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Bildung Tauziehen um Grundschüler

Kinder aus Trautenstein sollen in Benneckenstein zur Schule gehen und die Einrichtung retten. Dagegen regt sich Widerstand in Hasselfelde.

Von Katrin Schröder 22.11.2017, 00:01

Hasselfelde l Die Stimmung im Kursaal ist angespannt: Mehr als 50 Besucher, die meisten von ihnen Eltern, drängen sich an Tischen, Stühle müssen herbeigeholt werden. „Für mich kommt das sehr überraschend“, sagt Ortsbürgermeister Heiko Kaschel (parteilos) über die Vorlage, wegen der die Hasselfelder in Scharen herbeigeströmt sind. Darin steht, dass Trautensteins Kinder ab 2018 nicht mehr in Hasselfelde, sondern in Benneckenstein eingeschult werden sollen.

Der Anlass ist dramatisch: Der Grundschule in Benneckenstein droht mangels Schülern das Aus. 14 Kinder sollen im Schuljahr 2018/19 dort eingeschult werden, berichtet der Hauptamtsleiter der Oberharzstadt, Hans-Henning Friedrichs. Laut Richtwert sollten es aber mindestens 15 sein. Eine Schule demnach insgesamt mindestens 60 Schüler haben – in Benneckenstein wären es ab kommendem Schuljahr nur noch 58, Tendenz: fallend.

Bleibt es dabei, käme es in Benneckenstein zu einer „auslaufenden Beschulung“, so Friedrichs. Das heißt: 2018 wird keine erste Klasse mehr gebildet, spätestens 2021, wenn die derzeitigen Erstklässler die Schule verlassen, würden sich deren Tore endgültig schließen. Das will die Stadtverwaltung verhindern – mit einer Änderung des Schuleinzugsbezirks. Im kommenden Jahr würde dies ein Kind betreffen, damit wäre die magische 15 erreicht und der Bestand vorerst gesichert – vorausgesetzt, es gibt eine Ausnahmegenehmigung. Wenn Ortschaftsräte, Ausschüsse und Stadtrat entsprechend beschließen, könnte der Kreistag am 13. Dezember das Votum in die Schulentwicklungsplanung aufnehmen.

Allerdings steht die Schule laut Prognose auch in den folgenden Jahren auf der Kippe. Daher plant die Stadtverwaltung einen Schulverbund mit Hasselfelde. In diesem wäre Benneckenstein angesichts einer Mindestvorgabe von 40 Schülern auf der sicheren Seite. Das Gesetz, das dies möglich macht, ist jedoch noch nicht verabschiedet. Vor Anfang 2018 sei damit auch zu rechnen, so Friedrichs.

Mit der Änderung der Schulbezirke sollte die Zeit überbrückt werden, bis der Schulverbund beantragt werden kann. „Die Grundschule in Hasselfelde ist dadurch in keiner Weise gefährdet“, so Friedrichs mit Blick auf die Zahlen. Die Blumenau-Schule hat derzeit 92 Schüler, auch ohne die Kinder aus Trautenstein würde laut Statistik ihre Zahl nicht unter 89 fallen. Und wenn Trautensteiner Eltern ihr Kind trotzdem in Hasselfelde einschulen wollen, könnten sie dies beim Landesschulamt beantragen, das in der Regel grünes Licht gebe. „Wir hätten aber ein Zeichen gesetzt, dass wir alles getan haben, um den Schulstandort Benneckenstein zu retten“, so Friedrichs.

Doch damit bissen die Verwaltungsvertreter in Hasselfelde auf Granit. „Keine Experimente zu Lasten unserer Kinder“, sagte Ortsbürgermeister Kaschel. „Unmöglich“ sei der Vorschlag, befand Ortschaftsratsmitglied Bernd Ehrlich (Freie Wähler) und fügte hinzu: „Es ist katastrophal, wie hier vorgegangen wird.“ Es habe im Vorfeld keine Gespräche gegeben, stattdessen werde Zeitdruck aufgebaut.

Das Thema sei monatelang vernachlässigt, überdies seien die Eltern und ihre Gremien nicht eingebunden worden, kritisierte auch Stadtratsmitglied Kay Hildebrand (BIOH). Gehe man rein nach den Zahlen, sei es auf Dauer sinnvoller, wenn Kinder aus Königshütte und Elend die Grundschule in Benneckenstein verstärken.

Zweifel meldete Elke Prill, Schulleiterin der Blumenau-Schule, an. Es sei keineswegs sicher, dass das Landesschulamt Anträge auf Einschulung außerhalb des Bezirks stets genehmige. Hinzu komme: „Jedes Kind, das fehlt, bedeutet fehlende Lehrerstunden.“ Je kleiner die Schule, desto weniger Angebote seien möglich. „Das wird sich auf die Qualität des Unterrichts auswirken.“ Zu den Sorgen, die Eltern zum Beispiel in Sachen Vorschule und Fahrdienst äußerten, gab es keine Antworten.

Im Ergebnis hat der Ortschaftsrat dafür votiert, die Schulbezirke für drei Jahre zu öffnen und den Trautensteiner Eltern die Wahl freizugeben – aus Rätesicht ein Kompromiss. Zudem soll die Stadt bereits jetzt den Schulverbund beantragen, möglicherweise als Modellprojekt.

Der Ortschaftsrat Trautenstein berät dazu am Mittwoch, 29. November (19 Uhr, Dorfgemeinschaftshaus).