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Betrug Seniorin um ihr Geld gebracht

Um 25.000 Euro haben Straftäter eine 79 Jahre alte Wernigeröderin erleichtert.

Von Dennis Lotzmann 13.11.2018, 00:01

Wernigerode l Am Ende ist die Harzer Polizeisprecherin Bettina Moosbauer beim Blick auf die bislang bekannten Fakten gleichsam entsetzt wie sprachlos. Über die Skrupellosigkeit, mit der die Täter vorgegangen sind. Über die Tatsache, dass das Opfer keinerlei Verdacht schöpfte, obwohl die Polizei seit Monaten immer wieder über diverse Tricks mit falschen Beamten informiert hat. Und letztlich ist Moosbauer auch entsetzt über den Fakt, dass Bankmitarbeiter auf Wunsch einer betagten Seniorin deren Konten leeren – offensichtlich ohne diesen Vorgang zu hinterfragen. Am Ende kam alles – im negativen Sinne gesehen – zusammen und beschert dem Harzkreis nun einen Betrugsfall, der für schiere Fassungslosigkeit sorgt.

Die Fakten nach dem bisherigen polizeilichen Ermittlungsstand: Unbekannte rufen am Donnerstag gegen 22.30 Uhr als angebliche Polizeibeamte bei der 79-jährigen Frau an – die Polizei hatte ihr Alter zunächst mit 89 angegeben. Sie behaupten, Einbrecher geschnappt zu haben und Hinweise zu besitzen, wonach die Seniorin selbst im Visier der Verbrecher stehen soll und ihr Geld nicht mehr sicher sei. Sie fordern die Frau auf, ihr gesamtes Geld – mutmaßliches Falschgeld – von der Bank zu holen und es ihnen zur Kontrolle auszuhändigen.

Die Frau geht darauf ein – am Freitag sucht sie gleich zwei Sparkassen-Filialen auf, um all ihr Geld zu holen und es gegen 14.30 Uhr an ihrer Haustür den Betrügern auszuhändigen. Sehr wahrscheinlich auf Nimmerwiedersehen, wie Polizeisprecherin Moosbauer fürchtet.

Eine Vermutung, die mit Blick auf Details untermauert wird – die Täter führten den ersten Anruf am Donnerstagabend via Festnetz mit einer unterdrückten Nummer. Dann lancierten sie ihr Opfer mit dem Hinweis auf das nicht abhörsichere Telefon aufs Mobiltelefon und riefen aus dem Ausland an. Ob es eine Geld-Übergabe-Quittung gibt, ist unklar, letztlich aber wahrscheinlich auch irrelevant, weil die Täter längst über alle Berge sind.

Für Reviersprecherin Moosbauer ist dieser tragische Fall einmal mehr Anlass, um potenzielle Opfer zu warnen: „Hier hätte an mehreren Stellen die Alarmglocke schrillen müssen.“ Zumal auch in der Volksstimme in den vergangenen Monaten immer wieder ähnliche Fälle ausführlich thematisiert worden seien.

Ein Punkt sei bereits die erste Kontaktaufnahme zwischen Tätern und Opfer gewesen – „um 22.30 Uhr ruft niemand mehr von der Kripo bei jemandem privat an“, so die Kommissarin, die sich im Polizeirevier auch um Prävention kümmert.

Und weiter: „Die erste Gefahr, Opfer derartiger Betrüger zu werden, lauert bereits im Telefonbuch.“ Frauen mit älteren Vornamen und abgedruckter voller Adresse gerieten – weil offensichtlich älter und mutmaßlich alleinstehend – immer wieder ins Visier von Betrügern. So war es auch hier. „Unser Tipp: Lassen Sie sich aus allen Datenbanken löschen, sowohl gedruckten Telefonbüchern als auch elektronischen Verzeichnissen im Internet.“

Punkt zwei: Niemals Details über die finanziellen Verhältnisse preisgeben – weder unter Freunden und schon gar nicht gegenüber Dritten am Telefon. Wenn Polizeibeamte tatsächlich derartige Auskünfte benötigen, werden sie entweder persönlich vorstellig und weisen sich entsprechend aus oder es erfolgt eine Einladung aufs jeweilige Revier. „Die Bürger können sich jederzeit unsere Dienstausweise zeigen lassen, die Passbilder vergleichen und sich bei Zweifeln auch im jeweiligen Polizeirevier telefonisch rückversichern“, so Moosbauer.

Betrüger gaukeln ihren Opfern heute zuweilen vor, von einem Polizeianschluss anzurufen, indem sie Polizei-Nummern wie den Notruf 110 als Rufnummer übermitteln und im Display sichtbar machen. Das sei technisch möglich. Aber: „Wir rufen niemals vom Anschluss 110 an. Außerdem gilt auch hier der Tipp: Bei Zweifeln die angebliche Polizei-Nummer notieren, anschließend unter der zentralen Einwahlnummer die Polizei kontaktieren und dort direkt nachfragen.“

Apropos Nachfragen: Warum das seitens der Bankmitarbeiter beim Bar-Abheben von 25.000 Euro offenbar nicht passiert ist, bleibt vorerst unklar. Harzsparkassen-Vorstand Heiko Elschner konnte sich zum konkreten Fall nicht äußern. „Davon habe ich noch keine Kenntnis.“

Generell gelte: „Unsere Mitarbeiter sind sensibilisiert, um bei derartigen Fällen und Auszahlungen zu reagieren. Wir haben es aber mit mündigen Kunden zu tun.“ Zudem sei es keineswegs selten, dass sich ältere Bürger derart hohe Geldbeträge auszahlen ließen.

Im März hatte eine Sparkassen-Mitarbeiterin in einem ähnlichen Fall in Blankenburg verhindert, dass eine 84-Jährige um 15.000 Euro erleichtert wird.