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Restauration Ein Gartenhäuschen mit Geschichte

Mit viel Mühe hat Christoph Felchow ein Stück Wernigeröder Stadtgeschichte vorm Verfall gerettet.

Von Ivonne Sielaff 13.09.2017, 01:01

Wernigerode l Es ist fast ein bisschen schade, dass der Gartenpavillon von Christoph Felchow nicht von der Straße aus zu sehen ist. Mehr als ein halbes Jahr hat Felchow das Häuschen, das einst als Verkaufskiosk auf dem Nico stand, restauriert. Die Mühe hat sich gelohnt. Der Pavillon ist ein richtiges Schmuckstück geworden. Die Holzpfeiler sind aufgearbeitet und in Weiß und Grün gestrichen. Das Dach ist wieder dicht. Die Spitze aus Kupferblech ist verlötet. Eine gedrechselte Kugel bildet das i-Tüpfelchen.

„Die Arbeit war sehr aufwändig. Im Frühjahr und Sommer habe ich viel Zeit investiert“, sagt der Wernigeröder. Die Stunden habe er nicht gezählt. „Aber ich habe es gern gemacht. Es war schon toll zu sehen, wie das Häuschen langsam wieder Gestalt annimmt.“ Der Möbelrestaurator war durch Zufall an den Kiosk geraten. Jahrzehntelang stand er auf einem Gartengrundstück in der Heinrich-Heine-Straße, wurde als Abstellraum für Gartengeräte genutzt. Wann und wie er dorthin gelangt ist, wusste nicht einmal der Besitzer. Das Häuschen war in einem bedauernswerten Zustand. Ein umgestürzter Baum hatte es stark beschädigt. Dazu kam, dass das Holz stark verfault war.

„Damals wusste ich nicht, ob da noch etwas zu retten ist“, sagt Christoph Felchow. Da niemand anderes an dem Kiosk interessiert war, fasste sich der Holzexperte ein Herz und wagte die Restauration.

Gleichzeitig versuchte Felchow, Informationen über den Kiosk zusammenzutragen. Denn viel ist nicht bekannt. Es handelt sich um eine aufwändig gestaltete Fachwerkkonstruktion im Stile des Historismus, erbaut vermutlich um 1900. In jener Zeit standen vier ähnliche Kioske an unterschiedlichen Standorten in Wernigerode: am Nico, am Ölberg an der Stadtecke, am Westerntor und am Holfelder Platz. Vermutlich wurden darin Speisen und Andenken für Touristen verkauft.

Felchow erkundigte sich im Bauarchiv der Stadt und in der Mahn- und Gedenkstätte Veckenstedter Weg, wo historische Fotos aufbewahrt werden. „Leider habe ich keine Bilder vom Nicokiosk gefunden.“

Etwas Schwung in Felchows Recherche brachte die Harzer Volksstimme, die im März erstmals über die Restauration des Kiosks berichtete. Danach habe sich ein Verwandter des früheren Besitzers des Gartengrundstücks in der Heinrich-Heine-Straße bei ihm gemeldet. „Der Mann erzählte mir, dass sein Großvater im Ersten Weltkrieg gefallen war. Der Kiosk sei bereits 1914, also vor dem Krieg, in die Heine-Straße gebracht worden.“ Der Anrufer hatte aber nicht nur einige Fakten für Christoph Felchow parat. Auf seinem Dachboden habe er zwei Knaggen entdeckt, die noch von dem Kiosk stammen, und sie dem Möbelrestaurator überlassen. „Eines der Bauelemente habe ich sogar verwendet.“

Die Einweihung ihres Gartenhäuschens haben Christoph Felchow und Ehefrau Gisela bereits gefeiert – „mit einem Gläschen Sekt“, wie er verrät. Mit Gartenstühlen und einem vietnamesischen Lampion an der Decke ist das ehemalige Verkaufshäuschen richtig gemütlich geworden. Von hier aus genießen die Felchows den Blick auf ihren Garten – mit der Gewissheit, ein Stück Wernigeröder Stadtgeschichte vor dem endgültigen Verfall gerettet zu haben.