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Hochwasserdebatte Harsche Kritik an den Kreis

Klare Worte auf der Bürgerversammlung in Silstedt zum Hochwasserschutz. Herbe Kritik für die Fehlentscheidung der Harzer Kreisverwaltung.

Von Regina Urbat 25.08.2017, 01:01

Silstedt l Auf der Bürgerversammlung in Silstedt sind in mehrerer Hinsicht sehr deutliche Worte gefallen. Ortsbürgermeister Karl-Heinz Mänz (CDU) ließ zunächst die dramatischen Stunden des Hochwassers und der Überschwemmungen vom 26. und 27. Juli im Ort Revue passieren. Während er den Einsatz aller, die über mehrere Tage couragiert und aufopferungsvoll geholfen hatten, in seinem und im Namen der Geschädigten in höchsten Tönen lobte, kritisierte er scharf das Verhalten der Harzer Kreisverwaltung.

„Es war eine klare Fehlentscheidung, keinen Katastrophenalarm auszulösen“, sagte Mänz. Und die Einschätzung von Georg Türke, Ordnungsamtsleiter in Halberstadt, die Hochwasserlage sei normal gewesen, „ist eine Erniedrigung für die betroffenen Bürger“, haderte Mänz weiter und fügte hinzu: „Bis heute hat sich keiner der Verantwortlichen aus Halberstadt bei uns blicken lassen, geschweige entschuldigt.“ Ausgenommen Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse, der während des Hochwassers ständig vor Ort war.

Zur Bürgerversammlung am Mittwochabend im Feuerwehrgerätehaus in Silstedt waren zumindest die Mitarbeiter der Kreisverwaltung anwesend, die nun mit den Flutschäden zu tun haben. Geladen waren auch Vertreter des Landesbetriebes für Hochwasserschutz, des Unterhaltungsverbandes Ilse-Holtemme und der Wernigeröder Stadtverwaltung. Sie alle standen in der Diskussion Rede und Antwort und bekamen am Ende konkrete Forderungen für einen besseren Hochwasserschutz mit auf den Weg.

In aller Deutlichkeit wurde von Bürgern, Ortschaftsratsmitgliedern und Bürgermeister Mänz gefordert, die Bruchstelle der Holtemme umgehend zu beräumen. Bäume, Äste und angeschwemmtes Steingut sollen raus, damit das Wasser wieder im Flussbett fließen kann. Die von den Stadtwerken Wernigerode verlegte Gasleitung sei längst am Netz. Mehrfach fragten Anwesende: „Vier Wochen sind vergangen, wann wird nun endlich Ordnung geschaffen?“

Christoph Ertl vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz versicherte, dass bei der Besichtigung, die für den heutigen Freitag ansteht, nicht nur die Planung für die Behebung der Schäden, sondern auch Aufräumarbeiten Gegenstand sein werden. Außerdem sagte der für den Harz verantwortliche Flussbereichsleiter zu, in einer nächsten Bürgerversammlung die neuen Hochwasserschutzpläne für Silstedt vorzustellen, „vielleicht schon im Herbst“. Erwägt wird nämlich der Bau von Deichen an der Holtemme.

Weiter gab es die Forderung an Ertl, Pegelmessleisten an den Holtemmebrücken wieder anzubringen. Generell wurde zudem gefordert, die Durchlässigkeit an Brücken und Durchlässen regelmäßig zu überprüfen. In dieser Hinsicht ist auch der Unterhaltungsverband Ilse-Holtemme gefordert. Er ist für die Gräben beziehungsweise Zuflüsse zuständig. Neben der Holtemme besteht auch vom Silstedter Graben aus ständig Überflutungsgefahr. Nadja Effler, Chefin des Unterhaltungsverbandes, sicherte an dem Abend ihre Unterstützung zu.

Für mehr Ordnung und Sauberkeit zu sorgen, darum wurde auch Wernigerodes Sozialdezernent Christian Fischer gebeten. Beispielsweise sollten endlich die „vergessenen Sandsäcke“ vom Hof der ehemaligen Molkerei entfernt und der Lagerplatz des Bauhofes in Silstedt dringend aufgeräumt werden. Letzterer befindet sich in Nachbarschaft des Kuhstalls und „ist voll mit Schuttbergen, Steinen und anderem Geröll, was beim Hochwasser mit dazu geführt hatte, dass die Mühlenstraße so schnell voll gelaufen ist“, sagte ein Einwohner.

Diese und andere Schuldzuweisungen spielten in der Versammlung eine untergeordnete Rolle. Vielmehr wolle man nach vorn schauen, um gemeinsam den Hochwasserschutz zu verbessern. Dazu gehörte ein eindringlicher Appell von Ronny Leseberg: „Der Schutz der Natur darf nicht vor dem Schutz von Mensch und Tier stehen“, betonte Silstedts Vize-Wehrleiter. Deshalb sei es an der Zeit, Umweltschutzauflagen, die die Arbeit der Verantwortlichen für Gewässer-Unterhaltung und -Schutz über die Jahre immer mehr erschwerten, auf den Prüfstand zu stellen.