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FDP im Harz Liberale sind wieder auferstanden

Lange ist es ruhig gewesen um die Liberaldemokraten - nun erlebt die FDP in Wernigerode eine ungeahnte Eintrittswelle.

Von Julia Bruns 07.08.2016, 11:00

Wernigerode l „Hier gibt es etwas aufzubauen“, sagte sich Frank Muttschall, als er sich vor anderthalb Jahren entschloss, den Freien Demokraten beizutreten. „Damals hatte der Verband in Wernigerode noch vier Mitglieder“, erinnert sich der gebürtige Thüringer im Gespräch mit der Volksstimme. Mittlerweile sind es zwölf Lokalpolitiker – Tendenz steigend. Muttschall ist Wirtschaftsgeograph und hat bis vor Kurzem in der Immobilienbranche gearbeitet. Vor zwei Jahren ist er von Berlin nach Wernigerode gezogen. Dann fiel die Entscheidung, sich politisch zu engagieren. „Ich habe schon lange mit dem Gedanken gespielt“, sagt der 60-Jährige.

Dass der FDP in den letzten Jahren nicht gerade die Türen eingerannt wurden, ist Muttschall bewusst. Sein Parteifreund Steffen Rogge sieht genau das als Chance. „Die FDP lag nach jahrelanger, verfehlter Politik am Boden“, sagt Rogge. „Jetzt sind wir dabei, uns aufzurappeln.“

Nachdem die Partei bei der Landtagswahl knapp an der 5-Prozent-Hürde scheiterte, konzentriert man sich im Harz voll auf die Bundestagswahl 2017. „Einen Kandidaten wird es definitiv geben“, sagt Steffen Rogge.

Viel stärker als bisher will sich der FDP-Ortsverband kommunal engagieren. „Die Haushaltsentwicklung in Wernigerode betrachten wir mit großer Sorge. Die Stadt stand einmal sehr gut da und beschreitet einen gefährlichen Weg“, sagt der 36-Jährige. „Wir sind dagegen, dem Bürger in die Tasche zu greifen, Beiträge für Kindertagesstätten und die Grundsteuer zu erhöhen.“

Kritisch sehe der Verband die Investitionen in Schierke. „Der Stadtrat hat vor einigen Jahren im guten Glauben der Ortsentwicklung zugestimmt. Als Unternehmer muss man sich eingestehen, wenn man merkt, dass man eine falsche Entscheidung getroffen hat und diese korrigieren.“ Dem Stadtrat werde stattdessen suggeriert, er müsse alle weiteren Investitionen abnicken.

Die FDP will sich auch für eine offenere Gründerszene in Wernigerode einsetzen und dabei helfen, Netzwerke aufzubauen. „Im nächsten Stadtrat wollen wir definitiv mit mindestens drei Mitgliedern vertreten sein. Ich kann mir vorstellen, selbst zu kandidieren“, sagt Rogge.

Er ist der FDP im April beigetreten. Warum ausgerechnet der FDP? „Die Hierarchien sind nicht so verfestigt wie in den anderen Parteien. Ich kann mich gut einbringen. Es ist ein sehr kollegiales Miteinander“, sagt er. Er spricht von einer „Politik ohne Visionen“, die in vielen etablierten Parteien vorherrsche. „Ich war zwölf Jahre lang in der CDU in Wernigerode. Im März bin ich ausgetreten.“ Gerade jungen Menschen werde es schwer gemacht, sich in den großen Parteien Gehör zu verschaffen und aufzusteigen.

Seit seinem Wirtschaftsstudium an der Hochschule Harz lebt er in Wernigerode. Er arbeitet mit seiner Frau Manuela Koch-Rogge, die ebenfalls den Liberaldemokraten beigetreten ist, im Institut für Dienstleistungs- und Prozessmanagement. Bislang ist sie die einzige Frau im Verband. „Noch! Es gibt zwei Interessentinnen“, sagt Rogge. Eine sei bei dem letzten Infostammtisch in einem Elbingeröder Gasthaus spontan auf die Mitglieder zugegangen und habe sich die Beitrittsunterlagen geben lassen. Ihm ist es wichtig, dass sich der Ortsverband auch präsentiert, wenn keine Wahlen anstehen. „Im September werden wir mit einem Stand in der Innenstadt vertreten sein“, kündigt er an.