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Jugendarbeit Auf der Suche nach neuen Wegen

Wie geht es weiter mit der Kinder- und Jugendarbeit im Sülzetal? Dazu beriet der Sozialausschuss in Osterweddingen.

Von Sebastian Pötzsch 07.02.2018, 00:01

Osterweddingen l Als Gast begrüßte Ausschussvorsitzender Marco Falkenberg (CDU) Tom Bruchholz. Er ist der Geschäftsführer des Landesjugendwerkes der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Sachsen-Anhalt und hatte ein Konzept über eine „offene Kinder- und Jugendarbeit“ im Sülzetal in der Tasche. „Das ist das einzige Konzept. Andere Träger haben trotz Bitte nichts zugesendet“, erklärte René Kellner, zuständiger Fachbereichsleiter der Gemeindeverwaltung.

„Wir waren von der Ausschreibung ganz angetan, weil wir genau das schon machen“, begann Bruchholz seine Ausführungen und betonte: „Wir sind keine Newcomer, sondern wir bringen Erfahrung mit.“ Gern würden seine Kollegen im Sülzetal Bildungs- und Gedenkstättenfahrten sowie Umwelt- und Kreativwochen organisieren und zu Ferienfreizeiten einladen. Auch könne er sich Antirassismusarbeit in Jugendgruppen und Schulklassen vorstellen. Das alles gehöre schließlich zu den Kernkompetenzen des Awo-Landesjugendwerks.

Um das Konzept herauszuarbeiten, hätten sich der Geschäftsführer und seine Kollegen das Sülzetal vorher genau angeschaut, besonders die Strukturen untersucht: Wieviel Jugendliche leben hier, wie hoch ist die Arbeitslosigkeit, wie ist das Sozialgefüge und wie sieht es mit der Arbeit von Vereinen und deren Kontakt zu Schulen aus?

„Wir verstehen ‚offene Jugendarbeit‘ als Aufeinanderzugehen. Gerade in einer Gemeinde wie dem Sülzetal macht es nur wenig Sinn, in einer extra eingerichteten Anlaufstelle zu hocken und auf die Jugendlichen zu warten. Wir wollen dahin gehen, wo sich nachmittags oder abends getroffen wird, also an Bushaltestellen oder auf Schulhöfen“, erklärte Tom Bruchholz.

Genau darauf ist die Gemeinde auch aus. Die offene Jugendarbeit ohne feste Anlaufstelle wie beispielsweise das Kinder- und Jugendzentrum im Volkspark Altenweddingen spart Kosten und sei modern. Die Sozialarbeiter erwarten nicht mehr ihr Klientel in einem Büro oder Jugendclub, sondern gehen zum Klientel hin.

Trotzdem entstehen der Kommune natürlich Kosten. Doch wie hoch werden sie sein, wo doch das Sülzetal zum Sparen verdonnert ist? So schwebt Tom Bruchholz für die Jugendarbeit in der Einheitsgemeinde die Schaffung einer 40-Stunden-Stelle für einen Diplomsozialhelfer vor, gern auch mit einem Bachelor-Abschluss in der Tasche. „Wir würden ja auch Geld mitbringen“, sagte der Geschäftsführer und meinte damit Eigenmittel in Höhe von rund 2500 Euro für einen Freiwilligendienstleistenden. Außerdem kämen noch pädagogische Kosten aus den Händen der AWO in Höhe von etwa 4000 Euro pro Jahr hinzu. Die Frage Wolfgang Kettners von der Fraktion Kultur- und Heimatverein/Osterweddinger Sportverein (KHV/OSV) nach jenen Kosten, die die Gemeinde am Ende zu tragen hätte, konnte der AWO-Geschäftsführer nur vage beantworten. So gebe es mehrere Fördermöglichkeiten vor allem im Hinblick auf die pädagogischen Kosten, die angezapft werden könnten. Nähere Informationen lägen jedoch nicht vor, Gespräche mit dem Landkreis müssten noch geführt werden. „Ohne die genauen Kosten zu kennen, könne wir doch keinen Vertrag unterzeichnen“, so Kettner.

Bahrendorfs Ortsbürgermeister Steffen Schulze (CDU) erinnerte daran, dass 15.000 Euro für die offene Jugendarbeit in den aktuellen Haushalt eingestellt worden sind, so hätten die Gremien und der Gemeinderat entschieden. „Können wir uns denn den Mehraufwand leisten?“, fragte Schulze. „Sie können davon ausgehen, dass es teurer wird“, lautete die Antwort von René Kellner. Die offene Jugendarbeit sei eine freiwillige Leitung der Gemeinde. Kosten kämen bei jedem freien Träger hinzu.

Für Margitta Falkenberg, selbst jahrelang Leiterin des soziokulturellen Zentrums des DRK in Wanzleben, ist es völlig unverständlich, warum der Vertrag mit den Rotkreuzlern über die Jugendarbeit im Sülzetal nicht verlängert wurde. „Es muss Diskrepanzen gegeben haben. Ich kann nicht verstehen, dass das DRK kein Angebot abgegeben hat“, sagte sie. Das DRK arbeite auch nicht viel anderes als das Jugendwerk der Awo, das lasse sich aus dem Konzept ableiten. Und noch ein Problem sprach sie an. Nämlich das des Standortes, an dem künftig die offene Kinder- und Jugendarbeit erfolgen soll. Stellt die Gemeinde eine Immobilie zur Verfügung, kämen ja weitere Kosten auf die Kommune zu. Auch wenn künftig auf ein Anlaufpunkt wie das einstige Kinder- und Jugendzentrum in Altenweddingen verzichtet werden soll, so braucht es dennoch zumindest Büroräume.

Verwaltungsmitarbeiter René Kellner bestätigte, dass es tatsächlich mit dem DRK Diskrepanzen gegeben habe. Er kündigte jedoch an, das Gespräch mit dem Geschäftsführer suchen zu wollen. Auch die Grundstücksituation sei tatsächlich unglücklich.

Für Alexander Herms (CDU) ist die Kinder- und Jugendarbeit wichtig, so sagte er. Doch stellte er infrage, ob sich die Gemeinde das Angebot des Awo-Jugendwerks das leisten kann. „Wir brauchen feste Zahlen, dann können wir entscheiden“, meinte der Lokalpolitiker. Und Wolfgang Kettner schob hinterher: „Wir haben so viele Vereine, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, und die werden von der Gemeinde zur Kasse gebeten. Aber für die Kinder- und Jugendarbeit soll Geld ausgegeben werden, ohne dass wir genau wissen, wofür.“

Gemeindebürgermeister Jörg Methner (SPD) stellte unterdessen klar, dass die Mitarbeiter des DRK hervorragende Arbeit geleistet hätten, wenn sie vor Ort waren. „Wir müssen die Sache neu ausloten und uns Gedanken machen, wo die Grenze ist, wenn es ums Geld geht“, meinte der Rathauschef.

Am Ende wurde tatsächlich nicht über eine Empfehlung an den Gemeinderat abgestimmt. So fasste Marco Falkenberg am Ende der Diskussion zusammen: Mit dem DRK wird das Gespräch gesucht und mit dem Landkreis werden die Zuschussmöglichkeiten geklärt.