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Chorfestival Wernigerode im Brahms-Rausch

Die zehnte Ausgabe des Internationalen Johanned-Brahms-Chorfestivals könnte als die schönste in die Geschichte eingehen.

Von Julia Bruns 10.07.2017, 01:01

Wernigerode l Die bunte Stadt im Chorrausch: In Wernigerode ist am Sonntag das zehnte Internationale Johannes-Brahms-Chorfestival und Wettbewerb zu Ende gegangen. Mit einer fulminanten Party auf dem Markt erreichte das Fest am Sonnabend den stimmungsgeladenen Höhepunkt. Acht Ensembles wurden mit dem Kategoriesieg belohnt: Sie hatten in ihrer Wettbewerbskategorie die höchste Punktzahl und ein Goldenes Diplom erreicht.

Der Gewinner des Chorpreises, der Stellenberg Girls Choir aus Südafrika, feierte mit Tausenden Menschen vor dem Rathaus in der Abendsonne ausgelassen seinen Sieg. Die Mädchen brachten die Bühne zum Beben und den Markt zum Tanzen. Ein DJ gab später den Takt an, die Wernigeröder und ihre singenden Gäste erwiesen dem Ruf als Chorstadt alle Ehre.

„Wir ändern mit unserem Gesang nichts an der Weltlage“, sagte Professor Ralf Eisenbeiß, der künstlerische Leiter von Interkultur, dem ausrichtenden Verein. „Aber wir zeigen Haltung. Konflikte spielen keine Rolle. Dafür setzen wir uns seit Jahrzehnten ein.“ Ob der Chor aus der Türkei, aus den USA oder aus Südafrika - Menschen aller Couleur, aller Nationen, aus nahezu allen Ecken der Welt ließen Wernigerode für fünf Tage zum internationalen Zentrum der Chormusik werden. 40 Chorbetreuer und 50 Mitarbeiter der Stadtverwaltung sorgten für reibungslose Abläufe. Auch ihnen sprach Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) neben den engagierten Machern von Interkultur ein herzliches Dankeschön aus. „Es war mein fünftes Brahms-Chorfestival, und bisher das schönste, das ich erlebt habe“, sagte er gegenüber Volksstimme. „Es ist für Wernigerode eine besondere Ehre, in dem Reigen der großen Chorstädte zu stehen.“

Ralf Eisenbeiß freut sich schon jetzt auf die elfte Ausgabe im Jahr 2019 – denn er hat sich entschieden, noch einmal als künstlerischer Leiter zurückzukehren, und seine Rente etwas nach hinten zu verschieben. Das Team sei eingespielt, die Veranstaltung laufe so konfliktfrei wie sonst nirgends, lobte er die Wernigeröder Organisatoren. „Wir wollen wieder gute Gastgeber sein“, versprach Peter Gaffert. Beide würdigten die Arbeit der Projektleiterin für das Festival, Julia Hoppe, die charmant, zweisprachig und unaufdringlich durch die Konzerte führte.

Nahezu 10.000 Menschen hatten die Veranstaltungen des Festivals in diesem Jahr besucht und wurden Teil der unverwechselbaren „Brahms-Atmosphäre“ , wie Peter Gaffert beim Abschlusskonzert in der Stadtfeld-Turnhalle hervorhob.

700 Besucher erlebten das Benefizkonzert im Halberstädter Dom am Freitagabend. „Zusätzliche Stühle mussten reingetragen werden, um dem Andrang gerecht zu werden“, so der Stadtchef. Das Ergebnis: 3000 Euro kamen für die Orgel zusammen.

Rührende Szenen spielten sich auch bei den Freundschaftskonzerten ab: So beschenkten sich die hörgeschädigten chinesischen Kinder und die Mitglieder des Wernigeröder Männerchores 1848 gegenseitig bei einem Auftritt auf dem Hof der Glasmanufaktur bei Derenburg. „Unter Beifall schenkten uns die Kinder selbstgebastelte Fächer und Lesezeichen“, berichtete Chorsprecher Klaus-Jürgen Noack der Volksstimme. Vor den Zuhörern, die dicht gedrängt auf dem Hof saßen, überreichten die Männer den Kindern Brockenhexen als Andenken. „Sie haben sich sehr gefreut, der Augenblick war sehr emotional. Ein wahres Freundschaftskonzert“, so Noack.