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Bergwacht Gemeinsames Ziel verbindet

Verbundenheit über Ländergrenzen: In der Harzer Bergwacht sind Mitgliedsvereine aus Ost- und Westharz gemeinsam aktiv.

Von Karoline Klimek 28.07.2020, 03:00

Brocken l Mit bergigen Landschaften kennen sie sich aus. Als Bergwacht Harz ist unwegsames Gelände ihr Einsatzgebiet. Jetzt tauschten die Mitglieder jedoch die Perspektive und stiegen privat auf den höchsten Gipfel im Harz. Anlass bot das Jubiläum 100 Jahre Bergwacht des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Doch für den aus acht Ortsgruppen bestehenden Zusammenschluss sollte die Sternwanderung noch mehr sein.

„Für uns sind die 100 Jahre nicht das Kernthema. Die Gruppen im Ostharz sind beispielsweise mit ihren 60 bis 70 Jahren alle jünger“, erzählt Henning Jentsch, Landesleiter der DRK-Bergwacht Sachsen-Anhalt. „Für uns ist seit der Wende die Bergwacht Harz ein sinnstiftender Name, der das Zusammenwachsen in einzigartiger Weise gezeigt hat.“ Seit 1990 firmieren die heute fünf Gruppen in Niedersachsen und drei Gruppen in Sachsen-Anhalt unter einem gemeinsamen Namen – der Bergwacht Harz.

Dass dieser nicht nur drüber steht, sondern auch gelebt wird, dafür findet Heiner Jentsch viele Beispiele. „Wir organisieren gemeinsame Aus- und Weiterbildungen. Dabei hat jeder seinen Schwerpunkt“, verdeutlicht er. So seien die westharzer Gruppen durch das Skigebiet Wurmberg vor allem auf Einsätze im Winter spezialisiert, für die Ostharzer seien die Sommerthemen bedeutender. Unterstützen würde man sich bei Einsätzen gegenseitig. „Wenn Not am Mann ist, springen Kameraden aus anderen Gruppen in den Dienstplan ein“, berichtet Heiner Jentsch.

Zusätzlich zu den gemeinsamen Lerneinheiten werde sich mindestens einmal im Jahr über die Vorhaben abgestimmt. Darüber hinaus seien viele Freundschaften zwischen den Teams entstanden. „Manche fahren gemeinsam Ski, andere treffen sich regelmäßig, um zusammen zu klettern“, weiß der 57-Jährige.

Die Kameradschaft ist innerhalb der Bergrettung sehr wichtig. Jeder Handgriff muss in Extremsituationen sitzen, jeder muss sich auf den anderen verlassen können. Trotzdem ist Selbstständigkeit gefragt. „Obwohl man nie allein unterwegs ist, muss jeder alles können“, bekräftigt der Landesleiter.

Da die Arbeit sowohl körperlich als auch geistig sehr anspruchsvoll ist, ist eine Ausbildung nötig. Ohne Professionalität gehe es nicht. „Man kann nicht einfach sagen, ‚Ich mache da jetzt mal mit‘, zieht sich eine rot-blaue Jacke an und hilft bei einer Rettung im Wald“, bringt es Heiner Jentsch auf den Punkt. Zwei bis drei Jahre dauere es, je nach Zeit und Können des Neumitglieds, bis man fit für Rettungsaktionen ist. Neben Kenntnissen zum Transport eines Verletzten im Sommer wie Winter gehört eine notfallmedizinische Ausbildung sowie der Wissenserwerb rund um die Geologie und Biologie. „Dann kommen noch einige Qualifikationen drauf wie beispielsweise zur Luftrettung“, erklärt er.

Die käme derzeit aber generell noch zu kurz, bemängelt er. Erst kürzlich wäre ein Hubschrauber mit Seilwinde hilfreich gewesen. Doch die fehle noch. So musste eine auf der Landmannklippe zwischen Schierke und Wernigerode verunglückte Person stundenlang den Hang hinunter transportiert werden. Zusätzlich haben laut Jentsch die Kameraden der Feuerwehren Schierke und Wernigerode mit der Kettensäge den Abstieg von im Weg liegenden Fichten beräumen müssen.

Statt drei Stunden über unwegsames Gelände hätte der Abtransport mittels Hubschrauber in zehn Minuten erfolgen können – für Retter sowie Patient weniger kraftraubend. „Das Entscheidende für einen Verletzten nach einem Trauma ist die Zeit bis zur qualifizierten Behandlung“, betont Heiner Jentsch. Doch die Luftrettungs-Betreiber würden die mit Winde mit Tauaufnahmemöglichkeit verbundenen Kosten scheuen.

Hoffnung setzt er in eine mögliche Zusammenarbeit mit der Landespolizei, die für ihre Hubschrauberstaffel unlängst entsprechende Technik angeschafft hat.