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Familie Liebeslose am weißen Christbaum

Weihnachten mit sieben Kindern, das muss doch Stress sein: „Ja“, sagt Annett Rieche in Stiege, aber der lohne sich.

Von Burkhard Falkner 24.12.2018, 00:01

Stiege l Von „So viel Heimlichkeit… “ wird dieser Tage in einem Weihnachtslied oft gesungen. Für eine neunköpfige Familie ist das mit der Heimlichkeit aber gar nicht so leicht. Das wissen Annett und Ronny Rieche mit ihren sieben quirlig-neugierigen Kindern nur zu genau.

Heute endet endlich ihr emsiges Bemühen, die Gaben im Haus vor der Bescherung gut zu verstecken. Und wenn die Kinder dann in die matt erleuchtete Stube stürmen, große Augen bekommen und sich gegenseitig beim Auswickeln der Gaben helfen, „dann ist das für mich der schönste Moment des Jahres, hat sich der ganze Stress gelohnt“, sagt Mutter Annett, sichtlich gerührt und schon in Vorfreude auf den heutigen Nachmittag.

Die Vorbereitung darauf begann bei Rieches schon im Sommer. Und zwar mit dem Schreiben oder Malen von Wunschzetteln, die der Reihe nach am Kühlschrank auftauchten, gern auch mal doppelt. Liam und Lucy schrieben das Wort „Handy“ darauf, Leon wünscht sich eine Bass-Box, Louis, Luan und Lio malten unter anderem einen Traktor und eine Polizeistation. Nur der jetzt ein Jahr alt werdende Julius Iven kann weder schrei-ben noch malen. Muss er auch nicht. Er bekam kürzlich – quasi zum Fest – die Ehrenpatenschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Dass ihr Weihnachtsbaum weiß und nicht grün ist, zudem aus einer Schachtel statt aus dem Wald kommt, stört keinen in der Familie wirklich. Einen echten Baum hatten sie auch schon, erzählt Vater Ronny. Aber mal habe sich eines der Kinder einen Zweig ins Auge gepiekt, und dann die Nadeln überall im Haus... Der Kunstbaum sei besser, zumindest so lange kleine Kinder da seien.

Und so wird dieser weiße Weihnachtsbaum heute Vormittag gemeinsam von allen geschmückt. Zum Mittagessen gibt es – traditionell wie so oft im Harz – Kartoffelsalat und Bockwurst.

Nur ins Bett geschickt, wie auch vielerorts üblich, werden die kleinen Rieche-Kinder nicht. „Die würden eh nicht schlafen“, so Annett Rieche. Stattdessen werde gemeinsam gespielt, auf die Großeltern gewartet und das Glas mit den Liebeslosen hervorgeholt. Die hat die Familie zuvor selbst gemeinsam beschriftet und gebastelt. Es sind Antworten auf die Frage „Warum ich dich liebe..“ „Erstaunlich, wie viele Antworten man findet“, sagt Annett Rieche. Das Einweckglas ist gut gefüllt für den heutigen Nachmittag des Wartens auf die Bescherung.

Erwartet wird heute auch Sohn Mick aus einer vorherigen Ehe. Er macht das Dutzend freudiger Erwartung voll. Gegen 15 Uhr ist bei Rieches die Bescherung geplant. „Dann haben die Kinder genug Zeit, mit den neuen Sachen zu spielen, und es abends nicht so spät wird“, sagt Vater Ronny. Die Zeit bis dahin vergehe meist wie im Fluge für die Erwachsenen. Den Kindern erscheint sie endlos, aber dann kommt er wirklich, der Moment der Bescherung. Für ein Kind, den dreijährigen Lio, beginnt sogar ein neuer Lebensabschnitt: Nach Tradition in der Großfamilie hat er seinen Nuckel abzugeben und darf ihn an den Weihnachtsbaum hängen.