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Corona-Krise Mit Pizza durch Lockdown in Derenburg

Die Corona-Krise trifft Schausteller Francesco Calzarano hart. Aber der Wahl-Derenburger macht das was ein echter Neapolitaner macht.

Von Jens Müller 31.01.2021, 00:01

Derenburg l Ein lautes „buon giorno“ schallt über den kleinen Innenhof in der Kirchstraße 13 in der Derenburger Altstadt. Im Hofdurchgang duftet es nach frisch gebackener Pizza. Mit einem strahlenden Lächeln und einer Kochmütze in den italienischen Landesfarben steht Francesco Calzarano hinter dem Tresen seines Imbisswagens, der gerade so in dem Hinterhof Platz gefunden hat. Doch nach Lachen ist dem 56-Jährigen eigentlich gar nicht zumute. „Ich hab seit sieben Monaten nichts verdient“, erzählt er. Die Corona-Pandemie hat ihm schwer zugesetzt.

Francesco Calzarano ist seit Jahren mit seinem Schaustellerbetrieb auf Volksfesten und Märkten in ganz Deutschland vertreten. Doch seit dem ersten Lockdown dreht sich kein Karussel, fährt keine Kinder-eisenbahn, geht kein italienisches Eis über die Theke seines Eiswagens. „Ein halbes Jahr hab ich von Hartz IV gelebt und vom Geld meiner Familie“, erzählt er. Nach den Lockerungen der Corona-Beschränkungen keimte bei ihm noch einmal ein bisschen Hoffnung auf Besserung auf. „Ich konnte noch eine Hochzeit und eine Familienfeier ausrichten, aber das war‘s. Wir haben noch lange gewartet, hatten schon Märkte in Frankfurt, Salzgitter und Hannoversch-Münden in Aussicht, doch dann ist alles abgesagt worden“, berichtet Calzarano, der sein gesamtes Equipment inzwischen eingemottet hat. Ein herber Schlag für ihn und seine Frau Tatjana.

„Es war immer mein Traum. Ich wollte immer Schausteller werden. Das liegt mir im Blut“, sagt er mit leuchtenden Augen. Doch damit ist vorerst Schluss.

Coronabedingt hat er jetzt aus der Not eine Tugend gemacht und einen Pizza-Service eröffnet. Natürlich echt neapolitanisch - versteht sich. Denn Neapel ist nicht nur der Geburtsort der weltbekannten Pizza Margherita, sondern auch der von Francesco Calzarano. „1972 bin ich mit meinen Eltern nach Deutschland gekommen, in die Nähe von Bad Gandersheim“, erzählt er. Kurz nach der Wende verschlug es ihn durch Zufall nach Ilsenburg. Die Aufbruchstimmung steckte an. „Ich wollte eine Pizzeria eröffnen und eigentlich in Ilsenburg bleiben“, erinnert sich Francesco Calzarano, der damals noch mit einem Eiswagen unterwegs war. Dabei wurde er auf Derenburg aufmerksam und auf das kleine Häuschen an der Brücke in Richtung Blankenburg, wo er schließlich seine eigene kleine „Pizzeria Napoli“ einrichtete.

Inzwischen ist Francesco Calzarano in Derenburg heimisch. Er hat sich ein kleines Fachwerkhäuschen gekauft, fasst immer mit an, wenn im Städtchen eine helfende Hand benötigt wird, so wie auch Ende November beim Installieren der weihnachtlichen Beleuchtung auf dem Marktplatz. Dort erfreut er normalerweise mit seiner Kindereisenbahn die jüngsten Derenburger, die in den Waggons und in der schnaufenden Lok ihre Runden um den Weihnachtsbaum drehen können. Doch auch das fiel im Dezember aus. Ebenso das von ihm seit Jahren organisierte Parkfest im Sommer mit dem beliebten Entenrennen auf der Holtemme.

Nun steht er wieder als Pizzabäcker am Ofen, belegt nach Wunsch auch die ausgefallensten Kreationen. Und wer keine Lust auf Pizza hat, für den gibt‘s bei Francesco auch frische Salate und Nudelgerichte zum Abholen. Mit seinem kleinen roten Motorroller versucht er, wenn möglich auch alle Lieferwünsche zu erfüllen. Außer Dienstags. Da braucht auch ein neapolitanischr Pizzabäcker einen Tag Ruhe.

Infos und Kontakt unter (01 51) 59 94 39 75