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Kloster Himmelpforte „Luther war hier“ - und zwar 1516

Das Landesprojekt „Luther war hier“ vernetzt 66 Luther- Orte- darunter auch das Kloster Himmelpforte bei Wernigerode.

Von Ivonne Sielaff 05.08.2016, 01:01

Wernigerode l „Luther war hier“ - im einstigen Augustinerkloster Himmelpforte bei Wernigerode. An das Kloster selbst erinnern lediglich die Forellenteiche und der Rest einer Mauer, an den Besuch des großen Reformators der Lutherstein, den Graf Christian Ernst zu Stolberg-Wernigerode im Jahr 1917 aufstellen ließ.

Das wird sich ändern. Mit dem Projekt „Luther war hier“, sollen Orte, an denen der Kirchenmann einst weilte, bekannter gemacht werden. Die Initiative vernetzt 66 dieser Plätze in Sachsen-Anhalt – darunter auch der Lutherstein am Kloster Himmelpforte. Die Tourismus-Route soll ständig erweitert werden. Federführend für dieses Projekt sind das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie sowie die Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt.

Eine Edelstahlplakette samt QR-Code nahe des Luthersteins dient nun als Markierung für all jene, die sich für die Lebensstationen des Theologen interessieren. Einfach den QR-Code mit dem Smartphone einscannen - und schon öffnet sich die Internetseite des Projektes.

„Die Idee für das Projekt stammt eigentlich vom Landesarchäologen Harald Meller“, verriet Jan Scheunemann vom Landesamt bei der feierlichen Enthüllung der Stele. 2008 habe die Lutherdekade begonnen, im Jahr 2017 jährt sich der Jahrestag des legendären Thesenanschlags, welcher die Reformation einleitete, zum 500 Mal. „Leider kommt davon nicht viel bei der Bevölkerung an“, so Scheunemann. Mit „Luther war hier“ soll das Thema in die Öffentlichkeit getragen werden.

„Für uns ist das ein interessanter Tag“, sagte Wernigerodes Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos). „Weil solch ein Großereignis wie die Reformation auch bei uns Spuren hinterlassen hat.“ Ansonsten sei von der Stadt nicht immer Weltgeschichte ausgegangen. „Durch die Vernetzung gewinnt Wernigerode an Bedeutung.“

Dieser Platz im Wald sei „wunderschön“, so Peter Lehmann vom Ökumenischen Arbeitskreis der Kirchen. „Die Augustiner-Eremiten haben ihn für ihr Kloster nicht umsonst gewählt. Hier sind sich Himmel und Erde ein Stückchen näher.“ Die Mönche hätten hier Forellenteiche angelegt und am Südhang Wein angebaut. „Noch immer treffen sich hier jedes Jahr zu Himmelfahrt die Christen auf der Wiese.“ Dennoch sei die Himmelpforte „ein klein wenig vergessen“, so der Pfarrer im Ruhestand. Er wünsche sich, dass „dieser ruhige Ort mehr ins Licht der Öffentlichkeit rückt – und das nicht nur einmal im Jahr“.

Bei der feierlichen Enthüllung wurde gleichzeitig mit einigen Mythen aufgeräumt. „Auf dem Gedenkstein steht, dass Luther im Jahre 1517 hier war und sich mit seinem Mentor Johannes von Staupitz traf, um über den Ablasshandel zu sprechen“, so Jan Scheunemann. Die Fakten würden aber dagegen sprechen. Belegt ist Luthers Aufenthalt im Kloster Himmelpforte durch einen Brief, den er von dort aus an seinen Ordensbruder Johannes Lang nach Erfurt schrieb. Dieser war mit „Ex Porta caeli sexta Augusti“ – aus Himmelpforte am 6. August - unterschrieben. „In dem Lutherbrief steht keine Jahreszahl, jedoch kann man durch den Inhalt auf das genaue Jahr schließen – nämlich 1516. Das heißt, Luther war vor genau 500 Jahren hier“, so Scheunemann. Und nicht der Ablasshandel sei Thema der Unterredung mit von Staupitz gewesen, sondern Klosterangelegenheiten - wie aus dem Brief hervorgeht.

Auch die Geschichte, dass Luther seine 95 Thesen am 31. Oktober 1517 eigenhändig an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg genagelt haben soll, gehöre ins Reich der Legenden, ergänzte Peter Lehmann. „Dabei handelte es sich um wissenschaftliche Thesen, in Latein verfasst. Sie wurden nicht angenagelt, sondern zur Diskussion verschickt.“

Keine Legende ist, dass rund um den Lutherstein neue Bänke aufgestellt werden sollen. Die alten waren vollkommen verschlissen und wurden im Zuge der jüngsten Aufräumarbeiten von Harzklub, Bauhof und Forst vom Gelände abtransportiert. Die neuen Sitzgelegenheiten – etwa acht bis zehn Bänke für insgesamt knapp 3000 Euro – sollen im kommenden Jahr gekauft werden, informierte Ordnungsdezernent Volker Friedrich, der zugleich Chef des Harzklub-Zweigvereins Wernigerode ist. „Das Geld dafür soll im städtischen Haushalt eingeplant werden.“