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Lehrermangel Wernigeröder Gymnasiasten protestieren

Am Rande der Feier zum 480-jährigen Jubiläum des Wernigeröder Gerhart-Hauptmann-Gymnasiums hat sich spontaner Schülerprotest formiert.

Von Dennis Lotzmann 05.11.2018, 00:01

Wernigerode l Bildungsminister Marco Tullner (CDU) bekommt demnächst Post von Schülern des Wernigeröder Gerhart-Hauptmann-Gymnasiums (GHG). Die Gymnasiasten protestieren gegen die am heutigen Montag beginnende tageweise Versetzung einer Lehrerin ans Gymnasium Martineum in Halberstadt. Innerhalb weniger Stunden sind rund 200 Unterschriften zusammengekommen. Dreh- und Angelpunkt des Protests: Aufgrund des Weggangs der Lehrerin sei eine Verschlechterung des Unterrichts zu befürchten.

Konkret betroffen ist eine junge Pädagogin, die am GHG Deutsch und Latein gibt und bis zum Schuljahresende im Sommer 2019 an zwei Tagen pro Woche in Halberstadt arbeiten soll. Dadurch, skizziert Angelina Straub aus der GHG-Klasse 10 b eine Konsequenz, würden beispielsweise zwei Lateinkurse zusammengelegt, sodass nun statt je 15 mal eben 30 Schüler in einem Kurs zusammen unterrichtet würden. Das, heißt es in der Petition an Minister Tullner, münde in einen unruhigeren Unterricht und erschwerte Lernbedingungen für Schüler wie Lehrer.

„Hinzu kommen neue Deutschlehrer, auf die sich Schüler mehrerer Klassen einstellen müssen“, ergänzt Finja Volkmann. Obendrein – hier rücken die Schüler auch die ganz persönlichen Belange der betroffenen Lehrerin in den Fokus – müsse die Pädagogin nun pro Woche an zwei Tagen eine weit längere Strecke zur Arbeit zurücklegen.

Angelina Straub und Finja Volkmann sowie Victoria Fischer haben am Freitag in der Redaktion der Volksstimme angeklopft, um ihre Aktion öffentlich zu machen. „Wir haben diese Unterschriftensammlung am Donnerstag ziemlich spontan im Latein-Unterricht initiiert“, binnen weniger Stunden habe rund die Hälfte der GHG-Schülerschaft die Petition unterzeichnet, berichten sie. Und es wären, davon ist das Trio überzeugt, sicher noch weit mehr Unterschriften, wenn man noch länger gesammelt hätte. „Uns ging es aber darum, möglichst schnell zu reagieren“, unterstreicht die 16-jährige Angelina und betont, dass das Trio nur stellvertretend für alle Unterzeichner unterwegs sei.

Auch Schulleiter Herbert Siedler hat die Aktion zwischenzeitlich mitbekommen. Er reagiert, salopp formuliert, ein klein wenig verschnupft: „Die Schüler nehmen hier ihr demokratisches Grundrecht wahr – das ist gut so und beachtlich. Ich hätte mir aber gewünscht, dass sie mich vorab mal kontaktiert hätten“, sagt Siedler. „Dann hätte ich ihnen die Hintergründe der Entscheidung erklären können.“

Die aus Siedlers Perspektive wichtigste Botschaft: „Bei uns fällt aufgrund der Abordnung kein Unterricht aus.“ Natürlich seien solche Veränderungen mitten im Schuljahr unschön – anders als eben am Martineum in Halberstadt gebe es amtGHG aktuell aber keinen Anlass für Kritik an der personellen Besetzung. „Für uns ist die Abordnung keine Katastrophe“, stellt Siedler klar. „Deshalb sind wir gebeten worden zu helfen, und dazu auch bereit. Auch wenn man uns in einer vergleichbar prekären Situation im vergangenen Jahr nicht geholfen hat“, wie Siedler erinnert.

Dass nun zwei Lateinkurse mit je 15 Schülern zu einem zusammengelegt würden, sei eine Konsequenz, die letztlich nur den Normvorgaben entspreche. „Bislang hatten wir hier eine sehr komfortable Situation.“ Und der Wechsel von Fachlehrern mitten im Schuljahr? Gewiss nicht schön, aber ebenfalls kein Drama, betont Siedler. Derartige Wechsel gebe es immer wieder, damit müssten Schüler wie Lehrer gleichermaßen klarkommen.

Wie Bildungsminister Tullner auf die Petition reagiert, bleibt abzuwarten. Insbesondere ist spannend, ob der Protest der Schüler an der Abordnungs-entscheidung als solcher noch etwas ändert.

Eines ist derweil klar: Schulleiter Siedler will jetzt auf seine Schüler zugehen und versuchen, ihnen die Gründe für die Entscheidung zu verdeutlichen. Ob er sie überzeugen kann, bleibt abzuwarten.