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Schlaue Vierbeiner Rettungshunde trainieren für den Ernstfall

Im Oberharz haben sich am Wochenende Rettungs- und Suchhundestaffeln aus dem Harz und seiner Umgebung zum gemeinsamen Training getroffen.

Von Jörn Wegner 20.10.2015, 01:01

Königshütte l Border Collie Bandit kann es kaum erwarten. „Wenn dem Hund die Kenndecke umgelegt wird, weiß er, dass die Suche beginnt“, sagt Bandits Herrchen Lothar Schilling. Zusammen mit vielen anderen Hundebesitzern hat sich Schilling am Wochenende in ein umfangreiches Trainingsprogramm für Such- und Rettungshunde begeben. Trainingsgelände für die Vierbeiner sind die ausgedehnten Wälder des Oberharzes rund um Königshütte.

In der Übung muss Bandit eine Person finden, die sich im Wald versteckt. Der Hund leistet dabei Erstaunliches. Die zahlreichen anderen menschlichen Teilnehmer der Übung, die auf dem Waldweg auf den Einsatz warten, ignoriert er. Auf Kommando rast der Hund in den Wald, läuft im Zickzack durch das Gestrüpp. Wenige Sekunden später ertönt weit hörbares Bellen. Bandit hat den Gesuchten gefunden. Lothar Schilling zieht die Belohnung aus seiner Jackentasche: ein zerbissenes Spielzeug, mit dem sich Bandit sofort intensiv zu beschäftigen beginnt.

Border Collies wie Bandit sind anspruchsvolle Hunde. „Die brauchen geistige Arbeit“, sagt Schilling. Bei Happy, dem Berner Sennenhund von Thomas Credo, ist die Lage eine andere. „Der ist verfressen“, sagt der Mann aus dem Eichsfeld. Happy hat die Aufgabe, eine Packung Hundefutter zu finden, die zuvor im Wald versteckt wurde. Anders als Bandit geht Happy an der Leine, das heißt, er rennt mit voller Kraft durch den Oberharzer Nadelwald und hat nach wenigen Sekunden das Futter entdeckt.

Doch eigentlich dient der Trainingstag der Vorbereitung auf den Ernstfall. Wenn Menschen im Wald verloren gehen, ist der Hund oftmals der beste Retter. Hubschrauber mit Wärmebildkamera hätten im dichten Wald und vor allem bei schlechtem Wetter Probleme, Menschen zu entdecken. Bei ihrem Training im Oberharz müssen die Hunde Suchgebiete zwischen 30 000 und 100 000 Quadratmetern durchstreifen. Dabei werden Personen vorher im Wald versteckt. Auf einer Decke müssen sie im Unterholz warten, bis der Hund sie gefunden hat. Das kann mitunter dauern. Während die anderen Hundeführer auf dem Forstweg stehen und sich die Zeit bis zu ihrem Einsatz vertreiben, ertönt aus dem Wald plötzlich lautes Gebell – das Zeichen, dass der Hund die vorher versteckte Person gefunden hat.

Dabei beherrschen die Hunde verschiedene Techniken, um auf ihren Fund aufmerksam zu machen. Viele Hunde legen sich an der gesuchten Person hin und bellen laut und regelmäßig, bis der Hundeführer eingetroffen ist. Andere Tiere laufen zum Hundeführer zurück und bringen ihn zu der Fundstelle.

Für Thomas Credo, Lothar Schilling und die anderen Hundebesitzer ist das Suchhundwesen Teil ihrer Freizeit. „Es ist ein Hobby, aber die Frage ist auch, wie ernst man das nimmt“, sagt Lothar Schilling. Die Tiere sind Familienhunde, für die das Suchen vor allem Spiel bedeutet. Wenn Feuerwehr und Polizei Hilfe benötigen, greifen sie oft auf die ehrenamtlichen Hundestaffeln zurück. Ein typisches Einsatzgebiet ist dabei die Suche nach vermissten dementen Personen, berichtet Schilling. Diese würden oftmals weite Strecken zurücklegen und dann nicht mehr nach Hause finden. Für diese Suche kommen die „Man Trailer“ – zu deutsch etwa „Menschenverfolger“ – zum Einsatz. Sie nehmen anhand eines persönlichen Gegenstands Witterung auf und verfolgen seine Spur wie einen Geruchspfad. Meistens ist die Suche dank der feinen Spürnasen der Tiere erfolgreich. „Der Hund ist dabei schneller als die Feuerwehr“, sagt Lothar Schilling.