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Praktikum Zarte Finger, schwere Maschinen

Technik, Werkzeuge - und dazwischen Eloise Gaglione. Die Französin arbeitet als Praktikantin im Wernigeröder Luftfahrtmuseum.

Von Ivonne Sielaff 04.08.2017, 01:01

Wernigerode l Sie ist zierlich, hat einen charmanten französischen Akzent und kann super mit dem Schraubenschlüssel umgehen. Die Mitarbeiter im Luftfahrtmuseum haben nicht schlecht gestaunt, als Eloise Gaglione in der Werkstatt aufgetaucht ist. Inzwischen liegen fast neun Wochen Praktikum hinter der jungen Französin. Und ihre Wernigeröder Kollegen sind begeistert von ihr.

„Früher habe ich davon geträumt, Pilotin bei der französischen Luftwaffe zu werden“, sagt die 19-Jährige. Bereits als Kleinkind sei sie gern geflogen. „Natürlich als Passagierin. Ich durfte damals sogar ins Cockpit.“ Das habe sie fasziniert und ihre Leidenschaft fürs Fliegen geweckt.

Wegen ihrer Kurzsichtigkeit musste sie diesen Traum allerdings aufgeben, von Flugzeugen kann sie trotzdem nicht lassen. Seit einem Jahr studiert sie Luftfahrt an der Universität von Laval. „Wenn ich Flugzeuge schon nicht steuern darf, dann will ich sie wenigstens bauen“, sagt sie. Eigentlich sei die Luftfahrt eine Männerdomäne. Von ihren 80 Mitstudenten sind gerade einmal vier weiblich. Doch Eloise will sich durchsetzen.

Mathe und Physik stehen auf ihrem Stundenplan, aber auch Wissenswertes zum Aufbau von Triebwerken, zur Aerodynamik, zu Druck, Temperatur sowie zur Stabilität eines Flugzeuges. Viel Theorie, aber Voraussetzung für den Berufs eines Luftfahrt-Ingenieurs. Praktische Erfahrungen sammelt sie nun in Wernigerode.

„Wir waren schon überrascht, als wir die Bewerbung erhalten haben“, sagt Mario Schmidt, Marketingleiter im Luftfahrtmuseum. Die Schüler und Studenten, die sich normalerweise für die Arbeit im Museum interessieren, würden zum größten Teil aus der Region stammen. „Dass wir nun auch internationale Praktikanten anziehen, macht uns stolz“, so Schmidt.

Im Luftfahrtmuseum sitzt Eloise nicht etwa an der Kasse, führt Besuchergruppen herum oder kocht Kaffee. „Ich arbeite in der Werkstatt“, sagt die 19-Jährige. So hat sie in den vergangenen Wochen beispielsweise bei der Restauration einer Alouette geholfen, Bauteile lackiert, Instrumente ins Cockpit geschraubt, eine Tür eingebaut. Der französische Hubschrauber-Typ ist seit 1958 für die Bundeswehr im Grenzschutz im Einsatz. „Ein kleiner Allzweck-Hubschrauber, der auch für andere Nato-Länder geflogen ist“, sagt Mario Schmidt. Fakten, die Eloise Gaglione jetzt ebenso kennt. Denn neben ihrer Arbeit in der Werkstatt hat sie Vitrinen mit Flugmodellen und Informationen bestückt – mit dabei die Alouette im Miniaturformat.

Und wenn Eloise nicht gerade mit Schraubenschlüssel und Pinsel hantiert, ist sie in der näheren Umgebung unterwegs. Sie hat Leipzig und Hannover, Wernigerode und den Harz erkundet und gleichzeitig ihre Deutschkenntnisse vertieft. „Ich mag Deutschland und die Sprache“, sagt sie.

In dieser Woche heißt es Abschied nehmen für die sympathische Französin. Das Praktikum neigt sich dem Ende entgegen. In Frankreich warten ihr Studium, Familie und Freunde auf sie. Aber auch Deutschland will sie die Treue halten. Der nächste Besuch steht irgendwann an – dann sicherlich mit dem Flugzeug.