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Kita Kinderbetreuung bleibt herausfordernd

Die Räume der Kitas im Sülzetal werden den Ansprüche nicht gerecht. Es fehlen Erzieher. Es gibt Wartelisten bis ins Jahr 2020.

Von Udo Mechenich 14.08.2018, 23:01

Osterweddingen l „Das Problem ist kein Problem sondern eine erfreuliche Entwicklung, auf die wir nun reagieren müssen: Entgegen den Prognosen des Statistischen Landesamtes, welche dem Plan für die Einrichtungsstruktur aus dem Jahr 2015 zugrunde liegen, ist der Bedarf der Eltern an Plätzen in Kindertagesstätten nach wie vor hoch und wird mit der Erschließung neuer Wohngebiete sogar noch steigen“, berichtet René Kellner, Fachbereichsleiter für Inneres, Soziales und Ordnung der Gemeinde Sülzetal. Dies stelle die Verwaltung vor große Herausforderungen in Bezug auf Gebäude, Infrastruktur und Personal, um dem künftigen Bedarf gerecht zu werden.

„Es ist schwer zu prognostizieren, wie sich der Bedarf in den kommenden Jahren entwickeln wird. Hiervon hängt aber die Planung der Infrastruktur ab, das heißt die Gebäude für die Kinderbetreuung der nächsten 50 Jahre“, konkretisiert René Kellner seine Aussage.

Die aktuellen Planungen, die auch in das Gemeindeentwicklungskonzept und das Konzept zur Haushaltskonsolidierung eingeflossen sind, basieren auf der 6. regionalisierten Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes. Das Problem entsteht dann, wenn die tatsächliche Entwicklung nicht so stattfindet, wie es die Prognose vorher gesagt hat.

Wie damit nun mit Blick auf das Gemeindeentwicklungskonzept und das Haushaltskonsolidierungskonzept umgegangen werden soll, muss gemeinsam mit dem Gemeinderat erörtert werden.

Aktuell ist das Platzangebot in den Kitas begrenzt. „Die Einrichtungen haben nun mal eine bestimmte räumliche Größe, was sich natürlich auf die möglichen Betreuungsplätze auswirkt“, erklärt Kellner. Hier gibt es Vorschriften, wie viel Quadratmeter pro Kind in den Gruppenräumen vorgehalten werden müssen. Danach ist für ein Kind unter drei Jahren ein Platzbedarf von fünf Quadratmetern und bei einem Kind von über drei Jahren von 2,5 Quadratmetern vorgeschrieben. Hinzu kommen Flur, Toiletten und andere Bewegungsflächen.

Dies führt dazu, dass derzeit nicht für allen Kinder im Sülzetal ein Platz zur Verfügung gestellt werden kann. Es gibt Wartelisten bis ins Jahr 2020 hinein. Es liegen Anmeldungen für 32 Kinder in Altenweddingen, jeweils 30 Kinder in Osterweddingen und Langenweddingen, 14 Kinder in Dodendorf, 15 Kinder in Schwaneberg, 13 Kinder in Sülldorf und 5 Kinder in Stemmern vor.

„Das eigentliche Problem ist wie fast überall das Geld“, sagt Kellner. Die Gemeinde Sülzetal befindet sich seit mehreren Jahren in der Haushaltskonsolidierung. Hierdurch kommt es zu zusätzlichen, engen Rahmenbedingungen, die starken Einfluss auf zukunftsträchtige Planungen haben. Dies betrifft vor allem die künftige Gebäudeinfrastruktur der Einrichtungen im Sülzetal.

„Wir alle kennen den Zustand der Einrichtungen und müssen uns die Frage stellen, wie soll es hier in zehn Jahren aussehen?“, fragt Kellner. Von den sieben Kindertagesstätten und den drei Horten ist lediglich eine ein Funktionalbau; die Kindertagesstätte in Altenweddingen. Ansonsten sind die Kindertagesstätten in alten Villen untergebracht oder in alten Wohnhäusern, die alle Baujahr um 1900 sind.

Diese Unterbringungen sind natürlich nicht bedarfsgerecht, sie sind verwinkelt und entsprechen weder den Erwartungshaltungen der Eltern noch denen der Verwaltung. Kellner: „Einen großen Schritt in die Zukunft machen wir mit dem Ersatzneubau der Kita in Langenweddingen.“

Oft müssen Kellner und seine Kollegen Eltern erklären, dass in Sachsen-Anhalt der Träger der Jugendhilfe für die Bereitstellung von Kita-Plätzen zuständig ist und das ist für die Gemeinde Sülzetal der Landkreis Börde. Das bedeutet, dass sich der Rechtsanspruch der Eltern auf einen Betreuungsplatz gegen den Landkreis richtet.

Wie aber kommt da die Gemeinde ins Spiel? „Die Kommunen betreiben die Einrichtungen. Verantwortlich für eine bedarfsgerechte Platzanzahl ist aber der Landkreis. Sprich, wenn es in der Gemeinde Sülzetal keinen Platz mehr gibt, muss der Landkreis in umliegenden Gemeinden schauen oder mithin den Bedarf auch über Tagesmütter abdecken. Klappt das nicht, muss Verdienstausfall gezahlt werden. Dies wurde auch schon gerichtlich durchgesetzt. Natürlich möchten wir die Eltern bestmöglich unterstützen, aber auch wir haben Grenzen.“

Eine große Herausforderung ist für Kellner das Thema Personalgewinnung. „Unsere Erzieherinnen leisten sehr gute Arbeit, das ist ein sehr fordernder und anspruchsvoller Job. Leider entscheiden sich immer weniger junge Menschen bei ihrer Berufswahl dafür, sodass wir auch hier vor dem Problem des Fachkräftemangels stehen. Zwar gelingt es uns, den gesetzlich vorgeschriebenen Betreuungsschlüssel, das heißt die Erzieher im Verhältnis zu den Kindern, einzuhalten. Aber die Reserven, die wir hierzu nutzen, werden bald aufgebraucht sein.“

Im gesamten Sülzetal fehlen derzeit in den Kindertagesstätten drei Erzieher; in Oster- und Altenweddingen sowie Dodendorf, die den staatlich anerkannten Erzieherstatus haben. Vor vier Wochen hat die Gemeinde Sülzetal sechs Bewerber für die drei vakante Stellen eingeladen. Davon ist einer gekommen und der hatte auch schon etwas anderes bereits angenommen.

„Um hier auch für Nachwuchs zu werben, hat die Gemeinde Stellen im Bundesfreiwilligendienst geschaffen. Hier können Interessierte einen Einblick in die Arbeit bekommen und so aktiv die Arbeit der Erzieher unterstützen“, ergänzt Kellner.

Wie schnell sich aber die Bedingungen ändern können, zeigt der aktuelle Entwurf der Landesregierung von CDU, SPD und Grünen zum Kinderförderungsgesetz. Das Plenum soll ihn im Herbst verabschieden. Hier sollen auch die finanziellen Zuschüsse des Landes und der Betreuungsschlüssel verbessert werden.

Kellner: „Meiner Einschätzung nach wird hier im Vorfeld mehr versprochen als sich dahinter verbirgt. Wenn man sich anschaut, wie viel mehr Geld die Landesregierung zusätzlich ins System gibt und was davon finanziert werden soll, rechne ich nicht mit sinkenden Kita-Gebühren oder mehr Personal.“