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Parzellensterben Kleingärtner ziehen sich zurück

Das Parzellen-Sterben hat auch Seehausen erreicht. Wo einst 250 Gärten gepflegt wurden, säen und ernten nur noch zwei Seehäuser.

Von Sabrina Trieger 14.04.2016, 01:01

Seehausen l Während sich in Berlin, Dresden oder Leipzig interessierte „Laubenpieper“ mit ihrem Wunsch auf einen Kleingarten vorerst mit einem Platz auf einer Wartelisten zufrieden geben müssen, werden die kleinen grünen Oasen vor allem am Ortsrand von Kleinstädten zum Auslaufmodell. So wie in Seehausen. Zurück bleiben Wildwuchs und Lauben-Ruinen.

„Der anhaltende Bevölkerungsrückgang und der demografische Wandel haben auch unsere Kleingartensparte am Ortsrand von Seehausen leergezogen“, erzählt Bernd Kosub, Vorsitzender des Seehäuser Kleingärtnervereins „Vogelsang“. Auf der Fläche, auf der zu Spitzenzeiten bis zu 250 Gärten verpachtet waren, ist er heute mit seinem Garten-Nachbarn Karl-Heinz Degner am Ortsrand buchstäblich auf weiter Flur allein. „Wir beide halten hier die Stellung“, sagt er.

Zum Seehäuser Kleingärtnerverein, der derzeit nur noch zehn Mitglieder zählt, gehören allerdings auch noch die neun Gärten innerhalb der Bördegemeinde. „Hinter der Turnhalle“, erklärt Kosub, den der Anblick der Brachflächen rund um seinen eigenen Garten nahe am Stiegertsweg traurig stimmt. „Nach der Wende haben sich hier draußen die Kleingärtner nur so getummelt.

25 Jahre später will keiner mehr einen Garten haben. Verübeln kann man es keinem. Denn die meisten, die auf dem Land wohnen, haben ja auch noch einen Garten am Haus und der Anbau von Obst und Gemüse lohnt sich für sie nicht. Und junge Leute bekommt man für einen kleinen Garten erst gar nicht begeistert“, weiß er. Zwei Flächen, die an seinen Garten angrenzen, könnte er als Vereinsvorsitzender derzeit noch an Interessenten verpachten. Die restlichen, bereits leergezogenen Pachtflächen an der B246a sind schon zur Einebnung freigegeben und gehen damit als Ackerfläche an den Eigentümer zurück. Für den Rückbau der Gartenlauben ist hier zum Teil schweres Gerät nötig. „Die ehemaligen Pächter müssen auch das Fundament aus dem Erdreich entfernen“, erklärt der Vereinsvorsitzende. Damit ist das Leerziehen der Fläche für die „Laubenpieper“ auch mit einer enorm finanziellen Belastung verbunden, merkt Pächter Karl-Heinz Degner in Seehausen an.

Dass es in Sachsen-Anhalt bundesweit die meisten leerstehenden Gärten gebe, hatte Peter Paschke, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde, bereits vor zwei Jahren beim Bundestreffen der Gartenfreunde in Hohendodeleben erklärt.

Die Vertreter der Gartenvereine hatten schon bei diesem Gespräch eine Art Stadtumbauprogramm für Kleingartenvereine gefordert. Bestenfalls gekoppelt an eine vom Bund finanzierte „Abwrackprämie für Parzellen“. Doch hierzu hat sich bislang noch nichts getan. Derweil schrumpfen die Mitgliederzahlen weiter.

Im Kleingärtnerverband Sachsen-Anhalt sanken sie im vergangenen Jahr von 107 123 auf 96 241 - Tendenz weiter fallend. Deshalb sei es nötig, dass die Landesregierung den Verband bei der Bewältigung der sich daraus ergebenden Probleme unterstützt und sie in die entsprechenden Programme, wie das von Stark-V, aufnimmt, hatte im März der Präsident des Landesverbandes, Peter Riebesee, im Rahmen der Mitgliederversammlung gefordert.

„Wenn uns nicht noch ein Mitglieder-Wunder passiert, wird bei uns im Seehäuser Kleingärtnerverein irgendwann leider Schluss sein“, prophezeit Vorsitzender Bernd Kosub.