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Bundesstraße 81 Hoffnung für Tempo 30 in Cattenstedt

Cattenstedter kämpfen bei der B-81-Sanierung für Veränderungen. Die Straßenverkehrsbehörde des Harzkreises lehnt aber viele davon ab.

Von Holger Manigk 22.11.2020, 00:01

Cattenstedt l Eine Liste mit 416 Unterschriften haben Gabi Hoffmann, Jana Pieper und Jennifer Raap Cattenstedts Ortsbürgermeister Werner Greif (parteilos) übergeben. Die drei Frauen waren in den vergangenen Tagen „Klinken putzen“ gegangen, um die Cattenstedter um Unterstützung zu bitten, während der laufenden Sanierung der Bundesstraße 81 einige Veränderungen vorzunehmen. Und dabei haben sie eine große Resonanz erfahren.

„Alle, die Kinder haben, täglich mit ihnen hier lang gehen oder an der Straße wohnen, betrifft das Problem ja direkt“, so die drei Cattenstedterinnen, die fast ausnahmslos auf Zustimmung stießen. 98 Prozent der Befragten, so die Bilanz, unterstützen das Vorhaben der engagierten Mütter. Sie fordern unter anderem eine Tempo-30-Zone und das Verlegen des nördlichen Fußgängerüberweges um rund 50 Meter in Richtung Süden.

Unterstützung erfahren sie von Ortsbürgermeister Greif, der das Thema bereits in den Bauberatungen eingebracht und auch auf offene Ohren gestoßen war: zumindest bei der Landesstraßenbaubehörde. Denn: „Die Sichtachse und die Aufstellfläche des Zebrastreifens erfüllen eigentlich die Norm nicht. Der hätte schon damals dort nicht gebaut werden dürfen“, sagt er.

Das meinen auch die engagierten Unterschriften-Sammlerinnen: „Der ist einfach am falschen Platz“, sind sie sich einig. Wenn die Sonne tief stehe, würden Autofahrer geblendet und den Überweg nicht wahrnehmen. Halte der Schulbus morgens auf der einen Seite, stehe auf der gegenüberliegenden zeitgleich ein Linienbus. „Da hält aber kein Autofahrer an“, haben die Cattenstedter beobachten können. „Selbst mit Kinderwagen“, so Jana Pieper, „muss ich mich bemerkbar machen, dass mal jemand bremst.“ Die Frauen sind ohnehin einer Meinung: „Hier halten sich nicht alle an die vorgeschriebenen 50 Kilometer pro Stunde.“

Deshalb fordern sie einige Veränderungen, um die viel befahrene Ortsdurchfahrt sicherer zu machen. Zum Beispiel eine Verkehrsinsel am Ortseingang aus Richtung Waldesruh. Diese hätte nicht nur den Vorteil, dass sich der Verkehr automatisch verlangsame, auch die Radfahrer auf dem Fernradwanderweg R1 könnten die Fahrbahn viel sicherer überqueren.

Ein weiterer Vorschlag ist ein fester Blitzer oder zumindest eine Geschwindigkeits-Anzeigetafel, wie sie beispielsweise an der Luther-Schule und dem Mehrgenerationenhaus in Blankenburg installiert wurde. „Eigentlich wollten wir für solch eine Tafel Einnahmen aus dem Weihnachtsmarkt verwenden“, so Werner Greif. Doch der Cattenstedter Weihnachtsmarkt fällt diesmal aus. Deshalb wolle der Ortschef nach anderen Möglichkeiten der Finanzierung suchen.

Bei der Listenübergabe zeigte sich Werner Greif sichtlich beeindruckt von der Vielzahl der gesammelten Unterschriften. Dies zeige ihm, dass dieses Thema die Einwohner nach wie vor bewege und deshalb unbedingt weiter an einer Verbesserung der Situation gearbeitet werden müsse. „Ich hoffe, dass diese Aktion uns richtig Rückenwind gibt.“

Ein Veto gegen die Verlegung des Zebrastreifens gibt es allerdings von der Straßenverkehrsbehörde des Landkreises: Unter Berücksichtigung einer weiteren in Richtung Hasselfelde gelegenen Bushaltestelle sowie der vorgeschriebenen Sichtlängen könne sie dem Vorhaben nicht zustimmen. Wie die Behördenmitarbeiter auf Volksstimme-Anfrage mitteilen, sei bei der Einrichtung des Fußgängerüberwegs vor 20 Jahren von der Richtlinie ebendafür abgewichen worden. Warum, das sei „heute nicht mehr nachvollziehbar“. Fakt ist: Bei der Kombination von Bushaltestelle in Fahrtrichtung vor einem Fußgängerüberweg wäre eine Haltebucht Pflicht, „um die Sicht für querungswillige Fußgänger nicht einzuschränken“. Diese fehlt jedoch in Cattenstedt.

Dennoch habe eine Prüfung der Straßenverkehrsbehörde ergeben, dass die in der Richtlinie vorgegebenen Sichtbeziehungen am Stopp an der B81 weitestgehend eingehalten werden: Autofahrer sollten bei Tempo 50 aus 100 Metern freie Sicht auf Fußgängerüberwege haben, bei 30 Kilometern pro Stunde aus 50 Metern. Letztere Entfernung gilt auch für Warteflächen am Straßenrand bei Tempo 50 für Autofahrer.

An der Haltestelle nahe Bohl- und Steinweg würde dieser Wert von Fahrzeugen, die aus Richtung Blankenburg kommen, unterschritten, räumen die Behördenmitarbeiter ein. „Sollen alle Sichtbeziehungen gewährleistet werden, wäre eine Verlegung um circa 50 Meter nicht ausreichend, der Standort des Fußgängerüberwegs würde sich um circa 85 Meter Richtung Hasselfelde verschieben“, erläutern sie.

Ihre weiteren Argumente gegen die Verlegung des Zebrastreifens: Der „Hauptquerungsbedarf“ der B81 bestehe nahe der beiden Haltestellen. Insbesondere Passanten aus dem Ortszentrum müssten laut Straßenverkehrsbehörde erst Richtung Hasselfelde laufen, den mittigen Zebrastreifen nutzen und dann nach Norden zurück zum Busstopp. Somit wäre die neue Position des Überwegs „unattraktiv und es steht zu befürchten, dass es vermehrt zu ungesicherten Querungen der B81 kommen würde“.

Zudem seien seit 2011 rund um den Zebrastreifen „keine hier relevanten Unfälle zu verzeichnen“. Es habe lediglich dreimal ohne Beteiligung von Fußgängern gekracht. Ursachen seien zu schnelles Fahren sowie mangelnder Sicherheitsabstand gewesen.

Einen Lichtblick für die Cattenstedter gibt es aber aus dem Amt in Halberstadt: Die Straßenverkehrsbehörde schlägt vor, die Höchstgeschwingkeit für Autofahrer aus Richtung Blankenburg im Bereich der Bushaltestelle auf 30 Kilometer pro Stunde zu drosseln. „Damit wäre die erforderliche Sichtlänge von 30 Metern auf die Wartefläche gewährleistet.“ Ebenfalls solle eine Blinkpflicht für den haltenden Linienbus geprüft werden. Damit wären Autos, Motorräder und Lkw in der Pflicht, den haltenden Bus in beiden Richtungen im Schritttempo zu passieren.