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Kunst Schatz unter den Holzdielen

Unter den Dielen eines Fachwerkhauses in Wernigerode entdeckte Thomas Pönitz Schätze aus der Vergangenheit.

Von Julia Bruns 12.05.2017, 01:01

Wernigerode l Nicht hinter die Fassade, sondern unter die mehr als 100 Jahre alten Dielen hat der Handwerker Thomas Pönitz in einem Fachwerkhaus in der Schönen Ecke in Wernigerode geblickt. Zum Vorschein kamen Dinge des damaligen Alltags, die für immer zwischen den alten Holzdielen verschwunden schienen, wie Knöpfe, Schreibfedern mit und ohne Griff, Bleistifte, Zinnsoldaten, Münzen, Steck- und Nähnadeln, Mäuseschädel, Kugeln, Spielzeugkarten, ein altes Spielzeugautorad und ein Stück Fliese.

Aus den Fundstücken fertigte seine Schwester, die Malerin Anett Schücker, eine Collage, die das Gebäude demnächst zieren und an die Geschichte seiner einstigen Bewohner erinnern wird.

Das Haus mit der Nummer 38 wurde von dem Wernigeröder Dachdeckermeister in den vergangenen sieben Jahren umfassend saniert. Er verwandelte die Bauruine in ein Schmuckstück – und das ausschließlich mit natürlichen Materialien. Mit dem Projekt gewann er 2014 sogar den Umweltpreis der Stadt.

„Bevor er das Haus entkernt hat, gab ihm eine Nachbarin den Tipp, genauer unter den alten Holzdielen zu schauen“, erinnert sich Anett Schücker. „Durch Sieben des Erdreiches darunter kamen die Gegenstände zum Vorschein.“

Thomas Pönitz sammelte die Schätze in einer Dose. „Dann stellte er mir die Idee vor, daraus einen Setzkasten zu machen oder etwas anderes, vielleicht in Kombination mit Malerei – mach mal, hat er gesagt“, erinnert sie sich.

Die seit 1988 in Wien lebende freischaffende Künstlerin bewahrte die Dose zunächst bei sich auf, da sie nicht so recht wusste, wie sie es angehen sollte. „Da das Haus nun aber kurz vor der Eröffnung als Ferienhaus steht, wusste ich, es ist erst dann richtig fertig, wenn die alten Sachen wieder ins Haus zurückkommen“, so die gebürtige Wernigeröderin.

Dann ging alles ganz schnell, binnen einer Woche war die Collage fertig. Die fehlenden Accessoires malte Anett Schücker dazu, bettete die ganze Szene in eine Alltagssituation ein, aus der die Bewohner scheinbar gerade erst entschwunden sind.

Vor wenigen Tagen sind die Fundsachen aus Wien in den Harz zurückgekehrt. „Als kleines Zeitzeugnis oder Blick in die Vergangenheit“, sagt Anett Schücker. Die Collage wird derzeit von Tischler Andreas Hildebrandt mit einem Rahmen versehen, bevor sie ihren Platz in dem Ferienhaus an der Schönen Ecke einnimmt.

„Jetzt kommt das Bild ins Haus zurück, statt unter die Dielen nun an die Wand“, sagt Anett Schücker.