Finanzen Wege aus der Zinsflaute

Niedrige Zinsen, wenig Ertrag: Für Stiftungen ist die dauernde Flaute ein Problem. Fünf Wernigeröder Institutionen suchen andere Wege.

Von Katrin Schröder 19.07.2016, 01:01

Wernigerode l Die Zinsen sind seit geraumer Zeit im Keller. Gut für Kreditnehmer, schlecht für Sparer – und für Stiftungen. Deren Grundprinzip, den Zinsertrag des Stiftungsvermögens für gute Zwecke einzusetzen, funktioniert angesichts der anhaltenden Zinsflaute nicht. Die Harzer Volksstimme hat sich umgehört, wie Wernigeröder Stiftungen damit umgehen.

Die Wernigeröder Hospitälerstiftung Sankt Salvatoris, Sankt Nicolai, Sankt Georgii und Sankt Johannis zum Beispiel unterstützt soziale Projekte und verleiht den Wernigeröder Bürgerpreis. Ihre Arbeit wird durch die aktuelle Finanzpolitik erschwert, sagt Michael Hamecher, bei der Wernigeröder Stadtverwaltung zuständig für die Stiftungen. Er weiß: „Mit 125 000 Euro Stiftungskapital bekommt man fast keine Zinsen mehr.“ 4000 bis 5000 Euro werden pro Jahr gebraucht. Deshalb ist Hamecher froh, dass einige Unterstützer regelmäßig Geld geben. Das Beispiel von Ludwig Hoffmann dürfe gern Schule machen Der frühere Oberbürgermeister hatte zum Geburtstag um Spenden für die Hospitälerstiftung gebeten. „Das hat uns richtig etwas gebracht.“

Michael Hamecher führt die Geschäfte für die Hospitälerstiftung und die Stiftung Schloss Wernigerode. Mit einem Grundstockvermögen von rund 1,2 Millionen Euro steht letztere auf deutlich größerem Fuß und verzeichnet zudem Einnahmen aus der Vermietung von Räumen. Ihre Aufgaben, unter anderem die bauliche Erhaltung des Wernigeröder Wahrzeichens, sind kostenintensiv. Für die Sicherung der Stützmauern des Schlosses bringt die Stiftung zum Beispiel aktuell rund 200 000 Euro Eigenanteil auf.

Dass dies möglich ist, ist einer weitsichtigen Anlagepolitik zu verdanken, sagt Hamecher. „Wir haben das Geld breit gestreut.“ Beträge von 50 000 bis 100 000 Euro verteilen sich auf acht Anlageprodukte, die langfristig Ertrag bringen. „Wir haben einen guten Finanzberater“, so Hamecher – und als ehrenamtlicher Vorstand kostet dieser nichts.

Mitarbeiter, die Geld kosten, hat die Orchesterstiftung nicht – zum Glück, sagt Vorstandsvorsitzende Johanna Reschke. Mit dem Stiftungsvermögen von rund 280 000 Euro sind große Sprünge nicht drin. „Mit Geld kann man im Moment nicht viel anfangen. Wir haben unter zwei Prozent Rendite. Besser wäre eine Immobilie.“ Rund 5000 Euro gibt die Orchesterstiftung jährlich für das Philharmonische Kammerorchester aus. Gefördert werden ein Oster- und ein Adventskonzert sowie Anschaffungen. „In diesem Jahr brauchte das Orchester dringend ein neues Auto“, so Johanna Reschke. Kurzfristig hat die Stiftung 2500 Euro für das Abschlusskonzert des Klavierwettbewerbs „Neue Sterne“ gegeben. Mehr Spenden könnte die Stiftung gut gebrauchen, so Johanna Reschke. Sympathisanten gebe es zwar viele, doch es gehe nur wenig Geld ein. „Wir haben aber eine ganz treue Spenderin, die uns jedes Jahr 50 Euro überweist.“

Einen anderen Weg geht die Stadtwerke-Stiftung. „Die finanziellen Mittel für die Projektförderung stammen zum größten Teil aus den jährlichen Zuwendungen der Stadtwerke Wernigerode“, informiert Steffen Meinecke. Der Stadtwerke-Geschäftsführer leitet im Ehrenamt die Stiftung, die Projekte vor allem in Bildung, Erziehung, Wissenschaft und Forschung fördert. Mehr als 50 waren es in den vergangenen fünf Jahren. 2016 wurden ein Beamer für die Freie Grundschule und eine Multimedia-Anlage für die Diesterweg-Schule finanziert. Der Kinder- und Mädchenchor erhielt einen Zuschuss für die Teilnahme am nationalen Chorfestival in Stuttgart. Rund 20 000 Euro gibt die Stadtwerke-Stiftung pro Jahr. Bei einem Grundstockvermögen von rund 88 000 Euro spielen Zinsen keine Rolle. „Würden lediglich die Zinserträge zur Verfügung stehen, könnte maximal ein Projekt pro Jahr unterstützt werden“, so Meinecke.

Wenn es nur nach Zinsen ginge, wäre die Kulturstiftung Wernigerode schnell am Ende. Gegründet mit dem damaligen Mindestkapital von 25 000 Euro, war die Stiftung „von Anfang an darauf ausgelegt, ihre laufenden Kosten selbst zu erwirtschaften“, so Vorstand Rainer Schulze. Die Stiftung bewirtschaftet das Museum Schiefes Haus und die Galerie 1530. Rund 20 000 Besucher bringen 20 000 Euro Einnahmen pro Jahr. Davon werden Betriebskosten, Mitarbeiter und Veranstaltungen bezahlt. Möglich ist dies, weil die städtischen Gebäude gut in Schuss sind und viele sich ehrenamtlich engagieren. „Wir haben keine finanziellen Sorgen.“