus sowie im Landesverwaltungsamt in Halle aus. „Sachliche Gründe können hier als Einwand noch bis zum 7. November eingereicht werden“, merkte Anna Schubert, die durch den Abend führte und zur Gründung einer Bürgerinitiative gegen die Anlage aufrief, um das Vorhaben zu stoppen, an. Über eingegangene Einwände entscheidet derweil dann die Genehmigungsbehörde.

Gründe gegen die Erweiterung konnten auch gleich vor Ort in einem Vordruck eingetragen werden. Die Gelegenheit nutzte Anwohnerin Beatriz Möller. „In dem Antrag ist das neu entstandene Wohngebiet Am Schwedenwall gar nicht zu erkennen. Wir wohnen weniger als 300 Meter Luftlinie von der Anlage entfernt. Bei allem Verständnis für den Betreiber, aber liest man die Erweiterungspläne wird einem schon mulmig. Es geht mir auch um die Nachbarschaft. Wenn man Besuch hat und draußen sitzt, ist einem der Geruch schon jetzt peinlich. Laut Bundesimmissionsschutzgesetz müssten es mindestens 350 Meter bis zur nächsten Wohnbebauung sein, um einen Antrag auf Erweiterung überhaupt stellen zu können“, sagte sie.

Sie befürchtet durch noch mehr Tiere Einbußen bei der Lebensqualität, vor allem durch den Gestank und die Wertminderung der Grundstücke. Jan Timmermans, der die ruinöse Stallanlage vor den Toren Wanzlebens vor 14 Jahren für 1,5 Millionen Euro umgebaut hatte, war ebenfalls anwesend, um den Bürgern Rede und Antwort zu stehen. Er hatte über die Volksstimme von der Informationsveranstaltung des Berliner Bündnisses erfahren. Olaf Wachsmuth von den Grünen forderte ihn auf seine Sicht der Dinge zu erläutern.

Was der 38-jährige gebürtige Holländer, der seine Zuchttiere weltweit exportieren darf, auch tat. „Ich bin im Zugzwang. Ich muss diesen Antrag stellen. Die Behörde sagt, dass ich für meine Tiere zu viel Platz habe und mehr Sauen halten kann. Wenn ich diesen Antrag nicht stelle, müsste ich die Abrissbirne kommen lassen. Und das will ich nicht. Dafür habe ich in den letzten 14 Jahren zu hart gearbeitet“, erklärte er den Hintergrund für das Genehmigungsverfahren. „Ich folge damit dem Druck der Behörde, die ansonsten, wenn ich meine Kapazität nicht nutze, den Rückbau fordert. Ich hätte gern so weiter gemacht wie bisher. Für meine Kapazitätmöglichkeiten brauche ich eine Genehmigung. Ich bin es nicht, der bis auf den letzten Quadratzentimeter arbeiten will.“

Timmermans betonte, dass er auch kein Problem damit habe, seine Ställe öffentlich zu zeigen. „Ich habe nichts zu verbergen und halte mich an die gesetzlichen Richtlinien.“

Die zunehmende Kritik der Bevölkerung gegen den Trend zu immer größeren Schweineställen wurde auch an jenem Abend laut. Die Bürger fragten sich, wohin der Trend in der Massentierhaltung führen soll, mit all ihren unbestreitbaren Folgen für Mensch, Natur und Tier. In ihrer Sorge fühlen sie sich von der Politik ziemlich allein gelassen, so der Tenor.

Jürgen Hartmann vom Verband Ökohöfe sagte dazu: „Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, um Bio zu fördern.“ Er empfahl Timmermans auf eine andere Form der Haltung zu setzen.

Ein Bürger räumte dazu ein, dass man trotz allem gesellschaftlichem Protest dem Betreiber aber auch die Möglichkeit geben müsse, mit Auflagen, die ihm möglicherweise nach der Berücksichtigung der fachlichen Einwände von der Genehmigungsbehörde erteilt werden, arbeiten zu dürfen.

Zum bereits laufenden Genehmigungsverfahren der Timmermans GmbH meinte SPD-Landtagsabgeordnete Silke Schindler, dass dazu sowohl die Bürger als auch der Betreiber anzuhören seien. Begründete Einwände, wie Abstandsregelungen und Immissionsschutz, können eingebracht werden. „Es gelten die gesetzlichen Grundlagen.“

Letzteres sahen auch Wanzlebens Ortschef Tino Bauer (Linke) und CDU-Ortsrat Claus-Christian Kühne so.

Zu der Problematik Massentierhaltung hatte sich auch Andreas Holtz, Theologe aus Domersleben, zu Wort gemeldet: „Die Behörde sollte gucken, dass es so läuft, dass es für die Anwohner erträglich bleibt. Die Massentierhaltung ist aber immer global zu betrachten. Der Markt entscheidet über die Zukunftsplanung der Betriebe. Die Probleme bezüglich des Geruchs oder der Nitratbelastung im Grundwasser sind da. Wir hier vor Ort sollten unseren Beitrag dazu leisten, dass es vernünftiger wird. Dafür würde ich mich gerne einsetzen.“