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Biotop Abschied von der Höhenluft

Das Harzer Höhenvieh von Brockenbauer Uwe Thielecke soll seltenen Pflanzen im Nationalpark zu besserem Wachstum verhelfen.

Von Uta Müller 27.08.2019, 17:51

Brocken/Tanne l Tierische Hilfe bei der Biotop-Pflege haben sechs Kühe von Brockenbauer Uwe Thielecke aus Tanne geleistet. Die Rinder wurden auf dem Brocken zur Landschaftspflege eingesetzt. Der Nationalpark Harz beschreitet damit neue Wege, um das Wachstum seltener Pflanzen auf den empfindlichen Flächen zu beschleunigen, erklärt Brockengärtner Gunter Karste.

Das Harzer Rote Höhenvieh, eine vom Aussterben bedrohte Rinderrasse, sollte die Grasnarbe nicht nur abfressen und kurz halten, sondern sie auch mit ihren Hufen durchtreten, um so den Wuchs der Besenheide zu unterstützen. Die Tiere fungierten als lebende „Landschaftsgärtner“ und halfen auf umweltfreundliche und naturnahe Weise, die wachsende Grasnarbe niedrig zu halten. „Die Tiere haben ihre Arbeit getan“, so der Experte. Der erhoffte Effekt sei eingetreten. Die Grasnarbe wurde von den Huftieren breitgetreten und solle nun den Weg für die Besenheide frei machen.

„Früher gehörten die Rinder auf dem Brocken zum ganz normalen Bild“, erklärt Brockenbäuerin Susann Thielecke. Heute sei es eher ungewöhnlich. Brockengärtner Gunter Karste vom Nationalpark bat die Brockenbauer-Familie um Uwe und Susann Thielecke sowie die Töchter Julia und Sarah aus Tanne, ihn bei der Pflege der Wiesen zu unterstützen. Gerade die selten gewordene Brocken-Anemone benötige die Unterstützung der Huftiere. „In der Besenheide kann sich anschließend die Brocken-Anemone ausbreiten“, so Karste weiter. Das Heidekraut biete auch der Kleinen Alpen-Kuhschelle, wie die brockentypische Pflanze auch genannt wird, ihren Lebensraum. Sie wachse deutschlandweit nur hier, ebenso wie das weniger bekannte gelb blühende Brocken-Habichtskraut, das weltweit nur auf dem Brocken zu finden ist. Jahrzehntelang wurden immer ein paar Kühe des Roten Höhenviehs von den Brockenwirten auf dem Plateau gehalten. Die Tiere waren demnach schon immer für die Landschaftspflege auf den höchsten Gipfel des Harzes zuständig und haben auch keine Probleme mit dem Klima, so Thielecke.

Bislang versuchten die Brockengärtner, den Wuchs der Gräser mit einer Mahd einzuschränken. Mit Hacke und Hand sei es gelungen, über einen langen Zeitraum eine Heidefläche vorzubereiten. Diese Methode brachte jedoch nicht den gewünschten Erfolg. „Da es bei einer solchen Mahd recht lange dauert, bis vor allem die Gräser so geschwächt sind, dass es den seltenen Pflanzenarten möglich wird, hier Fuß zu fassen, kamen in diesem Jahr nun auf einer Versuchsfläche die Rinder zum Einsatz“, so Karste. Auf rund 5000 Quadratmetern Grasfläche auf dem Plateau fungierten die Rinder als natürliche „Rasenmäher“. Der Freiland-Versuch ist auf vier Jahre angelegt.

Das auffallend rotleuchtende Fell des Harzer Roten Höhenviehs ist unverkennbar und sorgte auf dem Harzgipfel für markante Farbtupfer. Nach drei Wochen Höhenluft endete nun das Abenteuer Brocken für die sechs Kuhdamen. Das Gras sei abgefressen und die Kühe wieder zurück auf eine Weide bei Tanne gebracht worden, so Thielecke. Im nächsten Jahr sollen wieder ein paar Kühe aus der Herde des Brockenbauers in Tanne in den Genuss der Höhenluft kommen.