Schützenverein Auf der Höhe der Zeit

Die Wernigeröder Sebastiansschützen feiern ihren 25. Geburtstag. Mit dem Bogensport hat der Verein einen Aufschwung erlebt.

Von Katrin Schröder 20.01.2017, 00:01

Wernigerode l Elf Sebastiansschützen haben 1992 den Startschuss gegeben, ein Vierteljahrhundert später feiern fast zehnmal so viele ihr Jubiläum – mit dem 25. Sebastiansempfang im Vereinshaus am Veckenstedter Weg. Der Erfolg der Schützen hat etwas mit ihrer unkonventionellen Haltung zu tun, sagt Mario Dönecke, Schatzmeister und Mitglied der ersten Stunde. „Wir müssen uns der Zeit anpassen. Wenn etwas nicht mehr läuft, dann muss man sich davon trennen“ – oder etwas Neues beginnen.

„Tür auf!“ Das sei das Motto der Sebastiansschützen, erklärt Dönecke. „Das hat zur Folge, dass wir ein bunt zusammengewürfelter Haufen sind.“ Vom Hartz-IV-Empfänger bis zum gut situierten Geschäftsmann sei alles und jeder vertreten, auch ein Moslem gehört dazu. „Ihn stört es nicht, dass wir uns auf den Heiligen Sebastian beziehen.“

Uniformen gibt es nicht, die Schützentrachten früherer Jahre – hellbrauner Anzug für die Herren, Rock, Bluse und Weste für die Damen – haben ebenfalls ausgedient. Weiße Poloshirts mit dem Vereinsnamen haben die Mitglieder kürzlich anfertigen lassen. „Ohne einheitliche Vereinskleidung würden unsere Bogensportler nicht bei Wettkämpfen zugelassen“, erklärt Dönecke.

Das Bogenschießen hat den Sebastiansschützen einen beispiellosen Aufschwung beschert. „Wir haben an der richtigen Stelle zugefasst. Das Interesse ist groß“, sagt Dönecke. In einer Fachzeitschrift las er von einem Bogensport-Lehrgang – und fand, es seit Zeit, neue Wege zu gehen. Gemeinsam mit dem Ersten Schützenmeister Klaus-Dieter Liebe fuhr der Schatzmeister 2009 ins sauerländische Brilon und ließ sich die Grundlagen erklären. „Die Begeisterung hielt sich zunächst in Grenze“, erinnert er sich.

Doch nach dem ersten Probeschießen standen zehn Namen mehr in der Mitgliederkartei, der Boom hält an. „Bevor wir mit dem Bogenschießen begonnen haben, hatten wir 47 Mitglieder. Heute sind es 109“, so Mario Dönecke. Und wer einmal dabei ist, der probiert auch einmal aus, ob Großkaliber- oder Luftgewehrschießen etwas für ihn ist. „Das hat eine Sogwirkung.“

Die Sebastiansschützen unterhalten eine Bogensportgruppe, haben sich eine entsprechende Anlage gebaut und trainieren außerdem in der Harzblickturnhalle. Mit Michael Beer hat der Verein einen amtierenden Deutschen Meister und Landesmeister sowie fünf bis sechs Titelanwärter in seinen Reihen. Bei der ersten Landesmeisterschaft des Jahres haben die fünf Wernigeröder fünf Medaillen abgeräumt. An der Liv-Ullmann-Schule führen Vereinsmitglieder seit 2014 die Kinder an den Sport heran.

Viel Anklang hat der Bogenschießstand beim Tag der Vereine im Bürgerpark gefunden. „Wir waren von früh um 10 bis abends um 18 Uhr ununterbrochen beschäftigt“, sagt Mario Dönecke. Nicht nur die Besucher nutzten die Gelegenheit für einen Probeschuss, sondern auch die Aktiven von den umliegenden Ständen. Bei der Neuauflage in diesem Sommer wollen die Sebastiansschützen wieder dabei sein.

Froh sind die Sebastiansschützen darüber, dass sie in der alten Wetterwarte in der Kleingartenanlage am Veckenstedter Weg ein dauerhaftes Zuhause gefunden. „Wir waren ständig auf der Suche“, erinnert sich Dönecke. Bei der Abfallwirtschaft in der Schmatzfelder Straße und der Gärtnerei Zimmermann Am Kupferhammer konnten sie nicht bleiben.

Die Wende brachte eine Zeitungsannonce. „Wetterwarte günstig abzugeben“ stand da – die Stadt wolle 2001 das Gebäude abgeben, die Schützen meldeten sich. Die Sanierung des maroden Hauses stellten die Vereinsmitglieder auf eine harte Probe, berichtet Dönecke. „Es war wie bei einem Adventskalender – jeden Tag eine Überraschung.“ Im Herbst 2002 wurde Eröffnung gefeiert. Seitdem wird stetig gewerkelt und erweitert – zum Beispiel um den Luftgewehrstand im Keller, Terasse und Toiletten sowie 2014 um einen Fachwerkanbau.

Dort treffen sich heute langgediente und neue Mitglieder, Ehrengäste, Förderer und befreundete Vereine – und geben den Startschuss für das nächste Vierteljahrhundert.