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Natur im Garten Kirche schafft ein "Asyl für Unkräuter"

Kirchspiel Wefensleben/Belsdorf ist jetzt Träger der Plakette "Natur im Garten".

Von Ronny Schoof 07.11.2019, 09:00

Belsdorf l In Sekundenschnelle war die ovale Plakette am Zaun vor der Kirche zur Straße hin befestigt. Reinhard Arens benötigte nur wenige Handgriffe und zwei Schrauben. Es war das Resultat eines weitaus länger währenden Prozesses, wie Gattin Sabine Arens, Vorsitzende des Gemeindekirchenrats im Kirchspiel Wefensleben/Belsdorf, erklärt: „In den vergangenen Monaten wurde der Kirchgarten hier in Belsdorf umgestaltet. Beteiligt waren daran mehrere Partner.“

Nun freue man sich, so Arens weiter, „dass wir Nachhaltigkeit und Artenvielfalt einen Raum geben können. Der Gemeindekirchenrat ist begeistert, dass diese Plakette nicht nur in imposanten Kloster- oder Schlossgärten aushängt, sondern auch in unserem beschaulichen Kirchgarten der Weg zum Naturschutz begangen werden kann. Gerne sind wir Wegbereiter und auch stolz, die Kriterien für die Plakette erfüllen zu können.“ Überreicht wurde sie von Theda von Graeve, Diplom-Biologin und Vertreterin der Gartenakademie Sachsen-Anhalt.

Die Akademie hatte die Kriterien für die Gartengestaltung vorgegeben. Die Realisierung erfolgte mit Unterstützung des Ökumenezentrums „Lothar Kreyssig“ der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. „Dort haben wir erfolgreich einen Förderantrag für Saatgut, Hinweistafeln und Nistkästen gestellt“, so Sabine Arens. Involviert war zu guter Letzt noch die Wefensleber Förderschule „Miteinander“, deren Schüler die Nistkästen gebaut haben. „Um all das zu bewerkstelligen, insbesondere die Förderung, war ein Konzept notwendig“, erklärt Arens weiter. Bei der Erstellung sei zu Tage getreten: „Wir stehen zunehmend vor dem Problem, dass es immer weniger Ehrenamtliche gibt, die bereit oder in der Lage sind, sich aktiv für die Aufgaben in der Gemeinde zur Verfügung zu stellen. Das Leben hat sich in den letzten 20 Jahren deutlich verändert. Familienkonstellationen, Medienvielfalt, Krankheitsbilder und Umwelt bedeuten ein anderes Anforderungsprofil an die Menschen. Jeder ist schwer beschäftigt, jeder ist unterwegs. Und selbst die simple Frage, wer unseren Rasen mäht, stellt unseren Haushalt schon in Frage.“

Das Sinnieren darüber, sagt die Kirchenratsvorsitzende, habe sie zu der Erkenntnis gebracht: „Warum nicht einfach mal innehalten und die Kleinigkeit des Schönen genießen? Einen Garten als Ruheraum betrachten und das ungenutzte Stück neben der Kirche vielleicht mal als Ort eines Gottesdienstes nutzen, als Medium, um den Menschen die Achtung vor der Natur zu zeigen, sich bewusst zu werden, dass man ein Teil einer wunderbaren Schöpfung ist.“

Somit werde mit diesem Projekt „nicht nur Umweltarbeit geleistet, sondern auch ein Raum geschaffen, in dem sich Natur und in gewissem Sinne auch der Mensch entwickeln“ könne. Ein weiteres Ziel sei es, „neben dem Begegnungsraum Mensch und Natur, auch einen Begegnungsraum Dorf und Kirche zu etablieren.“

Eingebettet in das ökologische Freiluftwohnzimmer sind eine Wildsträucherhecke, eine Bienenweide und ein Insektenhotel. „Uns ging es bei der Herrichtung darum, Umweltschutz zu leisten und gleichzeitig einen Ort der Besinnung zu schaffen“, betonte Arens als sie die Plakette entgegennahm. „Überall sieht man gepflegte Rasenflächen und gepflasterte Terrassen, aber wie wunderschön ein blühender Spitzwegerich aussieht, wissen viele gar nicht mehr, denn das ist ja Unkraut.“ Die Umgestaltung des Kirchgartens sei deshalb auch „ein Zeichen für Biodiversität, ein Asyl für Unkräuter.“