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Schloss-Schätze Sektkelch mit kaiserlicher Aura

10.000 Objekte gehören zum Bestand des Schlosses Wernigerode. Die Harzer Volksstimme stellt einige der Schätze und ihre Geschichte vor.

Von Katrin Schröder 26.02.2017, 13:00

Wernigerode l Wilhelm II. hat nicht nur eine Sektsteuer eingeführt, um die kaiserliche Kriegsflotte aufzubauen. Er selbst hat ebenfalls prickelnden Schaumwein getrunken oder zumindest ausschenken lassen. Ein Sektkelch aus seinem Besitz gehört seit Kurzem dem Schloss Wernigerode. Christian Juranek, Geschäftsführer der Schloß GmbH, hat das Glas Ende November bei einer Auktion in Hamburg entdeckt und für die Sammlung auf dem Agnesberg ersteigert.

Die Sektflöte, die um 1905 angefertigt wurde, ist in zeittypischem Design gestaltet. „Ähnliche Formen hat es in vielen Haushalten gegeben“, erklärt Juranek. Was den Kelch von anderen unterscheidet, ist zum einen die hochwertige Verarbeitung. Das mundgeblasene Glas weist einen aufwendigen Facettenschliff auf. „Der Fuß ist anders gestaltet als die Standfläche und der Kelch“, sagt Eva-Maria Hasert, Kustodin des Schlosses Wernigerode. Welcher Aufwand noch im Detail betrieben wurde, zeigt sich an den gleichmäßigen Luftbläschen im Nodus, am Boden des Glases.

Besonders wird der Kelch zum anderen durch die preußische Königskrone, die darauf abgebildet ist. Die Initialen „FR“ verweisen auf das große Vorbild des letzten deutschen Kaisers – „Fridericus Rex“, Friedrich II.

Die Verehrung Wilhelms für den Preußenkönig, der den Beinamen „der Große“ trägt, umfasste alle Lebensbereiche – sogar das Geschirr. Friedrich II. war Stammkunde der Königlichen Porzellan-Manufaktur in Berlin. Der preußische Monarch bestellte Dutzende Tafelservices, darunter eigens für ihn hergestellte Stücke im Neuosier-Design, das bis heute produziert wird. „Er hat sich dieses Tafelservice genauso noch einmal herstellen lassen“, so Christian Juranek.

Das gilt ebenso für die Gläser, die mit den Insignien des preußischen Königtums geschmückt wurden. Die Formen wurden ins Glas geätzt und vergoldet. Neben der Krone sind Standarten des preußischen Heeres zu sehen. „Die Darstellung ist genauso, wie es im 18. Jahrhundert üblich war“, sagt Eva-Maria Hasert. Zu kaufen gab es die Kelche nirgends – sie wurden eigens für den kaiserlichen Hof hergestellt.

Benutzt wurden sie auf den Schlössern Wilhelms II. „Am liebsten hat er im Neuen Palais in Potsdam gewohnt“, erklärt Juranek – vielleicht, weil des Kaisers großes Vorbild es nach dem Siebenjährigen Krieg hat errichten lassen. Der kaiserliche Hof lud häufig zu Gesellschaften ein. „Im Winter war Ballzeit, dann wurde ständig gefeiert“, so Eva-Maria Hasert. Dafür wurde eine angemessene Ausstattung gebraucht.

Wilhelm II. unterhielt enge Beziehungen nach Wernigerode, wie 2014 die Ausstellung „Pomp and Circumstance“ über das späte Kaiserreich zeigte. Zum Beispiel hat der Sohn von Fürst Otto zu Stolberg-Wernigerode, der den Hohenzollern als Oberstkämmerer und Minister des königlichen Hauses diente, das gleiche Gymnasium wie der Monarch besucht. „Wilhelm II. war oft zu Gast auf dem Schloss“, so Juranek. Die 47. Äbtissin des Klosters Drübeck, Anna Freiin von Welck, führte der Kaiser 1906 in der Schlosskirche ins Amt ein.

Das Sektglas mit den preußischen Enblemen sei vielleicht nicht das materiell wertvollste Zeugnis dieser Zeit, doch historisch und ideell bedeutsam. „Es ist die Aura des Kaiserlichen, die so ein Objekt umgibt“, so Juranek.