Sanierung Eine Villa oben ohne

Die Rektoratsvilla auf dem Wernigeröder Hochschulcampus muss für einige Wochen auf ihren Turm verzichten. Er wird saniert.

Von Ivonne Sielaff 03.11.2016, 00:01

Wernigerode l Wernigerodes Rektoratsvilla ist kopflos – oder besser gesagt turmlos. Mit einem Kran ist die Spitze des historischen Gebäudes auf den Boden gesetzt worden.

„Gegen zehn Uhr gab es eine Art Feueralarm, alle Mitarbeiter mussten das Haus verlassen“, berichtet Janet Anders, Pressesprecherin der Hochschule Harz. In der Villa ist der Sitz des Rektors und die Verwaltung der Fachhochschule untergebracht. Zuerst seien die Stützbalken zersägt worden, so dass der Kran den zehn Tonnen schweren Turm anheben konnte. Das Ganze habe etwa zwei Stunden gedauert. „Viele Mitarbeiter, Studenten und andere Schaulustige haben zugeguckt und Fotos geschossen – ein spektakulärer Anblick.“

Die denkmalgeschützte Villa wird derzeit restauriert. „Nach der Einrüstung des Turms wurde entdeckt, dass nicht nur die Fachwerkkonstruktion beschädigt ist, sondern auch die Mauerwerkskrone“, so Janet Anders. Feuchtigkeit habe dem 115 Jahre alten Gemäuer und dem Holz über Jahre heftig zugesetzt. „Um die Schäden genauer untersuchen und besser beseitigen zu können, musste der Turm runter.“

In den nächsten sechs bis acht Wochen wird er saniert. Und das ist dringend notwendig. „Das Gefachemauerwerk ist lose. Zudem hat sich herausgestellt, dass ein großer Teil der Schieferziegel locker ist“, so die Hochschulsprecherin. Auch die Fenster des Türmchens werden aufgearbeitet. „Sie werden nach originalem Vorbild – Einfachverglasung mit Sprossen – restauriert.“

Die Wetterfahne und die Kugel auf der Spitze erhalten ebenfalls eine Schönheitskur und werden neu vergoldet.

Der Öffnung der goldenen Zeitkapsel hatten Studenten und Hochschulmitarbeiter lange entgegen gefiebert. 1982 war sie das letzte Mal gefüllt worden. Damals wurde die Villa noch als FDGB-Heim genutzt. Kanzler Michael Schilling öffnete die Kugel im Beisein vieler Neugieriger. Darin enthalten: zwei Ausgaben der Volksstimme vom Mai 1982 und eine der LDZ, Münzen, ein Prospekt zur 750-Jahr-Feier Wernigerodes und einige Schriftstücke.

„Bis zum Abschluss der Sanierung müssen wir uns nun überlegen, wie wir die Zeitkapsel neu bestücken“, sagt Janet Anders.

Hintergrund: Rittmeister Detlev Honig ließ die Villa 1901 für sich, seine Frau und seine acht Kinder erbauen. Finanzielle Schwierigkeiten zwangen seine Witwe später, das Grundstück zu verkaufen. Neuer Eigentümer wurde der Großindustrielle Rudolf Artur Rautenbach. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er enteignet, das Grundstück wurde Volkseigentum, die Villa als Lazarett und Erholungsheim genutzt. 1949 eröffnete der FDGB das Ferienheim „Georgi Dimitroff“. Seit 1991 befindet sich dort die Hochschule Harz.