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DDR-Museum Schöne Dinge aus dem Osten in Wernigerode

In der Dauerausstellung zu „Form und Gestaltung in der DDR“ werden in Wernigerode seit zehn Jahren Alltagsgegenstände gezeigt.

Von Katrin Schröder 04.02.2018, 07:09

Wernigerode l Kannen mit klassischen Formen, Vasen von zeitloser Schlichtheit, Handmixer, deren Formensprache noch heute überzeugt: Es sind Dinge aus dem Alltag der DDR, die Axel Rachwalski in seiner Ausstellung im Gießerweg präsentiert. Seit zehn Jahren werden in Wernigerode unter dem Titel „Form und Gestaltung in der DDR“ rund 600 Exponate gezeigt, die einen Einblick ins Design jener Jahre geben.

Damals hießen Designer noch Formgestalter und hatten es zunächst nicht leicht. „Die kulturpolitische Ausrichtung auf nationale Traditionen in den frühen 1950er Jahren mit Walter Ulbricht an der Regierung hemmte zunächst die Entwicklung auch auf diesem Gebiet“, berichte Ausstellungsmacher Rachwalski. Nach deren Überwindung sei jedoch schnell der Anschluss an die europäische Moderne gelungen – auch wenn es immer noch Schwierigkeiten gab.

So fand zum Beispiel eine Zylindervase, die 1962 bei der fünften deutschen Kunstaustellung in Dresden gezeigt wurde, keine Gnade bei Ulbricht. „Das sei hohler Funktionalismus, der den Werktätigen nicht gefalle“, habe der ZK-Chef und Staatsratsvorsitzende geurteilt. Eine schwarze Mokka-Kanne war ihm „zu wenig optimistisch“, weiß Rachwalski.

Dabei verstanden die Designer ihr Fach. Die Formgestalter studierten an Hoch- und Fachschulen wie der Burg Giebichenstein Halle und der Kunsthochschule Berlin Weißensee. „Alle haben eine künstlerische Grundlagenausbildung“, betont der Wernigeröder. „Das wird gern unterschätzt.“

Gemeinsamer Nenner war Rachwalski zufolge das „Bestreben, durch funktionale Gestaltung lange Nutzungszyklen möglich werden zu lassen“. Übersetzen könnte man das mit der heute oft beschworenen Nachhaltigkeit – damit dass Dinge langlebig sein sollten, auch in ihrer Gestaltung.

Oder, wie Axel Rachwalski formuliert: „Wir wollen keine modischen Gegenstände, sondern moderne.“ Allerdings sei dies nicht immer konsequent durchgezogen worden – auch mit Blick auf die Forderung des Außenhandels, mit dem Export Devisen zu erwirtschaften.

Dass Langlebigkeit und Modernität dennoch Leitgedanken des DDR-Designs waren, zeige sich zum Beispiel am Rührgerät RG 28, das noch heute in vielen Haushalten im Einsatz ist, oder am Kleinkraftrad Simson S 50. „Heute noch schämt sich kein Jugendlicher, damit herumzufahren“, so der 54-Jährige. „Es ist eine Kunst, das hinzubekommen.“

Rachwalski hat diese und andere Klassiker gesammelt. Sein erstes Stück war eine kleine, elektrische Mokkamühle vom Typ „Pirouette“.

„Design ist die Schnittstelle zum Menschen“, sagt der Wernigeröder. Deshalb entschloss er sich, seine Sammlung von Gebrauchsgegenständen und technischen Geräten öffentlich zu zeigen. „Es wäre schade, wenn das niemand sähe.“ Vergleichbare Expositionen muss man suchen – zum Beispiel im Grassi-Museum in Leipzig und im Museum für Angewandte Kunst in Gera. „Da hört es dann schon auf“, so Rachwalski.

In Wernigerode stehen außerdem Arbeiten von heimischen Designern im Fokus – zum Beispiel der Glasgestalterin Marlies Ameling für das Glaswerk Derenburg und Dieter Hackebeil für die Rundfunk- und Fernmeldetechnik (RFT). Mit rund 50 Quadratmetern Ausstellungsfläche ist der Platz im Gießerweg 2a allerdings begrenzt. Bereiche wie Architektur oder Gebrauchsgrafik werden jährlich wechselnd zum Wernigeröder Museumsfrühling im Außenbereich thematisiert, so Axel Rachwalski. Dazu liefen bereits zahlreiche Sonderschauen. So erfreuten die Titelblätter von Werner Klemke für „Das Magazin“ viele Besucher, die der in Weißensee lehrende Professor 35 Jahre lang monatlich ablieferte. Modernes Bauen als soziales Programm rückte der Bildbericht über Halle-Neustadt, die Stadt der Chemiearbeiter, mit seinen über das ganze Stadtgebiet verteilten Kunstwerken sowie den selbst in Westdeutschland in Lizenz produzierten HP-Dachschalen-Konstruktionen von Herbert Müller in den Fokus.

Die Entwicklung auf dem Gebiet des Signets hin zu laut Rachwalski „wunderbar klaren Sinnbildern“ bewies eine Ausstellung des Verbandes bildender Künstler von 1970. Im selben Jahr wurden die Gestaltungsgrundsätze für die heute noch bekannte Marke „Aka Electrica“ von einer Gruppe Leipziger DEWAG-Grafiker erarbeitet – vorgestellt zum Museumsfrühling 2016. Aktuelles Thema sind „Gedanken zu Dingen“, so der Ausstellungschef: „Diese sollten wir uns auch heute noch machen, wenn wir wieder einmal meinen, etwas eigentlich Funktionsfähiges wegwerfen zu müssen.“

Öffnungszeit: sonntags von 13 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung, E-Mail: form-museum@web.de, Infos im Internet unter: http://www.form-gestaltung-ddr.de/