Dampflok fährt nach Paris

Wernigerode l Sie ist weiter die „Größte unter den Kleinen“. Die Bilanz der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) für 2015 unterstreicht den Werbeslogan. „Das gute Niveau der Fahrgastzahlen und Umsätze im Durchschnitt der letzten Jahre konnten gehalten werden“, sagte HSB-Geschäftsführer Matthias Wagener auf der Pressekonferenz am gestrigen Freitag in Wernigerode.

Erstmalig erzielte die HSB einen Jahresumsatz von über 13 Millionen Euro. Das Plus von gut einer Million Euro im Vergleich zu 2014 begründete Wagener mit mehr verkauften Souvenirs, mehr Gästen bei Sonderfahrten und den Preiserhöhungen, die jüngste zum 1. März dieses Jahres. „Dem Mehrumsatz stehen leider immer höhere Aufwendungen wie für Instandsetzung der Dampfloks und Triebwagen sowie für notwendige Investitionen in das Streckennetz gegenüber“, sagte Wagener. Beispielsweise koste ein Kilometer Gleisneubau rund eine Million Euro. Gut 2,6 Kilometer seien 2015 erneuert worden.

Trotzt Rekordsommer und anderer Wetterkapriolen waren erneut rund 1,1 Millionen Fahrgäste auf dem insgesamt 140 Kilometer langen Schmalspurstreckennetz unterwegs. Die Brockenbahn mit 664 000 Gästen sei das Rückgrat der HSB, so Wagener. Mit der Harzquerbahn im Bereich Nordhausen fuhren 250 000 und in den Zügen der Selketalbahn rund 99 000 Gäste.

Eine Steigerung von etwa 4 Prozent sei außerhalb des Zugfahrplans erzielt worden. „214 Sonder- und Charterzüge bei rund 28 000 Fahrgästen macht das rege Interesse deutlich“, so der HSB-Chef. Beliebt seien vor allem die Osterhasen- und Nikolausfahrten sowie der Quedlinburger Brocken-Express und die Fahrten in den Sonnenuntergang.

Weg von eigenen Verkaufstellen, hin zu Agenturen. Diese Möglichkeit, Kosten einzusparen, sei weiter genutzt worden, sagte Wagener. „Alle Informationen rund um die Bahn sowie Tickets sind jetzt in den Tourist-Informationsstellen in Quedlinburg, Hasselfelde, Elend und Nordhausen erhältlich.“ Am 29. Februar wurde eine elfte Agentur in der Stadtinformation Harzgerode eröffnet. Die HSB betreibt acht eigenen Verkaufsstellen.

Rund 250 Mitarbeiter beschäftigt die HSB, deren Engagement Wagener lobte. Ebenso das der 15 Auszubildenden in den Berufen Industriemechaniker und Bürokauffrau. „Sie alle haben bei der HSB sehr gute Zukunftsperspektiven“, sagte der Geschäftsführer. Allein im Vorjahr seien zwei Auszubis nach erfolgreichem Lehrabschluss in den Bereichen Eisenbahnbetrieb und Verwaltung übernommen worden. „Bei Interesse können schon jetzt Bewerbungen für 2017 eingereicht werden.“

Das Jahr 2016 steht hingegen ganz im Zeichen von „25 Jahre Volldampf in Freiheit“. Am 15. September 1991 wurde der Personenverkehrs zum Brocken wieder aufgenommen. Nach 30 Jahren, „denn am 14. August 1961, einen Tag nach dem Mauerbau, fuhr der letzte Personenzug zum Brocken“, erinnerte Wagener. Vor 25 Jahren erfolgte auch die Unternehmensgründung, die heute neun Gesellschaften in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Braunlage hat. Mit zahlreichen Veranstaltungen soll auf ein Vierteljahrhundert HSB-Geschichte zurückgeblickt werden.

Gleichzeitig sollen zwei weitere Ereignisse gewürdigt werden: zehn Jahr Streckenverlängerung von Gernrode in die Welterbestadt Quedlinburg und zehn Jahre „Faust - Die Rockoper auf dem Brocken“. Der Festauftakt erfolgt am 19. März, wenn ein Sonderzug von Quedlinburg zum Brocken verkehrt. „An Bord ist für die HSB-Verkaufsstelle auf dem Harzgipfel ein neuer Bahn-Sonderstempel der Deutschen Post, mit dem ab diesem Tag alle von dort abgehenden Postkarten und Briefsendungen versehen werden können“, sagte Wagener und sprach von einer „deutschlandweit einmaligen Aktion“.

Die Erfolgsgeschichte der Rockoper begann am 4. Februar 2006. Bislang hätten die über 250 Aufführungen mehr als 60 000 begeisterte Zuschauer in ihren Bann gezogen. „Allein im Vorjahr waren es 7 800 Gäste . Die Auslastung liege bei 88 Prozent, so Wagener weiter. Am 22. April findet aus Anlass des Jubiläums eine „Lange Faust-Nacht“ auf dem Brocken statt. Für November sei ein „Komischer Faust“ geplant.

Im Jubiläumsjahr geht die HSB auch auf Tour. Vom 30. März bis zum 6. April wird die Dampflokomotive 99 6001 (Baujahr 1939) als „Botschafterin“ des Harzes sowie der Bundesländer Sachsen-Anhalt und Thüringen auf einem Tieflader Weltstädte wie Paris, Brüssel, Amsterdam und Antwerpen besuchen. Mit an Bord sind Vertreter der Gesellschafter und touristischer Leistungsträger. Das Finale findet vom 15. bis 17. April zum Museumsbahnfest Chemin de Fer de la Baie an der französischen Kanalküste statt.

„25 Jahre Volldampf in Freiheit“ ist auch der Titel einer Ausstellung, mit der sich die HSB vom 25. bis zum 29. April im EU-Parlament in Brüssel präsentieren wird. Außerdem veranstaltet die HSB am 28. Mai ein Kinderfest im Bahnhof Ilfeld und am 20. August ein weiteres auf dem Quedlinburger Markplatz. Der Höhepunkt im Jubiläumsjahres soll das große Bahnhofsfest am 17. September in Wernigerode sein. Zum krönenden Abschluss findet ein Konzert auf der Festbühne statt. „An diesem Tag werden auch zwei besondere Sonderzüge zum Brocken verkehren, die thematisch an die bewegende Zeit vor 25 Jahren erinnern“, sagte Wagener.

Neben all den Feierlichkeiten will die HSB auch weiter in die Verbesserung der Infrastruktur investieren. Schwerpunkt sind laut Wagener die Gleissanierung auf dem Abschnitt Schierke-Brocken und der Ausbau des Parkplatzes in Drei Annen Hohne.

Der größte Schritt in die Zukunft werde mit dem Bau der Gläsernen Dampflokwerkstatt mit Besucherrundgang auf dem Ochsenteichgelände in Wernigerode erfolgen. Für das rund 10,5-Millionen-Euro-Projekt sollen in diesem Jahr die Planungsleistungen vergeben werden, Ende 1017 könnte der Spatenstich sein. Matthias Wagener: „Bei optimalem Verlauf ist eine Inbetriebnahme bis Ende 2019 möglich.“