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Fairtrade Kritik am Vorpreschen der Verwaltung

Wernigerodes Stadtverwaltung bemüht sich um den Titel Fairtrade-Town - ohne dass dazu ein Stadtratsbeschluss vorliegt.

Von Julia Bruns 11.09.2016, 08:00

Wernigerode l Wurde das Pferd falsch herum aufgesattelt? Die Wernigeröder Stadtverwaltung bemüht sich seit Herbst 2014 um den Titel Fairtrade-Town – ohne dass dazu ein Stadtratsbeschluss vorliegt.

Um den Titel zu erlangen, ist eine Steuerungsgruppe mit zwei Vertretern des Stadtrates, der Verwaltung und aus der Wirtschaft eingerichtet worden. Im Wintersemester 2015/16 befragten Tourismusmanagement-Studenten der Hochschule Harz Vertreter aus Gastronomie und Wirtschaft zu fair gehandelten Produkten. Die Volksstimme berichtete mehrfach über das Engagement der Verwaltung, zusätzlich zu den Titeln „Bündnis Kommunen für biologische Vielfalt“ und „Kommune der Nachhaltigkeit“ auch Fairtrade-Town werden zu wollen.

Frank Diesener kritisiert dieses Vorgehen im Rathaus scharf. Der Stadtrat sei übergangen worden. „Wieder einmal mehr ist die Zeitung medialer Kommunikator zwischen Verwaltung und Stadtrat“, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende von CDU/Haus & Grund. Seine Fraktion habe erst aus der Volksstimme von der Kampagne erfahren. Der Ratsbeschluss hätte am Anfang und nicht erst am Ende der Bewerbung stehen müssen, so der CDU-Politiker. Dieser Ansicht ist auch sein Fraktionschef Roland Richter: „Die Sache an sich ist sicher nicht verkehrt, aber es musste Zeit und damit Geld von der Verwaltung investiert werden – daher ist es nicht der richtige Weg, erst die Bewerbung vorzubereiten und dann den Rat zu fragen.“ Der Ratsbeschluss steht Fairtrade Deutschland zufolge an erster Stelle der Voraussetzungen für den Titel.

Die SPD-Fraktion fühle sich weder übergangen noch bevormundet, sagte Kevin Müller auf Volksstimme-Nachfrage. „Die Diskussion kommt noch in den Stadtrat“, so der SPD-Fraktionschef. „Man hätte es vielleicht anders kommunizieren müssen, aber wer das kritisieren will, der soll es eben offen ansprechen.“ Thomas Schatz habe Katrin Anders, die Büroleiterin des Oberbürgermeisters mehrfach daran erinnert, dass bisher kein Stadtratsbeschluss vorliegt. Sie bereitet die Bewerbung vor. „Aber es wurde immer weiter an dem Thema gearbeitet. Frank Diesener hat Recht – am Anfang hätte der Stadtratsbeschluss stehen müssen“, so der Linke-Fraktionsvorsitzende. Überrascht worden sei er von dem Thema nicht – er sei per Email auf dem Laufenden über die Bewerbung gehalten worden.

Sabine Wetzel ist neben Martina Tschäpe (SPD-Fraktion) Mitglied der Steuerungsgruppe. Die Chefin der Grünen/Piraten-Fraktion im Stadtrat kennt daher die Abläufe der Bewerbung. „Was ich belegen kann, ist, dass die Fraktionen im Februar 2016 von Frau Anders gebeten wurden, einen Vertreter zu benennen, der das Thema in der Arbeitsgruppe begleitet – leider waren bisher nur Frau Dr. Tschäpe und ich regelmäßig anwesend“, so Wetzel. „Da die Stadt schon viele vorbereitende Schritte geschafft hat, muss man die Vorbereitungen sicher nicht noch nachträglich beschließen, aber den Antrag auf den Titel schon.“