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Gastgewerbe Eine Perle mit Geschichte

Familie Tröger hat in Schierke eine alte Villa erworben, sie denkmalgerecht saniert und als Hotel wieder eröffnet.

Von Ivonne Sielaff 10.05.2017, 01:01

Schierke l Etwas versteckt am Nordhang des Barenbergs liegt die Schierker Waldperle. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit ist die denkmalgeschützte Villa 2016 aufwändig saniert und als Hotel wieder eröffnet worden. Für die neue Besitzerin eine Herzensangelegenheit. „Mein Mann und ich haben gezielt nach einem solchen Gebäude gesucht“, sagt Melanie Tröger.

In Niederndodeleben gehört dem Paar eine weitere historische Villa. „Wir wussten also, welcher Aufwand bei der Sanierung auf uns zukommt.“ 500.000 Euro haben die Trögers investiert. Anhand von alten Fotos, nach langer Recherche und in Zusammenarbeit mit der Denkmalbehörde ist es ihnen innerhalb weniger Monate gelungen, dem alten Haus sein einstiges Antlitz wieder zu verleihen.

„Wir haben das Dach komplett neu mit schwarzen Ziegeln eingedeckt“, informiert Melanie Tröger. Früher sei das Dach auch schwarz gewesen. Ob Ziegel oder Schiefer, das lasse sich auf den alten Ansichten nicht genau erkennen. „Die letzten Jahrzehnte war nur Dachpappe drauf. Es hat reingeregnet. Deshalb mussten wir einen Teil des Gebälks erneuern.“

Sämtliche Fenster und Türen seien ausgetauscht worden. „Zudem haben wir den Keller zur Wellnessoase mit Whirlpool und Sauna ausgebaut. Er war vorher ungenutzt und völlig verdreckt.“ Probleme bereitete dabei das Schichtenwasser aus dem Barenberg, das in das Gebäude drückt. „Im Keller haben keine Fliesen an der Wand gehalten.“

Bei den Bauarbeiten haben die Trögers selbst mit angepackt. „Mein Mann hat unter anderem die gesamte Elektrik erneuert. Ich selbst kenne so gut wie jede Schraube in dem Haus.“

Und die Mühe hat sich gelohnt: Elf vollständig eingerichtete Gästezimmer – darunter neun Doppelzimmer und zwei Familienzimmer. Dazu pro Etage ein größerer Raum mit Küche, in dem Reisegruppen gemeinsam kochen, speisen und fernsehen können.“ Abendessen wird auf Wunsch von der benachbarten Ferienanlage „Zum Wildbach“ und vom Restaurant „Zur Klippe“ geliefert. „So kann ich Halbpension anbieten.“

Kurz vor Weihnachten 2016 feierten die Trögers groß Eröffnung. „Ich bin eigentlich nicht vom Fach, entscheide aus dem Bauch heraus“, sagt Melanie Tröger. Vorher habe sie als Pflegegutachterin beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen gearbeitet. „Aber ich wollte mich verändern.“ Dank des schneereichen Januars und Februars liefen die ersten Wochen super.

„Ich habe alles allein gemacht, Buchungsannahme, Gäste empfangen, Frühstück vorbereiten, putzen. Das war viel Arbeit. Ich habe einfach nur funktioniert.“ Dann die Gästeflaute im März. „Da war gar nichts mehr. Inzwischen ist das Geschäft wieder angelaufen.“ Das erste Jahr sei schwierig, damit habe sie gerechnet, sagt Melanie Tröger. „Das müssen wir überstehen.“ Wie viele andere Hoteliers setzt sie auf die Feuerstein-Arena, die Ende 2017 eröffnen soll, und auf die Realisierung des Winterbergprojektes. „Das sind Attraktionen, die uns hoffentlich ganzjährig Übernachtungsgäste nach Schierke locken.“

Dankbar ist die frischgebackene Hotelbetreiberin für die Unterstützung ihrer Nachbarn. „Hier helfen sich alle gegenseitig. Das ist toll.“ Einer dieser Nachbarn ist Klaus Conradi. Der pensionierte Lehrer beschäftigt sich seit Jahren mit der Geschichte der Schierker Gebäude. Auch über die Villa von Melanie Tröger hat er etliche Informationen, Fotos und Dokumente zusammengetragen.

Das Grundstück gehörte einst zur Villenkolonie am Barenberg und wurde 1907 von der Familie Aßmann gekauft, die darauf eine Pension mit 30 Betten errichtete. „Das Interessante: Das Areal befand sich damals nicht in Schierke, sondern gehörte bis 1931 zum Forstgutsamt Elend und damit zum Königreich Hannover“, berichtet Conradi.

Über die Jahre sei das Haus von verschiedenen Betreibern weiter als Pension geführt worden, bis auf die Zeit des Zweiten Weltkrieges, als die Villa als Lazarett genutzt wurde. In den 1960er Jahren gehörte das Gebäude als Gästehaus zur Friedrich-Schiller-Universität Jena, danach als Urlauberwohnheim dem FDGB-Feriendienst und als Bettenhaus zum „Hermann Duncker“. Nach der Wende wurde es erst von Familie Mros, dann von Familie Koch betrieben und gelangte zuletzt in den Besitz eines kanadischen Russen.