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Simson-Roller-Treff Moped-Parade in Wasserleben

Emsiges Treiben auf dem Schützenplatz in Wasserleben. Zweiradfans „Made in GDR“ fachsimpeln einen Tag lang.

Von Jörg Niemann 01.08.2016, 15:00

Wasserleben l Wie in einem Schwalbennest ist es am Sonnabend vor dem Wasserlebener Schützenhaus zugegangen. Fast im Minutentakt flogen - oder besser fuhren - die Schwalben ein. Aber es waren auch ihre Vorgänger- und Nachfolgemodelle an DDR-Zweitakt-Mopeds unter den Fahrzeugen, mit denen ihre Besitzer nach Wasserleben kamen.

Eingeladen hatte eine Interessengemeinschaft aus Wernigerode und Wasserleben. Die jungen Leute, die in einem Alter sind, in dem man sein Jugendweihe- oder Konfirmationsgeld nicht für ein Moped, sondern für ein Auto anspart, haben ihre Liebe zu den DDR-Zweitaktern entdeckt und wollen sie mit anderen teilen. Im vergangenen Jahr gab es ein erstes Treffen, das gut besucht war. In diesem Jahr kamen noch einige Moped-Freunde mehr nach Wasserleben.

„Wir organisieren das Treffen, um Gleichgesinnten eine Diskussionsplattform zu ermöglichen“, sagt Matthias Jaeger aus Wasserleben, einer der Mitorganisatoren. Für ihn und seine Mitstreiter ist es wichtig, dass die Treffs nur einen Tag dauern. So ist zum Abend hin im Ort auch wieder Ruhe. „Wir veranstalten keine Rennen, und wir laden hier auch nicht zur großen Party ein. Es ist wirklich nur ein Treffen zum Gedanken- und Erfahrungsaustausch“, sagt er.

Und dieses wird mit viel Liebe vorbereitet und auch abgesichert. Für die Besucher gab es selbst gebackenen Kuchen, ein Grill wurde angefeuert und auch Getränke wurden ausgeschenkt. Selbst an die jüngsten Gäste wurde gedacht, denn „Mopedgucken“ wird irgendwann den Mädchen und Jungen zu langweilig. Also gab es eine Spiel- und Bastelecke, in der die Kinder altersgerecht beschäftigt wurden und sichtlich Spaß daran hatten. Die Besucher kamen aus allen Orten der Nordharzer Region, aus Magdeburg, aus dem Hallenser Raum und sogar vereinzelt aus Niedersachsen. Letzteres ist staunlich: Dorthin wurden zwar vor 1989 die Mopeds auch exportiert, hatten aber nie den Stellenwert wie in der ehemaligen DDR, wo die Suhler Firma praktisch das Monopol hatte. Zu den Hinguckern der aus- und abgestellten Fahrzeuge gehörte ein wunderschön erhaltenes SR 1, das Mitte der 1950-Jahre als erstes DDR-Moped in Thüringen gefertigt wurde. Das Fahrzeug kam aus Suhl, der Motor aus Sömmerda. Laut Wikipedia steht das S im Fahrzeugnamen für Suhl und das R für Rheinmetall, da das Motorenwerk in Sömmerda damals zu diesem Konzern gehörte. Erst als alles unter „volkseigenem Betrieb“ firmierte, wurde das S und das R mit Simson-Roller „übersetzt“.

Während des gesamten Tages wurden mehrere hundert Besucher auf dem Schützenplatz begrüßt. Übermäßig voll wurde es trotzdem nicht, denn viele Gäste blieben nur ein Stündchen und zogen dann wieder weiter. Am frühen Nachmittag sorgte der Osterwiecker Stefan Herbst für Aufsehen. Er brachte auf einem Pkw-Anhänger ein ganz besonderes Moped mit. Es war ein Fahrzeug mit vier S-50-Motoren in Reihe und war im Jahr 2000 als Hommage an einen Werner-Film entstanden. Besonders stolz sei Stefan Herbst darauf, dass Werner-Zeichner Rötger Feldmann alias Brösel das Gefährt bestaunte und eigenhändig signierte. Nach Aussagen des Erbauers ist der Eigenbau fahrtüchtig, besitzt aber keine Straßenzulassung. Deshalb hatte Stefan Herbst sein Kunstwerk auch auf dem Anhänger mitgebracht.

Gegen 18 Uhr leerte sich der Schützenplatz, und die Organisatoren, die fast alle Stände selbst betreuten, gönnten sich etwas Ruhe. Und sie schmiedeten erste Pläne für ein drittes Treffen.