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Kläranlage Feuchttücher verstopfen Pumpen

Feuchttücher in der Toilette stellen den Wasser- und Abwasserverband Holtemme-Bode in Silstedt vor große Probleme.

Von Katrin Schröder 05.07.2016, 01:01

Wernigerode l Sie sind allgegenwärtig – im Bad, in der Küche und auf dem Wickeltisch. Feuchttücher sind praktisch, saugfähig, schnell zur Hand – und für den Entsorger ein großes Problem. Immer häufiger verstopfen Tücher, die in die Toilette geworfen werden, ihre Anlagen – auch in Wernigerode und Umgebung. „Die Probleme mit den Feuchttüchern entstehen vor allem an den Pumpwerken“, sagt Stephan Sterzik, Fachbereichsleiter für Wasserversorgung und Abwasserentsorgung beim Wasser- und Abwasserverband Holtemme-Bode (WAHB).

Mehr als 60 Pumpwerke unterhält der Verband in seinem Einzugsbereich, der neben Wernigerode auch Ilsenburg, die Gemeinde Nordharz, Derenburg und die Stadt Oberharz umfasst. Nötig sind sie dort, wo das Abwasser nicht durch vorhandenes Gefälle in den Rohren zur Kläranlage transportiert werden kann. Jedes Pumpwerk verfügt über zwei bis drei Pumpen, die das Abwasser weiterleiten.

Schwierigkeiten bereiten vor allem Pumpen, die nass aufgestellt sind, sich also mitten im Abwasser befinden, erklärt Sterzik. Schneidräder sorgen dafür, dass große Bestandteile zerkleinert werden, bevor sie in die Pumpe gesaugt werden. Bei Feuchttüchern kapitulieren die Anlagen häufig. „Erst wickelt sich ein Tuch um das Schneidrad, dann das nächste, und irgendwann steht die Pumpe still“, so Stephan Sterzik. Ebenso kommt es vor, dass sich die Wischhilfen zu Klumpen ballen und die Anlagen blockieren. „Solche Vorfälle verzeichnen wir fast jede Woche“, sagt der Abwasserfachmann.

Wenn es so weit gekommen ist, müssen Techniker ausrücken und die Pumpe instandsetzen, was bis zu zwei Stunden dauern kann – je nachdem, ob die Pumpe auseinandergebaut und eventuell defekte Teile ersetzt werden müssen. Mit 150 Euro pro Stunde schlägt so ein Einsatz zu Buche, Materialkosten sind da noch nicht eingerechnet.

„Da kommt einiges zusammen“, bestätigt Christine Knoblauch, Fachbereichsleiterin für Finanzen beim WAHB. Die Kosten fließen in die Kalkulation der Gebühren mit ein.

Dabei wären sie vermeidbar, betonen die WAHB-Mitarbeiter. Denn wie die Feuchttücher darin entsorgt werden sollen, ist auf den Packungen vermerkt. Feuchttuch ist dabei nicht gleich Feuchttuch, betont Stephan Sterzik. Feuchttücher, mit denen Babys gesäubert werden, haben in der Regel langfaserige Strukturen und sind recht reißfest.

Das gleiche gilt in der Regel für Kosmetiktücher, mit denen sich Schminke entfernen lässt. „Die Schneidräder schaffen es nicht, diese Tücher durchzuschneiden.“ Feuchtes Toilettenpapier hingegen ist in der Regel weniger stabil und darf im WC heruntergespült werden. „Wir wollen nicht die Verwendung verbieten, sondern daran erinnern, dass die Tücher so verwendet und entsorgt werden sollen, wie es auf der Packung beschrieben ist“, sagt Sterzik.

Mit den Feuchttücher-Sorgen stehen die Harzer nicht allein. „Es ist ein flächendeckendes Problem“, weiß Stephan Sterzik. Deshalb steht er mit Kollegen aus Sachsen-Anhalt und bundesweit im Austausch. Erst kürzlich war er auf einer Fachtagung, Informationen werden ausgetauscht, Artikel zum Thema geschrieben. Für Aufsehen hat eine Firma aus Oscherleben gesorgt, die Pumpen mit einem Schneidwerk vertreibt, das besser mit den feuchten Wischhilfen fertig wird als herkömmliche Geräte.

Der WAHB will vier Wochen lang eine solche Pumpe testen. Eine komplette Umrüstung würde allerdings enorme Kosten verursachen, die den Abwasserpreis in die Höhe treiben könnten. „Wir reden dann von mehr als den bisherigen drei Euro pro Kubikmeter Abwasser“, so Sterzik. Dazu müsste es aber nicht kommen. „Wenn sich alle an die Spielregeln halten, gibt es weniger bis keine Probleme.“