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Friedhof Dreiste Diebe stören die Totenruhe

Auf Wernigerodes Friedhöfen sind Diebe unterwegs. Bei den Angehörigen kocht die Wut hoch. Die Verwaltung verweist auf die Polizei.

Von Ivonne Sielaff 29.11.2016, 00:01

Wernigerode l Entsetzen bei den Besuchern des Theobaldi-Friedhofs: Diebe treiben dort ihr Unwesen, wo die Toten ruhen. „Von unserer Grabstelle wurde ein Gesteck entwendet“, wendet sich Heidrun Klinke an die Volksstimme. „Was sind das nur für Menschen, die so unverständlich und pietätlos handeln? Eine traurige Entwicklung“, so die Leserin.

Julia Schmeyers hat ähnliche Erfahrungen gemacht. „Seit vier Jahren ist mein Vater tot. Seither wird eigentlich wöchentlich etwas gestohlen.“ Solarlampen, Figuren und kürzlich erst Gestecke. „Es wurden bereits drei Gestecke entwendet“, so die Wernigeröderin.

Keine Einzelfälle, wie Viola Berwig-Holtzhauer von der Verwaltung des Theobaldi-friedhofs bestätigt. „Ich habe den Eindruck, dass es in diesem Jahr besonders schlimm ist. Gerade im November, wenn die Angehörigen frische Gestecke auf die Gräber legen“, sagt sie auf Volksstimme-Nachfrage. Es entstehe nicht nur materieller Schaden. „Hier werden Leute bestohlen, die sehr geliebt wurden. Wenn die Beerdigung noch nicht lange zurückliegt, ist es für die Angehörigen besonders schmerzhaft.“

Auf dem Wernigeröder Zentralfriedhof sind Diebstähle ebenfalls seit langem ein Problem, „das wir nicht lösen können“, sagt Wernigerodes Gartenamtschef Frank Schmidt. „Wir dürfen den Friedhof nicht mit Kameras überwachen – wegen des Personen- und Datenschutzes.“ Wenn jemand eine Blumenschale von A nach B trägt, sei das erst einmal nicht verdächtig. „Und wir können nicht jeden unter Generalverdacht stellen“, so Schmidt. Zudem hätten er und seine Mitarbeiter rein rechtlich überhaupt keine Möglichkeiten einzugreifen. „Als Verwaltung dürfen wir die Leute nicht einfach ansprechen und die Personalien verlangen. Das darf nur die Polizei.“

Julia Schmeyers hat deswegen inzwischen Anzeige erstattet. Und auch Viola Berwig-Holtzhauer ermutigt Betroffene, sich an die Polizei zu wenden.

Anzeigen halten sich bisher jedoch in Grenzen, wie Uwe Becker, Sprecher des Polizeireviers Harz, auf Anfrage informiert. Seit 2014 sei in Wernigerode jeweils nur eine Anzeige pro Jahr wegen Diebstahls beziehungsweise Störung der Totenruhe aufgenommen worden. Im gesamten Harzkreis waren es neun Anzeigen für 2014, neun für 2015 und bisher zehn für 2016.

Abgesehen hatten es die Diebe dabei hauptsächlich auf Grabbepflanzung, Blumen, Grabschmuck und Buntmetall. Mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe müsste ein überführter Dieb für den Tatbestand „Störung der Totenruhe“ rechnen, so Polizeisprecher Uwe Becker. Allerdings sei die Aufklärungsquote relativ gering.