Gewerbegebiet Es scheppert und klirrt

Lärm und Glasstaub - das entzweit Bewohner rund um das Gewerbegebiet Brockenblick und die Altglas-Verwertung in Reddeber seit Jahren.

Von Holger Manigk 03.11.2015, 00:01

Reddeber l Es scheppert und klirrt im Gewerbegebiet von Reddeber. „Als ob ständig ein Glascontainer vor der Haustür ausgekippt wird“, beschweren sich Bürger, die in unmittelbarer Nachbarschaft des Gewerbegebiets Brockenblick wohnen. Der Lärm schallt vom Gelände der Firma, die sich Recycling technischer Gläser GmbH (RtG) nennt, zu ihnen herüber. Auf dem teilweise betonierten Areal werden alte Bildröhren von Fernsehern sortiert und für die Wiederverarbeitung vorbereitet.

Weitere Sorgen bereitet den Reddeberanern, dass Glasstaub und Glassplitter Gehwege und Straßen verschmutzen. „Im Sommer glitzert es hier wie zu Weihnachten“, sagt Bernd Rettmer, der für die CDU im Wernigeröder Stadtrat sitzt. Radfahrer müssten im Gewerbegebiet platte Reifen fürchten.

Marianne von Bormann, seit 2014 Geschäfstführerin des insolventen Unternehmens, entgegnet den Vorwürfen: „Seit diesem Sommer werden unsere Glasberge alle zehn Minuten mit Wasser berieselt.“ Eine hundertprozentige Abdeckung der Halden sei nicht möglich. Die per Zeitschaltuhr ausgelösten Schauer sollen die Staubbelastung an trockenen und heißen Tagen eindämmen. Zudem reinige wöchentlich ein Kehrdienst das Firmengelände. Gabriele Städter vom Landesverwaltungsamt bestätigt dies gegenüber der Volksstimme.

Die Behörde in Halle kontrolliert das Unternehmen monatlich. Die Mitarbeiterin erläutert, vom feinen Glasstaub gehe keine Gefahr für die Gesundheit aus. Die Bildröhren enthielten kein Quecksilber, sondern Blei, Cadmium und Barium. Da diese Stoffe nicht wasserlöslich seien, würden sie keine Schäden verursachen. „Die Mitarbeiter der Recycling-Firma weisen bislang bei arbeitsmedizinischen Untersuchungen keine Auffälligkeiten auf“, berichtet Gabriele Städter. Deshalb sei davon auszugehen, dass für die Anwohner ebenso kein Risiko bestehe.

Vor zwei Jahren hatte das Landesverwaltungsamt dem Recycling-Unternehmen in Reddeber einen Annahmestopp wegen Überfrachtung des Firmengeländes auferlegt. Dagegen klagte die RtG, sodass weiterhin Altglas angeliefert wird.

Anfang 2014 lagerten in der Recycling-Anlage mehr als 10 600 statt der zulässigen 6 400 Tonnen Altglas. Die RtG habe sich jedoch bislang an den vorgegebenen Abbauplan für die Halden gehalten, sagt Gabriele Städter. Im September hätten 6700 Tonnen Glas auf dem Firmengelände gelegen. Ende des Jahres werde die RtG wahrscheinlich die vorgegebene Grenze einhalten können. „Für Außenstehende ist kaum sichtbar, dass wir die Glasberge abbauen“, erläutert Marianne von Bormann. Zunächst würden die in der Mitte aufgeschütteten Halden beseitigt werden. Dadurch solle weniger Staub verweht werden.

Das Insolvenzverfahren der RtG stehe kurz vor einem positiven Ende. „Bis Ende des Jahres sollte die finanzielle Sanierung abgeschlossen sein“, berichtet die Geschäftführerin. Das entscheide sich bei der Gläubigerversammlung.

Die Klagen über den Lärm kann Marianne von Bormann nicht verstehen. „Unsere Bagger arbeiten draußen seit über einem Jahr nur von 6 bis 14 Uhr.“ Lkw würden zwischen 7 und 15 Uhr Altglas anliefern und abladen. „In Ausnahmefällen wird die Technik auf dem Außengelände zu späterer Stunde repariert“, informiert die Geschäftsführerin.

Wenn Industrie- und Wohngebiet so dicht beieinander liegen wie in Reddeber, seien solche Probleme vorprogrammiert, so das Fazit der RtG-Chefin. Das gesamte Areal am Brockenblick sei im Bebauungsplan als Gewerbegebiet ausgewiesen, erläutert Reddebers Ortsbürgermeister Marcus Meier. „Das Gelände wurde seit den 1990er Jahren als solches erschlossen.“ Recycling hält Meier für wichtig und notwendig. Wer damit Geld verdiene, habe jedoch die Belastung für das Umfeld so gering wie möglich zu halten.