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Kurtaxe Hotelboom lässt die Kassen klingeln

Hunderte Betten entstehen mit den neuen Hotels und Ferienparks in Wernigerode und Schierke. Das bedeutet deutlich mehr Kurtaxe.

Von Julia Bruns 03.08.2016, 01:01

Wernigerode l Die zurückliegende Haushaltsdebatte hat es ans Licht gebracht: Die Kassen in Wernigerode sind klamm – rund 6,5 Millionen Euro groß ist das Finanzloch im 2016er-Haushalt. In den Jahren 2017 bis 2019 fehlt jeweils eine Million Euro. Grundsteuer B und Beiträge für die Kindertagesstätten sollen schon 2017 deutlich steigen, um das Minus auszugleichen.

Da kommt ein unverhoffter Geldsegen, auf den Stadtrat André Weber gestoßen sein will, gerade recht. „Beim Durchblättern der Haushaltsunterlagen ist mir aufgefallen, dass bei den Einnahmen aus der Kurtaxe die neuen Hotels gar nicht berücksichtigt wurden“, sagt der CDU-Abgeordnete gegenüber Volksstimme. Weder das Burghotel in Hasserode mit über 400 Betten noch das für 2017 geplante Ferienresort auf dem Areal des Heine-Hotels in Schierke mit rund 180 Betten seien in die Finanzplanung bis 2019 eingeflossen. Die Kurtaxe beträgt 2,50 Euro und wird pro Übernachtung und pro Gast berechnet. Geht man von einer Auslastung der Betten von 50 Prozent aus, könnten beide Häuser etwa 250.000 Euro an Kurtaxeinnahmen pro Jahr generieren. Weber informierte seinen Ratskollegen Thomas Schatz über diese Zahlen. „Was André Weber entdeckt hat, ist keine Zahlenschieberei, sondern eine reale Mehreinnahme“, sagt der Linke-Fraktionsvorsitzende. „Die Abermillionen, die für den Tourismus in den letzten Jahren ausgegeben wurden, müssen sich auch für die normalen Bürger rechnen. Ziel muss es sein, mit diesem Geld den Haushalt zu entlasten und letztlich auch die Steuererhöhungen zu verhindern.“

Doch weshalb ist die Einnahme nicht in der mittelfristigen Finanzplanung berücksichtigt worden? Ein Rechenfehler der Kämmerei? „Nein, ich bin der Letzte, der nicht mit dem Geld rechnet, wenn er es dürfte“, sagt Frank Hulzer auf Nachfrage. „Die Einnahmeprognose wird allerdings erst in die Haushaltsberechnung aufgenommen, wenn valide Daten vorliegen.“

Der Kämmerer erhalte diese Schätzungen von der Wernigerode Tourismus GmbH. Die WTG agiert als Dienstleister für die Stadt und treibt die Kurtaxe bei den 502 Anbietern von Ferienwohnungen, -häusern, Hotelzimmern und Pensionsbetten ein. „Wir geben bei der Stadt eine Fünfjahresplanung ab“, so Erdmute Clemens. „Und als vernünftige Kauffrau gehe ich vorsichtig an solche Zahlen heran. Ich plane nicht mit Eventualitäten.“ Mitte des vergangenen Jahres, als sie die Schätzungen für 2016 ermittelte, habe sie daher das Hasseröder Burghotel nicht berücksichtigt. Die Zahlen für 2017 würden allerdings korrigiert.

Damit wird sich voraussichtlich der Zuschuss verringern, mit dem die Stadt die WTG unterstützt. 190.000 Euro sind es 2016. Dass die Touristiker einen Zuschuss brauchen, war nicht immer so. „Bis 2006 haben die Einnahmen aus der Kurtaxe gereicht, um unsere Ausgaben zu decken“, sagt Erdmute Clemens. Dann habe die Stadt den Kulturbereich – Veranstaltungsmanagement und Marketing – an die WTG ausgelagert. Ihr Ziel sei es, wieder bei einer schwarzen Null anzukommen. Durch die Einnahmen der neuen Hotels in Wernigerode und Schierke sei dies realistisch. Am Mittwoch, 10. August, wird das nächste Hotelprojekt in Schierke vorgestellt. Bleibt irgendwann Geld übrig, werde es ins Marketing investiert, um den Tourismus weiter zu stärken, so Erdmute Clemens.

7683 Gästebetten stehen ihr zufolge in Wernigerode und den Ortsteilen zur Verfügung. 2015 wurde für 717.789 von 1,1 Millionen Übernachtungen Kurtaxe entrichtet. Gäste erhalten dafür ein Wernigerode-Ticketheft inklusive Hatix-Ticket, mit dem sie kostenfrei öffentliche Verkehrsmittel im Landkreis nutzen können. 30 Cent führt die WTG für das Ticket ab. Nach Abzug der Umsatzsteuer bleiben etwa 2 Euro übrig. 1,7 Millionen Euro Kurtaxe werden 2016 eingenommen. Das Geld muss zweckgebunden - für touristische Zwecke – verwendet werden.

„Auch wenn die Kurtaxe nicht bei der Stadt bleibt, entlastet sie den Haushalt“, sagt Thomas Schatz. „Muss die WTG nicht mehr unterstützt werden, sind das 190.000 Euro mehr im Stadtsäckel.“ Die Mehreinnahmen aus der Kurtaxe könnten frischen Wind in die Arbeitsgruppe aus Verwaltung und Finanzausschuss bringen, die ab August nach Wegen sucht, um die Steuererhöhungen abzumildern - im besten Falle zu verhindern.

Zum Hintergrund: Die Anhebung der Grundsteuer B von 360 auf 420 Punkte ist ab 2017 geplant. Sie soll 546.400 Euro Mehrertrag einbringen. Gegenstand der Grundsteuer B sind Grundstücke mit Wohnbebauung. Vermieter können sie anteilig auf die Mieter umlegen. Die Erhöhung des Beitrags für Kindertagesstätten (um 14 Prozent ab 2017, weitere 5 Prozent 2018 und weitere 5 Prozent 2019) soll 280.100 Euro mehr in die Kasse spülen.