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Rezeptbuch Einfach, deftig, kräftig - so isst der Harz

Wie isst der Harz? Diese Frage beantwortet eine Blankenburgerin nach zweijähriger Recherchen in ihrem Rezeptbuch.

Von Jens Müller 29.11.2018, 00:01

Blankenburg l Sie heißen Hackus und Knieste, Runx Munx, Hadern, Himmel und Erde - Harzer Gerichte, die schon Urgroßmutter kannte. Hilde Thoms hat sich vor zwei Jahren aufgemacht, den Ursprüngen dieser kulinarischen Besonderheiten nachzuspüren. Herausgekommen ist ein 216 Seiten starkes, reich bebildertes Buch, das den Bogen spannt von einem der ältesten erhaltenen Kochbücher der Welt von Marcus Gravius Apicius (42 v.Chr. - 37) bis hin zu den Auswüchsen heutiger Esskultur - mit all ihrer Hektik, ihrer Wegwerfmentalität und ihren mit Geschmacksverstärkern und künstlichen Ersatzstoffen angereicherten Nahrungsmitteln, die um die halbe Welt transportiert werden.

Die 81-Jährige Blankenburgerin sieht zudem die Gefahr einer „Vereinheitlichung de Geschmacks und des Verlustes der Geschmacksviefalt“, wie sie sagt. „Mein Anliegen ist es, möglichst vielen Menschen den Harz wieder mit einfachen und der jeweiligen Jahreszeit entsprechend naturbelassenen Nahrungsmitteln schmackhafter zu machen, um sie zur Rückkehr zu einer bewussten Lebenskunst des guten Essens, die sich gegen den täglich wachsenden Verfall der Nahrungskultur richtet, anzuzuregen.“

Denn wie schon zu Urgroßmutters Zeiten biete gerade der Harz alles, was ein reich gedeckter Tisch benötigt. Von Milch und Eiern über Pilze und Beeren, Kräutern, Obst, Gemüse bis hin zu Fischen aus den Bächen und Seen sowie dem Wildbret aus den Wäldern. Selbst Mehl, hergestellt aus regional angebautem Getreide, wird wieder in den Harzer Backstuben verwendet.

Rund zwei Jahre lang hat die ehemalige Michaelsteiner Klostergärtnerin recherchiert, um den Harzern ihre heimischen Gerichte wieder in Erinnerung zu rufen, sie für die Nachwelt zu erhalten und zum Nachkochen zu animieren. Deshalb finden sich in ihrem Buch zahlreiche typisch Harzer Rezepte. Vom Eintopf - der „Mutter aller Gerichte“ - über Braten, Salate und Desserts bis hin zum berühmten Schmalztopf und eingelegtem Harzkäse. „Es ist aber kein reines Kochbuch“, betont die Autorin, die ihren ausgiebigen Rezeptteil mit vielen Sprichwörtern und Zitaten zum Thema Essen gewürzt hat. Doch was isst denn nun der Harzer? „Er isst einfach, natürlich, heftig, deftig und kräftig“, weiß Hilde Thoms.

Ein besonderes Anliegen ist es ihr, die regionalen Erzeuger mehr ins Bewusstsein zur rufen. „Denn Kochen beginnt mit einem guten Einkauf“, sagt sie und hat sich auf den Wochenmärkten, in Werksverkäufen und Hofläden von Altenau bis Zorge umgesehen. Besonders erstaunt hat sie dabei ein kleiner Ort ganz in der Nähe von Blankenburg: Westerhausen. Dort, so Hilde Thoms, hat sie nahezu alles gefunden, was das Herz begehrt: Milch vom Harzer Roten Höhenvieh, Käse, Wurst, Fleisch - unter anderem von echten roten Harzziegen – frische Eier aus dem Schließfach und sogar Wein.

Mit diesem gesammelten Wissen möchte sie ihre Leser einladen, die Harzer Küchenvergangenheit neu zu entdecken. Großen Anteil daran hat im übrigen Verleger Dr. Frank Bussert aus Quedlinburg, mit dem Hilde Thoms bereits 2015 ihr vielbeachtetes Buch „Altes Kräuterwissen aus dem Harz“ herausgebracht hat. „Es ist ein Gemeinschaftswerk“, so die Autorin. Während Frank Bussert als Lektor fungierte, wurde quasi die gesamte Familie mit in das Projekt eingebunden. So wurden die Gerichte in der Bussert‘schen Küche nachgekocht, fotografiert und im Buch zusätzlich noch illustriert.

Zur Schlossweihnacht auf dem Großen Schloss in Blankenburg wird der Titel „Hackus, Knieste & Runx Munx“ (ISBN 978-3-942115-88-9) erstmals zu haben sein und von Hilde Thoms auf Wunsch signiert.