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Flächennutzungsplan Bürokratie bremst Garagenbau in Silstedt aus

Ein Silstedter will auf dem Familiengrundstück eine große Garage bauen. Doch vom Bauordnungsamt und der Stadt Wernigerode kommen Absagen.

Von Katrin Schröder 16.09.2019, 01:01

Silstedt l Der Wind fährt durchs Gras und die Zweige der Bäume. Rehe grasen im Garten an der Schmiedestraße in Silstedt. „Rechts war ein Gemüsegarten, links liefen die Hühner“, sagt Thomas Hene. Rund 2500 Quadratmeter groß ist das Grundstück der Familie, auf dem Sohn Jan Madaus eine Garage bauen will. Doch das ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Inzwischen hat sich auch der Ortschaftsrat mit dem Thema befasst.

Der 37-Jährige ist in Silstedt aufgewachsen, ging zum Studium nach Magdeburg und lebt inzwischen in Wolfsburg. Nun möchte er wieder ins Elternhaus einziehen, der Umzug ist für nächstes Jahr geplant. Platz braucht er aber nicht nur für sich und seine Familie, sondern auch für seine Fahrzeuge: Jan Madaus besitzt vier Autos sowie Motorräder, die er selbst instandsetzt. Die geplante Garage soll rund 100 Quadratmeter groß werden und Raum für eine eigene Werkstatt bieten.

Das Grundstück wäre groß genug. Früher war dort Acker, seit 15 Jahren ist es eine Wiese, berichtet Madaus. Auf der einen Hälfte soll die Garage entstehen, auf der anderen sollen Gras und Rehe bleiben. Ob es klappt, ist fraglich: Das Bauordnungsamt hat das Grundstück dem Außenbereich zugeordnet, das Projekt werde nicht genehmigt. Jan Madaus kann die Entscheidung nicht nachvollziehen. Nebenan befinden sich Nachbargrundstücke und der Friedhof. „Es ist sehr grenzwertig, das als Außenbereich zu bezeichnen“, so Madaus.

Im Bauordnungsamt des Kreises sieht man das anders. „Ein Bebauungszusammenhang, wie er für die Anwendung des Paragrafen 34 des Baugesetzbuches erforderlich ist, ist nicht zu erkennen“, heißt es auf Volksstimme-Nachfrage – der Paragrafen legt fest, was als Innenbereich zu gelten hat. Die Abgrenzung sei nicht immer ganz eindeutig, so Amtsleiter Matthias Schönhardt. „Die Frage ist: Ist das eine Baulücke oder eine unbebaute Freifläche?“ Es gehe unter anderem um die Größe – wenn mehr als drei Einzelgrundstücke darauf Platz hätten, handele es sich um mehr als eine Baulücke.

Einen Bebauungsplan gebe es für das Gelände nicht: „Das Vorhaben befindet sich somit im unbeplanten Außenbereich.“ Im Paragraf 35 des Baugesetzbuches seien Kriterien, nach denen ein Bau auch dort erlaubt werden könne, aufgeführt. In diesem Fall seien aber mehrere „öffentliche Belange beeinträchtigt“, teilt das Amt mit. Es sei mit einem „planlosen Ausufern der Bebauung“ in den Außenbereich hinein zu rechnen. Zudem entspreche das Vorhaben „nicht der natürlichen Eigenart der Landschaft“. Damit sei nicht unbedingt die Natur gemeint, sondern das Umfeld, so Schönhardt. „Die Gestaltung der Umgebung bildet im Moment den Bau einer Garage nicht ab.“ Wenn der Kreis diese zulasse, greife er in die Planungshoheit der Stadt ein. Sie könne festlegen, was sie in dem Bereich vorhabe. Klar sei aber: Wenn eine Garage erlaubt werde, dürften die Nachbarn ebenfalls bauen.

Für Wernigerodes Stadtverwaltung zählt das Areal zwar zum Innenbereich. Im Flächennutzungsplan ist es unter „gemischte Bauflächen/Dorfgebiete“ verbucht. Abgelehnt hat sie das Projekt dennoch, weil sie das Grundstück als Grünfläche einordnet. Im Grunde gehe es um ein Bauprojekt in zweiter Reihe, erläuterte Michael Zagrodnik vom Wernigeröder Bauplanungsamt im Ortschaftsrat. Diese seien meist nicht gewollt, wenn es im Umfeld kein Vorbild dafür gebe. Die Eigentümer hingegen wollten ihren Grund bebauen. „Das Problem haben wir sehr oft – nicht nur in den Ortsteilen, sondern auch in der Stadt“, so Zagrodnik.

Schwierig sei zudem die Dimension der geplanten Garage. Angesichts der Größe werde von einer „nachbarschaftlichen Störung“ ausgegangen, so Zagrodnik. Es werde aber nicht geprüft, was die Nachbarn tatsächlich wollen. Denn die Anwohner seien dafür, dass die Familie die Garage baut, berichtet Jan Madaus. „Wir haben mit allen gesprochen. Sie haben nichts dagegen.“ Wenn der Unterstand nicht erlaubt wird, müsste er seine Fahrzeuge an die Straße stellen – und dort ist Parkraum knapp. „Wir haben keine Alternative“, sagt er.

Das sieht Ortsbürgermeister Karl-Heinz Mänz (CDU) ähnlich. „Wir haben in Silstedt große Probleme, dass Straßenzüge zugeparkt werden“, sagte er im Ortschaftsrat. Mänz und die Ratsmitglieder unterstützen Jan Madaus und sein Projekt. Der Ortschef möchte bisherige und künftige Einwohner an den Ort binden. „Wir wollen unsere Silstedter hier behalten.“ Mit Entscheidungen wie dem Nein zur Garage werde es Interessenten schwer gemacht, sich anzusiedeln. Warum, das sei ihm nicht klar. „Das versteht hier keiner.“

Jan Madaus hat derweil eine Anwältin eingeschaltet und gegen den Bescheid des Kreises Widerspruch eingelegt. Er sagt: „Damit nehmen sie uns jede Möglichkeit.“ Vielleicht aber auch nicht: Mit einer Satzung könne man unter Umständen den Bau ermöglichen. „Für eine Garage haben wir noch nie eine Bauleitplanung gemacht“, sagte Zagrodnik in der Sitzung. Rainhald Deter fragte: „Aber es ist nicht ganz ausgeschlossen?“ Das werde geprüft, so Zagrodnik. Das städtische Bauamt wolle Madaus zur Seite stehen, sich mit ihm und Kreisvertretern an einen Tisch setzen. „Das können wir nur im Gespräch klären.“ Kommentar