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Kirche Seelsorgerin für die Klein Wanzleber

In Klein Wanzleben überraschte die Kirchengemeinde St. Johannis ihre frühere Pfarrerin Waltraud Osterlad mit einer besonderen Andacht.

Von Mathias Müller 10.03.2017, 00:01

Klein Wanzleben l Als am Mittwoch, 8. März, um 17 Uhr in Klein Wanzleben die Glocken der St. Johannis Kirche über dem Zuckerdorf erklangen, werden sich nicht wenige Einwohner gewundert und gefragt haben, warum. „Jetzt haben wir die Klein Wanzleber erst einmal verwirrt“, sagte dann auch Knut Freese, Vorsitzender des Gemeindekirchenrates, im Gotteshaus.

Dass die Glocken von St. Johannis an diesem Mittwochnachmittag über Klein Wanzleben erklangen, hatte einen ganz besonderen Grund. Die Kirchengemeinde hielt für ihre frühere Pfarrerin Waltraud Osterlad eine ganz besondere Andacht ab.

Es sollte ein Nachmittag der großen Emotionen werden, der an die 50 Jahre erinnerte, in der Waltraud Osterlad, heute Pfarrerin im Ruhestand, in der Kirchengemeinde St. Johannis und im Zuckerdorf ihre seelsorgerische Arbeit leistete. Mit dabei waren auch Frauen und Männer ihrer ersten und letzten Konfirmandengruppen.

Mit dem Lied „Bis hierher hat Gott uns gebracht“ eröffnete die Kirchengemeinde die Andacht für Waltraud Osterlad. „Wir wollen Waltraud Danke sagen für ihre Zeit als Begleiterin, Freundin und Lehrerin in unserer Gemeinde“, sagte Knut Freese.

Zur Freude der 76-Jährigen sang der Frauenchor Klein Wanzleben, in dem sie auch aktiv ist, einige Lieder. Christel Telschow ließ die Orgel erklingen, Karin Mußmann spielte auf der Flöte.

Matthias Porzelle, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Egeln, hatte die angenehme Aufgabe übernommen, das 50-jährige Wirken von Waltraud Osterlad in der Gemeinde Klein Wanzleben zu würdigen. Er sprach unter anderem über die Bedeutung des Priestertums. Als Priesterin habe Waltraud Osterlad als Mittlerin zwischen Gott und Mensch gewirkt.

Mit ihrem Ordinat vor mehr als 50 Jahren sei Waltraud Osterlad in das öffentliche Amt der Priesterin berufen worden, um Versöhnung zu predigen. Dieses Amt habe sie nach Auffassung von Superintendent Porzelle als einen Dienst der Freiheit empfunden, der es ihr ermöglicht habe, mit den Menschen vor Ort zu leben und ihnen seelsorgerisch zur Seite zu stehen.

Waltraud Osterlad trat am 8. März 1967 ihren Dienst als Pastorin in der Kirchengemeinde St. Johannis Klein Wanzleben an. Wie historisch überliefert ist, kam sie zu ihrem ersten Gottesdienst im Zuckerdorf zu spät und mit dreckigen Händen.

Auf dem Weg nach Klein Wanzleben streikte das Moped der Pfarrerin, so dass sie gezwungen war, es selbst zu reparieren. Als sie dann später die Arme zum Segnen der Gemeinde hob, sahen alle ihre schwarzen, von Öl verschmierten Hände.

Zu DDR-Zeiten packte Waltraud Osterlad mit ihren Händen auch immer kräftig mit an, um die Kirche vor dem Verfall zu retten und trug dabei gesundheitliche Beeinträchtigungen davon.

Deshalb war sie gezwungen, im Jahr 1995 ihren aktiven Dienst als Pfarrerin aufzugeben. Waltraud Osterlad lebt noch heute in Klein Wanzleben und nimmt rege am Leben in der Kirchengemeinde und des Dorfes teil. Sie ist zudem im Gemeindekirchenrat aktiv.

„Wir schätzen an Waltraud Osterlad besonders ihre Hilfsbereitschaft, Aufrichtigkeit, Freundlichkeit, Bescheidenheit und Intelligenz. Sie ist immer da und hilfsbereit“, stimmten Annette Koch und Karin Mußmann im Namen des Klein Wanzleber Frauenchores und der Kirchengemeinde St. Johannis überein.

Dabei ist Waltraud Osterlad nicht nur in Klein Wanzleben wegen ihrer Hilfsbereitschaft geschätzt. Die Seniorin hat nach der politischen Wende Kontakt zu ihren Verwandten in Lettland aufgenommen und besucht sie regelmäßig. Im Ort Kandau setzte sich die 76-Jährige dafür ein, dass in der örtlichen Kirche die Orgel wieder erklingt.