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Gericht Angeklagter widerruft Geständnis

Ein 18-jähriger Feuerwehrmann hatte gestanden, vier Brände in Elbingerode gelegt zu haben. Vor Gericht bestritt er dies nun.

Von Katrin Schröder 10.03.2016, 09:51

Elbingerode l Überraschung im Gerichtssaal 106 des Wernigeröder Amtsgerichts: Der mutmaßliche Feuerteufel von Elbingerode widerruft sein Geständnis. Bei den polizeilichen Vernehmungen hatte der 18-Jährige noch zugegeben, die vier Brände gelegt zu haben, die im Frühjahr und Sommer 2015 den Ort in Atem hielten (Volksstimme berichtete).

Das Geständnis habe er abgelegt, weil er bei der polizeilichen Vernehmung unter Druck gesetzt worden sei, erklärte der Angeklagte, der Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Elbingerode, aber derzeit suspendiert ist. Vor Gericht schilderte er, wie ihn zwei Beamte vormittags von der Arbeit zur Vernehmung abholten. Im Wernigeröder Revier sei er zum Geschehen befragt worden und habe Auskunft gegeben. „Ich habe mir nichts dabei gedacht, weil ich helfen wollte.“

Dann sei er damit konfrontiert worden, dass er als tatverdächtig gelte. Die Polizisten hätten ihn gedrängt, die Brandstiftungen zu gestehen. Dabei wäre vor allem eine Beamtin „lauter geworden“, so der Beschuldigte. „Am Ende habe ich es zugegeben, weil ich nicht mehr konnte.“ Die mehrstündige Vernehmung habe ihm zugesetzt. „Es gab keine Pause, Essen und Trinken habe ich nicht bekommen.“

Bei der anschließenden Vernehmung vor dem Richter in Halberstadt habe er nicht gewagt, seine Aussagen zurückzunehmen. Richterin Heike Hennig und Staatsanwältin Heidi Pötzsch zeigten sich erstaunt. „Warum haben Sie nicht gesagt, dass Sie es nicht waren?“, fragte die Staatsanwältin. „Weil ich dachte, die glauben mir das sowieso nicht“, antwortete der Angeklagte.

Brandermittler Christoph Heicke wies diese Darstellung zurück. „Wir haben ihn nicht unter Druck gesetzt“, sagte der Polizist, der die Ermittlungen geleitet und den Verdächtigen vernommen hatte. Das Gespräch sei ruhig verlaufen, es habe Pausen gegeben. Die Angaben des Angeklagten seien widersprüchlich gewesen, gleichwohl sei er bis fast zum Schluss dabei geblieben, dass sein Wissen über die Taten von seinen Einsätzen herrührten.

Denn bei allen vier Bränden war der 18-Jährige als Feuerwehrmann dabei gewesen, ein Feuer hatte er selbst gemeldet. Zwischen 19. April und 2. Juli 2015 waren in Elbingerode eine Scheune, eine Lagerhalle einer Gerüstbaufirma, ein Bungalow und ein Sägewerk in Flammen aufgegangen. Als die Beamten bei der Vernehmung schon fast nicht mehr damit rechneten, habe der Verdächtige plötzlich, von sich aus und „ganz kleinlaut“ ein Geständnis abgelegt – auch für den vierten und letzten Brand im Sägewerk, den ihm die Polizei nicht hätte nachweisen können.

Deren Argumentation beruht auf Indizien, die Ermittler Christoph Heicke detailliert vorstellte und die Pflichtverteidiger Ulrich Hasselmann zu entkräften versuchte. Dabei ging es zum Beispiel darum, wie genau ein Zeuge die Person erkennen konnte, die sich mit einem weißen BMX-Rad am Tatort nahe der Lagerhalle aufgehalten hat und ob man vom Haus des Angeklagten aus sehen konnte, dass aus dem brennenden Bungalow Rauch aufstieg. Um solche Fragen wie auch um den Ablauf der Vernehmung soll es am zweiten Verhandlungstag gehen, zu dem vier weitere Zeugen geladen werden. Dies geschieht am Montag, 14. März, um 13 Uhr im Amtsgericht Wernigerode.

Mag sein, dass dann wieder Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Elbingerode auf den Besucherstühlen Platz nehmen. „Wir wünschen uns ein eindeutigen Urteil“, sagten sie am Rande der Verhandlung. Ob ein solches gefällt wird, erscheint derzeit fraglich.