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Zentrum Harzkultur Ein Schatz für die Forschung

Das Zentrum Harzkultur in Wernigerode übernimmt das Archiv von Professor Lutz Wille.

Von Katrin Schröder 11.09.2015, 01:01

Wernigerode l „Es ist alles fertig.Man bräuchte nur eine Kapelle, dann könnte es losgehen.“ Lutz Wille blättert in den schmalen Heften mit den bunten Umschlägen, die um 1940 gedruckt wurden. „Harzer Volkstänze, für kleines Blas-Orchester bearbeitet von Alwin Schiller“, steht darauf. Die Noten gehören zum Archiv des emeritierten Professors für Kindermedizin, der sich in seiner Freizeit mit der Erforschung der Harzer Volkskultur beschäftigt. Aus Altersgründen gibt Wille seine volkskundliche Sammlung an das Zentrum ab, das damit seinen Bestand weiter ausbaut.

Sein Steckenpferd ist dem Mediziner praktisch in die Wiege gelegt worden. Sein Vater war der Harzer Volkskundler Louis Wille, der aus Benneckenstein stammt. In den vergangenen 20 Jahren trat Lutz Wille in seines Vaters Fußstapfen und leistete in Zusammenarbeit mit dem Harzklub-Zweigverein Benneckenstein Feldforschung zu Themen wie Trachten, Mundart und Volksmusik.

Für sein Buch „Die Mundarten des Harzgebietes in Ton und Text“ erhielt Wille 2001 den dritten Preis des Wettbewerbs „Twee Spraken sünd mehr as een“, der vom niedersächsischen Heimatbund ausgerichtet wird. Die Monografie „Buchfink und Mensch“, die er mit dem Finker Dieter Spormann herausgegeben hat, bildete die Grundlage für die Anerkennung der Finkerei als immaterielles Kulturerbe.

Acht Regalmeter umfasst Willes Sammlung, die nun in Wernigerode aufbewahrt wird. „Wichtig sind vor allem die Quellen“, sagt der 75-Jährige, der sein Material beim Zentrum Harzkultur gut aufgehoben sieht. Dort stehen sie Wissenschaftlern zur Verfügung. „Jetzt ist es an der jüngeren Generation, die Forschungen zur Harzer Kultur fortzusetzen“, so Wille.

Das sieht Kathrin Pöge-Alder ganz genauso. „Die Sammlung ist ein Schatz für die Forschung“, urteilt die Referentin des Landesheimatbundes Sachsen-Anhalt. „Es sind Raritäten, die es sonst kaum noch gibt.“ Diese müssten dringend von Forschern aufgearbeitet werden. „Es geht um die Sicherung der Erinnerung.“

Dazu müsse das in Sachsen-Anhalt einzigartige Archiv stärker als bisher in die Öffentlichkeit gehen. Durch Seminare mit Universitäten und Exkursionen will Kathrin Pöge-Alder junge Leute für den Bestand interessieren. „Hier können sie erfahren, dass regionale Tradition nicht nur Oktoberfest bedeutet.“

Schwierig sei dies allerdings aufgrund der Personalsituation – einen Mitarbeiter kann die Einrichtung nicht beschäftigen. Das Zentrum Harzkultur erhält aber von Stadt und Harzkreis Zuschüsse, um die Unterbringung zu sichern. Mitte Juli ist das Zentrum Harzkultur aus der Breiten Straße 95 in das Innovations- und Gründerzentrum (IGZ) neben dem Neuen Rathaus umgezogen. „Wir hätten im alten Archiv keine neuen Bestände unterbringen können. Von der Statik her war das nicht möglich“, erklärt Beate Grüning vom Kulturamt der Stadt, die sich ehrenamtlich um das Zentrum Harzkultur kümmert. Bis die Archivalien, unter denen sich neben zahlreichen Büchern und Blättern auch traditionelle Trachten, Puppen und Schallplatten befinden, geordnet sind, braucht es Zeit. Platz ist jedoch genug im neuen Domizil – auch für neues Material. „Wer Schätze zu Hause hat, kann sie hier abgeben. Das Zentrum ist für jede Dauerleihgabe dankbar“, sagt Klaus-Dieter Kraus, beim Harzkreis zuständig für Kultur.

 

Kontakt: Zentrum Harzkultur, Dornbergsweg 2 in Wernigerode, Telefon (0 39 43) 90 59 60.