Pflanzenpflege Warum sich Nabu-Ehrenamtler in Gnadau allein gelassen fühlen
Einmal in der Woche fahren Renée Eckstein und Heiko Rasch für drei Stunden Gnadau, um junge Obstbäume zu gießen. Doch ihr Engagement wird viel zu wenig gewürdigt.
Gnadau - „Vor allem wenn sie blühen, beobachten wir immer wieder Leute, die Fotos von den Bäumen machen. Aber gießen tut hier kaum jemand“, winkt Heiko Rasch resigniert ab, der zusammen mit seinem Vereinsfreund Renée mehrere 60-Liter-Wasser-Fuhren mit der Sackkarre vom Friedhof holt.
Und das einmal pro Woche von Mai bis September.
Denn auch jetzt dürstet es die jungen Bäume nach Wasser. „Die Wahrnehmung, dass der Boden durch die Regenfälle der vergangenen Wochen ausreichend durchfeuchtet sei, ist falsch“, sagt Heiko Rasch. Nur die obere Schicht habe im Gegensatz zu den vergangenen Jahren genug Wasser bekommen, so das einem suggeriert wird, dass alles in Ordnung sei.
Hauptstraße war einst Birnenallee
Was auch das Wasserstress-Monitoring für Mitteldeutschland des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung beweist: Das pflanzenverfügbare Wasser bis 25 Zentimeter ist okay, in den tieferen Schichten wird „schwere bis extreme Dürre“ angezeigt.
Und eben da bilden sich die Baumwurzeln aus. Würden Renée Eckstein und Heiko Rasch am Ortseingang von Gnadau nicht regelmäßig wässern, wäre ein Großteil der jungen Apfel- und Birnenbäume schon eingegangen. Offenbar verlässt man sich auf sie.
„Die Leute wissen gar nicht, was sie für einen Schatz vor der Haustür haben“, sagt Rasch. Denn alte Gnadauer hätten ihm erzählt, dass die gesamte Hauptstraße mal eine schöne Birnenallee war, von der nur noch ein Stummel am Ortseingang existiert.
2017 wurde der Nabu-Obstfachmann Rasch angesprochen, ob er nicht fachlich die Pflanzung eines Gastgeschenkes der Brüdergemeine Herrnhut begleiten könne. Die hatte den Gnadauern einen James Grieve spendiert, der dann auch recht publikumswirksam gepflanzt wurde. „Das war ja alles ganz schön und gut. Aber hinterher hat sich niemand mehr um den Baum gekümmert“, grollt Rasch. „Die Leute verlassen sich auf uns und sagen sich, die werden das schon machen.“
Ein positives Beispiel
Das gelte im Wesentlichen auch für 20 Baumspender, deren Pflege „sehr zu wünschen übrig lässt“. Heiko Rasch nennt aber auch ein positives Beispiel, das aber sehr verloren wirkt: „Eva Stephan ist hier die einzige, die ihren Obstbaum gießt.“ Die Rentnerin schleppt das Wasser vom nahen Friedhof zu ihrem „Patenbaum“. Was anstrengend, aber machbar sei.
Auf dem Barbyer Elbwerder würden die Uhren völlig anders ticken, meinen die Nabu-Leute. (Hier betreut der Naturschutzbund auch vier Bäume.) Was zwei Gründe hat: Erstens stellt die Agrar GmbH im Sommer einen Wasserwagen auf und zweitens tragen die Bäume Schilder, die mit den Namen der Sponsoren versehen sind. „Das ist ein psychologisches Ding: Welcher Spender möchte schon, dass die Leute sehen, dass er sich nicht um seinen Baum kümmert und er eingeht“, vermutet Heiko Rasch.
Am meisten treibt den beiden Nabu-Männern aber „das idiotische Verhalten von Unbekannten“ den Blutdruck in die Höhe. Der oder die hatten einem jungen Hochstamm-Apfelbaum vor wenigen Wochen die Krone abgebrochen. Und zwar mutwillig – die Landsberger Renette ist daraufhin eingegangen. „Das war einer von drei Bäumen, die eine junge Familie für viel Geld erst in diesem Jahr gesponsert hatte“, weiß Heiko Rasch.