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Wohngebiet Angst vor Löchern im Erdreich

Die Sennhütte in Wernigerode befindet sich in einem Erdfallgebiet. Anwohner kritisieren deshalb die geplante Bebauung.

Von Julia Bruns 29.04.2016, 14:45

Wernigerode l Der Bebauungsplan (kurz B-Plan) für das Areal der Sennhütte schlägt hohe Wellen in Wernigerode. Dreizehn zweigeschossige Einfamilienhäuser und drei dreigeschossige Mehrfamilienhäuser in bauhausnaher Architektur sind geplant – das heißt kubische Formen, weiße Fassaden und Flachdächer. Investor Sven Oels hat bisher darauf verzichtet, mit seinem Entwurf an die Öffentlichkeit zu gehen. Er wolle abwarten, bis der B-Plan beschlossen ist.
Das Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren für Bürger und Behörden ist am Freitag beendet worden. „Die Beteiligung war sehr gut“, sagt Dieter Nadler, Chef des Planungsamtes. Das Planungsbüro, das im Auftrag der Stadtverwaltung das Verfahren übernommen hat, stelle alle Argumente in einer Abwägungstabelle gegenüber. Dann werde in der Verwaltung darüber beraten. „Die letzte Instanz ist aber der Stadtrat.“
Einer, der seine Einwände eingereicht hat, ist der Anwohner Michael Müller. Er befürchtet weitreichende Schäden im Erdreich des Eisenbergs. „Die Sennhütte befindet sich in einem Erdfallgebiet“, sagt der Zimmermeister, dessen Leidenschaft Höhlen- und Karstforschung ist. „Es besteht die Möglichkeit, dass Löcher in drei Meter Tiefe und mit bis zu drei Meter Durchmesser entstehen können.“ Er habe derartige Erdfälle untersucht und wisse, wie sie aufgebaut sind. „Wie eine Sanduhr“, erläutert er. „An der Erdoberfläche ist zunächst ein Trichter zu sehen.“ Der eigentliche Hohlraum aber liege, so Müller, viel tiefer und könne später für einen Erdrutsch sorgen. Ob solche Risiken nicht Sache des Investors sind? „Sicher, er kann bauliche Vorkehrungen treffen“, räumt Müller ein. „Im Endeffekt tragen die Menschen, die dort wohnen, das Risiko. Muss unbedingt an so einer sensiblen Stelle ein Wohngebiet entstehen?“ Laut Dieter Nadler zieht sich das Erdfallgebiet durch ganz Wernigerode – auch durch Wohngebiete. „Um diese Risiken abzuwägen, gibt es geologische Fachämter“, so Nadler.
„Warum darf trotz dieser Risiken ein beschleunigtes Verfahren angewendet werden?“, kritisiert Michael Müller. Ein beschleunigtes Verfahren bedeute nicht automatisch, dass es für den Investor besonders schnell vorangeht, sagt Nadler. „Werden im Bauausschuss oder vom Stadtrat Änderungen eingearbeitet, geht das Verfahren in die nächste Runde“, so der Amtsleiter. Der Entwurf werde abermals für einen Monat öffentlich ausgelegt. Ein Beispiel für ein beschleunigtes Verfahren, das sich in die Länge zieht, ist das Wohnbauprojekt Im Langen Schlage. „Der B-Plan-Entwurf wird derzeit zum dritten Mal ausgelegt“, so Nadler. „Das beschleunigte Verfahren bietet die Möglichkeit, brachliegende Flächen zu revitalisieren.“ Er betont, die Stadt werde nicht jede grüne Wiese bebauen.
Michael Müller und weitere Anwohner hoffen auf die Einsprüche der Behörden. „Der Investor hatte ja behauptet, einzig die alten Gebäude stehen unter Denkmalschutz“, sagt Nils Clausen. „Fakt ist, dass das gesamte Gelände, besonders der Park, erhaltens- und schutzwürdig ist.“ Laut Unterer Denkmalschutzbehörde des Landkreises handelt es sich bei der Sennhütte tatsächlich um ein Denkmal. So heißt es in der Denkmalbegründung für den Eisenberg 2 und 3: „Bautengruppe mit umgebendem Park und Obstgarten (...), insgesamt ein wichtiges bauliches Zeugnis der sich in Wernigerode seit dem späten 19. Jahrhundert einrichtenden Kurhotels, städtebaulich wie kultur- und baugeschichtlich von besonderer Aussagekraft.“
 
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